Rewilding Europe: Vier inspirierende Projekte

Ein wilderes Europa, um der Natur ihren Platz zurückzugeben, dafür setzt sich die Organisation Rewilding Europe auch in Regionen ein, in denen Delinat-Weinberge zu finden sind. Hier stellen wir Ihnen vier dieser Projekte in Italien, Spanien, Portugal und Deutschland kurz vor.

Die zerklüfteten Berge und Hochplateaus Spaniens zeichnen sich durch Kiefern- und Eichenwälder aus, die sich mit Steppen und tiefen Flussschluchten abwechseln. Über die Hälfte der 850’000 Hektar umfassenden Rewilding-Landschaft liegt in «Natura 2000»-Schutzgebieten. Die Iberischen Hochländer bieten zahlreichen Arten einen Lebensraum, darunter Greifvögel wie Bonelli-Adler, Wanderfalke und Uhu.

Seit den 1960er-Jahren führt die Landflucht zur Entvölkerung der Region von Kastilien-La Mancha bis Aragón. Dies hat unter anderem die Rückkehr von Wildtieren wie Rotwild, Wildschweinen, Mufflons und Iberischen Steinböcken begünstigt. Noch sind Tiere wie der Iberische Luchs oder der Iberische Wolf aber nicht in das Gebiet zurückgekehrt.

Wilde Pferde im Oder Delta, Polen Photo: Rewilding Europe/Kristjan Jung

Rewilding Europe setzt sich in den Iberischen Hochländern insbesondere für die Wiederbevölkerung mit ursprünglich ansässigen Arten ein. Ebenso wie für das Schaffen von natürlichen Weideplätzen für die halbwilden Pferde der Region. «Es ist einfach wundervoll die halb wilden Pferde in Freiheit grasen zu sehen», erzählt auch Pablo Schapira, Teamleiter der Region.

Ein Tal weiter

Die Vision von Rewilding Europe für das Greater Côa Valley in Nordportugal ist, dieses einzigartige Gebiet durch gezielte Rewilding-Massnahmen zu einem wilderen, ökologisch intakten Lebensraum zu entwickeln. Auf über 120’000 Hektar soll ein Wildtierkorridor entstehen, der die Malcata-Berge im Süden mit dem Douro-Tal im Norden verbindet. Dies wird auch die Rückkehr einst heimischer Arten wie des Iberischen Steinbocks begünstigen.

Die Region hat sich bereits als Heimat für Wildtiere wie Rehe und Rothirsche etabliert. Das Interesse an Öko-Tourismus in der Region wächst stetig. Rewilding Europe fördert lokale Unternehmen und schafft Arbeitsplätze, die auf neuen, nachhaltigen Wirtschaftsmodellen basieren.

Ziel ist es, die Landschaft durch weniger intensive Landwirtschaft und eine nachhaltigere Nutzung zu schützen. Dadurch verbessert sich der Zustand der Natur und es stärkt die lokale Gemeinschaft. Die Region wird dadurch zum Modell für eine nachhaltige Naturwirtschaft sowie attraktives Naturtourismus-Ziel.

Das grüne Herz Italiens

Die Zentral-Apenninen liegen keine zwei Stunden von Rom entfernt und gelten dabei als wildes Herz Italiens. Dieser Biodiversitäts-Hotspot ist durch Buchenwälder, Graslandschaften und steile Bergketten geprägt. Die Zentral-Apenninen sind Heimat für Arten wie der Marsische Braunbär und Apenninen-Gämse. Rewilding Europe arbeitet daran, riesige Wildtierkorridore zu schaffen, die verschiedene Nationalparks miteinander verbinden und über 100’000 Hektar umfassen.

Die Region profitiert vom wachsenden Naturtourismus, der neue Einkommensquellen bietet und gleichzeitig den Naturschutz fördert. Lokale Produkte wie Käse, Honig und Kräuter entstehen im Einklang mit der Natur und tragen zur wirtschaftlichen Stabilität bei. Diese Entwicklung birgt neue Chancen, reduziert die Landflucht und fördert eine nachhaltige Nutzung der Landschaft. Zudem stärkt sie den Artenreichtum und das ökologische Gleichgewicht.

Wildes Oder-Delta

Das Oder-Delta an der Ostseeküste zwischen Polen und Deutschland ist ein einzigartiger Naturraum mit einer Vielfalt an Süsswasserökosystemen – ein Hotspot für Biodiversität. Durch die Aufgabe des Torfabbaus kehren Wildtiere wie Weissstörche, Otter, Biber und auch Weisskopfseeadler zurück. Die Region ist auch ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel.

Ein Rewilding Europe Abschnitt des Donau-Deltas. Photo: Rewilding Europe/Staffan Widstrand

In Zukunft wird Rewilding Europe Wildtiere wie den Elch, das Bison und den Atlantischen Stör in der Region stärken. Dafür vernetzt die Organisation bestehende Lebensräume und schafft neue Schutzgebiete. Die Rückkehr ikonischer Arten wie des Elchs in Polen und die wachsende Zahl Europäischer Bisons in Polen sowie in Deutschland sind bedeutende Erfolge.

Der nachhaltige Tourismus unterstützt die lokale Wirtschaft, wobei diese wirtschaftliche Nutzung stets auf auf dem respektvollen Umgang mit der Natur basiert. Ein Beispiel ist hierbei die Förderung von Wildtierbeobachtungen und die Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene. Auch Suleika Suntken, zuständig für das Rewilding Oder-Delta, zeigt sich begeistert: «Das Oder-Delta ist ein wildes Puzzle an Lebensräumen.»


Vielfalt aus dem eigenen Garten

Im Marketing-Team von Delinat trage ich dazu bei, den Kunden unsere Philosophie und den nachhaltigen Weinbau nach der Delinat-Methode näherzubringen. Die Natur ist für mich eine Herzensangelegenheit – diese endet nicht mit meinem Arbeitstag, sondern begleitet mich auch in meiner Freizeit als Hobbygärtner.

Jonas beim Teich

Auf einer Fläche von knapp 700 m2 bewirtschafte ich in der Ostschweiz zusammen mit meiner Freundin und meinen Eltern einen Selbstversorgergarten nach den Prinzipien der Permakultur. Ein solcher Garten soll immer unterschiedliche Zwecke erfüllen. Für mich ist er Hobby, Experimentierfeld, Beobachtungsraum der Natur, Wohlfühloase, Rückzugsort und mein Beitrag zur Förderung der Biodiversität. Und das Wichtigste: Es ist der Ort, an dem ein beträchtlicher Teil unserer täglichen Nahrung entsteht. Unser Ziel ist es, grösstenteils selbstversorgend zu leben, was natürlich nur eingeschränkt möglich ist. In einem Garten dieser Grösse kann eine unglaubliche Anzahl Pflanzen wachsen – ich schätze, bei uns sind es ca. 350 verschiedene Arten –, und auch unsere Zwergseidenhühner geniessen den grosszügigen Auslauf, den nur wenige Hühner haben. Trotzdem reicht dieser Platz natürlich nicht aus, um Getreide und andere platzintensive Kulturen anzubauen. Anders sieht es bei Gemüse, Obst und Kräutern aus, die in unserem Garten im Überfluss gedeihen.

Hühner
Die Eier unserer Zwergseidenhühner sind zwar sehr klein, der Unterhaltungsfaktor dafür umso grösser.

Wer sich einmal an den Geschmack selbst angebauter Nahrungsmittel gewöhnt hat, möchte dies nicht mehr missen. Die Vielfalt über das Jahr hinweg ist deutlich grösser als im Handel – oder wann haben Sie im Regal des Supermarkts zuletzt Inkagurken, Kiwanos, Felsenbirnen oder Mini-Kiwis entdeckt? Und auch bei den bekannten Gemüse und Früchten ist die Sortenvielfalt meist überschaubar. Wer jedes Jahr zwanzig in Form, Farbe und Geschmack unterschiedliche Tomaten ernten darf, wird vom uniformen Sortiment des Detailhandels kaum beeindruckt sein. Während im Handel die meisten Sorten auf Lagerfähigkeit, Aussehen und Ertrag gezüchtet wurden, kann ich im Garten auf Sorten setzen, die aufgrund ihres Geschmacks überzeugen.

Exotisches
Gärtnern bedeutet für mich auch, viel zu experimentieren und sich in Geduld zu üben. Die winterharte Passionsfrucht (links) hat zwar wunderschöne Blüten, bisher aber keine Früchte gebildet. Die unscheinbare und stark wuchernde Inkagurke (rechts) ergibt einen riesigen Ertrag und schmeckt richtig zubereitet hervorragend.

Auch das Kochen ist ein besonderes Erlebnis, wenn die Zutaten direkt vom Garten in die Pfanne wandern. Nicht das Rezept steht am Anfang des Kochens, sondern ein Spaziergang durch den Garten, bei dem ich das ernte, was gerade verfügbar ist – so verändert sich mein Speiseplan über die Saison hinweg oft im Wochentakt. Was aus den Zutaten entsteht, weiss ich meistens erst, nachdem ich bereits alles gesammelt habe. Neben den unterschiedlichsten Gemüsearten und aromatischen Kräutern pflücke ich auch das, was andere als Unkraut verteufeln. Giersch zum Beispiel lässt so manchen Gärtner verzweifeln. Wenn man ihn aber nicht als Unkraut, sondern als leckere Zutat für Salate betrachtet, die 15-mal mehr Vitamin C als Kopfsalat enthält, ändert sich die negative Einstellung zu dieser wertvollen Pflanze rasch.

Kräuter- und Gemüsegarten
Links: Kräutergarten und Teich | rechts: ein Teil des Gemüsegartens

Dass die Pflege des Gartens sowie das Ernten und Kochen viel Zeit beanspruchen, leuchtet ein. Meist liegt das aber nicht nur an diesen «Arbeiten», sondern an den Ablenkungen, die die Natur bietet. So kann es schon mal vorkommen, dass ich nur noch kurz Basilikum ernten will, dann aber ewig im Garten verweile, weil ich unterwegs einen bunten Schmetterling beobachte, dem abendlichen Gesang der Amsel lausche oder ein neues Pflänzchen entdecke. Zeit intensive Ablenkungen, die ich mir gerne gönne – auch wenn das Abendessen dadurch etwas länger auf sich warten lässt.

Schwalbenschwanz
Die Raupen des Schwalbenschwanzes (links) ernähren sich nicht nur von Fenchel, auch die Weinraute ist eine beliebte und sehr ergiebige Futterquelle. Nachdem sich die Raupen verpuppt haben, entsteht später dieser hübsche Schmetterling.

Die Nahrung gewinnt einen ganz anderen Stellenwert, wenn sie aus dem eigenen Garten kommt. Die Vorfreude auf die ersten Tomaten, Gurken oder Physalis ist jeweils gigantisch, wenn man den Pflanzen, die man allesamt selbst aus Samen gezogen hat, über Monate hinweg beim Wachsen zusieht und den ersten Früchten entgegenfiebert. Ich denke, so ähnlich werden sich auch unsere Winzer fühlen, wenn sie in ihren eigenen Naturparadiesen stehen, den Trauben beim Reifen zusehen und sich an der Vielfalt ihrer Rebberge erfreuen. Ich bin überzeugt, dass auch Sie einen Teil dieser Lebensfreude und Leidenschaft für die Natur wahrnehmen können, wenn Sie das nächste Mal einen Delinat-Wein im Glas haben.

Traubendiebe
Die Trauben sind nicht nur bei mir ein beliebeter Snack. Auch die Amseln und Hühner freuen sich über die süssen Beeren.

Vom Beet auf den Teller

Gedeckter Tisch

Stachelgurke und/oder Paprika vom Grill

Paprika vom Grill

Inkagurken und Paprika (die Sorte Frigitello eignet sich dafür besonders gut) in ein Gefäss geben, ein Schuss Olivenöl hinzufügen und umrühren bis alles glänzt. Auf dem Grill von allen Seiten scharf anbraten, bis sie braun sind. Einige Zehen Knoblauch pressen, mit Olivenöl verrühren und nach Belieben Kräuter (z.B. Thymian, Oregano, Koriander) und Honig hinzufügen. Alles zusammen in eine Grillschale geben und kurz erhitzen. Mit Petersile und Fleur de Sel bestreuen – und geniessen.

Gegrillter Radicchio

Radicchio

Radicchio entlang des Strunks vierteln. In einer kleinen Schüssel eine Sauce anrühren, beispielsweise mit Olivenöl, einem Schuss Zitronensaft, Cashewmus, Honig/Agavendicksaft, Knoblauch, Salz und Kräutern nach Wahl (z.B. Rosmarin, Zitronenmonarde, Zitronen-Bergbohnenkraut). Die Sauce über den Radicchio träufeln und mit einem Pinsel verteilen, sodass auch die inneren Blätter des Radicchio benetzt sind. Radicchio in einer Grillschale anbraten, anschliessend mit Basilikum und ein paar Erdbeeren oder ähnlichem garnieren.

Gemüsegratin vom Grill

Gratin

Kartoffel, Auberginen und Zucchini in dünne Scheiben schneiden und in einer feuerfesten Gratinform schichten. Die einzelnen Lagen mit Olivenöl bepinseln und Kräuter (z.B. Rosmarin, Majoran und Salbei) sowie etwas Parmesan darübergeben. Wenn alles fertig geschichtet ist mit Chili, Mozzarella und Gewürzen bestreuen und auf den Grill legen. Vor dem Servieren ein paar Tomaten und Basilikumblätter hinzugeben.

Lehrreiche Arbeitswoche in der Provence

Jedes Jahr verlässt das Delinat-Verkaufsteam für eine Woche das Büro, um an einer Weiterbildungsreise vor Ort Bekanntschaft mit Winzern, Weinen und Rebbergen zu machen. Dieses Jahr erlebten die Delinatler aus nächster Nähe, wie auf Château Duvivier in der Provence am Weinbau der Zukunft gearbeitet wird.

Nur wer einen nach der Delinat-Methode bewirtschafteten Weinberg mit eigenen Augen gesehen und vor Ort Einblick in die Philosophie des Winzers erhalten hat, kann umfassend und kompetent beraten. Getreu diesem Motto war das Verkaufs- und Beraterteam im Mai für eine Woche auf dem Delinat-eigenen Château Duvivier. Während in der Vergangenheit oftmals Weine und Arbeitsweise von Partnerwinzern im Zentrum der Bildungsreise standen, lag der Schwerpunkt diesmal bei der Delinat-Methode und den umfassenden Richtlinien. Winzerberater Daniel Wyss erläuterte diese anhand der vielfältigen Rebberge vor Ort eindrücklich.

Im Video-Interview mit Delinat- Winzerberater Daniel Wyss erfahren Sie mehr über den Weinbau der Zukunft auf Château Duvivier:

Wie kann ein nachhaltiger Weinbau nach der Delinat-Methode den Klimawandel bremsen? Welche Vorteile bietet eine vielfältige Begrünung der Weinberge? Wie helfen Mikroorganismen den Reben bei der Nährstoffaufnahme und mit welchen Massnahmen kann die Fruchtbarkeit der Böden langfristig verbessert werden? Auf diese und viele weitere Fragen erhielt das Delinat-Team während ausgedehnter Spaziergänge durch die Weinberge konkrete Antworten.

Da die Bewirtschaftung eines Weinguts nicht nur grosses Wissen voraussetzt, sondern vor allem auch viel harte Arbeit bedeutet, konnte das Team im Verlaufe der Woche auch solche Fähigkeiten unter Beweis stellen: Als Gärtner beim Erstellen einer Kräuterschnecke und beim Pflegen des Château-eigenen Gemüsegartens oder als Winzer bei einer Pflanzaktion von über 700 pilzwiderstandsfähigen Reben (siehe Bericht «PIWI-Offensive auf Château Duvivier»). Wie Ornithologen fühlte man sich beim Aufhängen von Nist- und Fledermauskästen oder beim Bauen und Aufstellen von Greifvogelstangen. Schliesslich wurde auch noch Hand angelegt beim Pflegen der vielen jungen Obstbäume, die das grosse Wasserretentionsbecken umsäumen, das 2018 von Permakultur-Spezialist Josef Holzer gebaut worden war. Dass im Delinat-Team auch ein paar Spitzenköche stecken, bewiesen die köstlichen Dreigänger, die jeden Abend von einer anderen Gruppe, immer aber mit viel Liebe und passender Weinbegleitung auf den Tisch gezaubert wurden. Die Woche wird dem ganzen Team noch lange in bester Erinnerung bleiben – und bei jedem Glas Duvivier-Wein werden diese Eindrücke aus den paradiesischen Rebbergen wieder zum Leben erweckt.

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Spargel – bio oder konventionell?

Kulinarisch gehört Spargel für mich zu den sehnlichst erwarteten Frühlingsboten. Schon im März hätte ich die Möglichkeit, Spargel aus Peru, Spanien oder Griechenland zu kaufen. Auch wenn es zuweilen schwerfällt: Als umweltbewusster Liebhaber von möglichst frischem Spargel warte ich bis Mitte oder gar Ende April zu. Gerade aus Peru eingeflogener Spargel hat nicht nur eine miserable CO2-Bilanz, der Anbau in den trockenen Regionen verbraucht auch enorme Mengen an Wasser, das den Einheimischen fehlt. Vor diesem Hintergrund lohnt sich das Warten auf Spargel aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, zumal alle drei Länder über Regionen verfügen, die von April bis Juni hervorragende Qualität auf den Markt bringen. Ob weisser, grüner oder gar violetter Spargel ist mir einerlei. Bei der Farbe zählt die Abwechslung.

Lohnt sich der Mehrpreis für Bio-Spargel?

Spargel

Wichtig neben der regionalen Herkunft ist für mich der Anbau. Ich kaufe wenn immer möglich Spargel aus biologischem Anbau. Der ist zwar teurer als konventionell angebaute Stangen. Diesem Nachteil stehen aber lauter Vorteile gegenüber. Biobauern verzichten beim Spargelanbau genauso wie im Weinbau auf chemisch-synthetische Dünger und Spritzmittel. Unerwünschtes «Unkraut» wird von Hand entfernt. Um Pilzbefall vorzubeugen, werden die Spargelpflanzen weiter auseinander gesetzt – Mindererträge werden in Kauf genommen. Sind Spritzmittel gleichwohl nötig, kommen Kupferlösungen oder noch besser Pflanzen stärkende Kräutertees zum Einsatz.
Solche Massnahmen rechtfertigen den Mehrpreis, weil sie Boden, Wasser und Umwelt schonen, aber auch garantieren, dass nur Spargel ohne Pestizidrückstände auf den Tisch kommt.
Mein persönliches Fazit: Wer Umwelt, Klima und Menschen nicht schaden möchte, sollte Spargel aus fernen Ländern meiden, sich in Geduld üben und dann während der kurzen Saison auf regionalen Bio-Spargel setzen

Biodiversität auf dem Teller und im Glas

Auch dieses Jahr freue ich mich auf vielfältige Spargelgerichte inklusive passender Weinbegleitung. Einer meiner Favoriten zu diesem herrlichen Frühlingsgemüse ist der Grüne Veltliner. Andreas Harm, der von Delinat für seine grossen Anstrengungen zugunsten artenreicher Rebberge zum Biodiversitätswinzer 2021 gewählt wurde, hat ein gutes Händchen für diese beliebete Traubensorte. Ein Glas seines Harm Grüner Veltliner Ried Silberbichl und frischer Spargel von der Donau, aus Baden oder dem Schweizer Mittelland in Bioqualität, und die Welt ist für mich auch in schwierigen Zeiten schwer in Ordnung.

Mit dem Keyline-System gegen Wetterextreme

Wetter und Klima spielen verrückt: Trockenheit und Starkregen treten immer in extremerer Form auf. Im Vorteil sind Winzer, die ihre Weinberge nach der Delinat-Methode bewirtschaften. Eine vielfältige Begrünung schützt den Boden vor Verdunstung und Erosion, und dank einer guten Durchwurzelung kann das Wasser bei sintflutartigem Niedergang besser aufgenommen werden. Wenn aber innert weniger Stunden Hunderte Liter Regen vom Himmel fallen, reicht auch das nicht mehr. Das Anlegen der Rebberge nach dem Keyline-System eröffnet neue Perspektiven.

Die geschwungenen Rebzeilen sind typisch für einen Weinberg, der im Keyline-System angelegt wurde: Hier eine Neupflanzung beim Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier.

Das Keyline-System (auf Deutsch Hauptliniensystem) wurde in den 1950er-Jahren von P.A. Yeomans im trockenen Australien entwickelt und später unter anderem vom amerikanischen Farmer Mark Shepard geprägt und weiterentwickelt. Besonders in der Permakultur-Bewegung hat das Keyline-System in den letzten Jahrzehnten grossen Anklang gefunden. Auch der Krameterhof von Permakultur-Vorreiter Sepp Holzer nutzt das System seit Längerem erfolgreich, um das vorhandene Wasser gezielt auf dem Gelände zu halten und gleichmässig und langfristig im Boden zu speichern.

Die Topografie nutzen

Das Konzept beruht darauf, das Wasser entlang der topografischen Höhenlinien zu sammeln und direkt dort zu speichern, wo es benötigt wird. Da Wasser aufgrund der Schwerkraft stets den Weg des geringsten Widerstands wählt, sammelt es sich in tieferen Bereichen des Geländes und fliesst dort schnell ab. Das führt dazu, dass bei heftigen Regenfällen nur ein kleiner Teil des Wassers im Boden gespeichert und den Kulturen zur Verfügung gestellt wird. Der grosse Rest fliesst ungenutzt vom Gelände und führt – durch das Abtragen des Mutterbodens (Erosion) – zusätzlich zum Verlust von Humus oder reisst im Extremfall sogar ganze Landstriche mit.

Das Aufschütten der Wälle mit Steinen entlang der Olivenbäume, schafft auf Vale de Camelos Brutmöglichkeiten für Nützlinge.
Das Aufschütten der Wälle mit Steinen entlang der Olivenbäume, schafft auf Vale de Camelos Brutmöglichkeiten für Nützlinge.

Durch den Bau von einfachen Wällen, Gräben oder Furchen entlang der Höhenlinien wird ein schnelles Abfliessen verhindert: Das Wasser wird gleichmässig zurückgehalten und kann vom Boden langsam aufgenommen werden. Ein minimales Gefälle dieser Gräben verhindert nicht nur das Abfliessen des Oberflächenwassers, sondern ermöglicht auch, dieses gezielt von den – aufgrund der topografischen Lage – feuchten in die trockenen Bereiche zu leiten. Über solchen Gräben lassen sich bei starken Niederschlägen auch Teiche und Rückhaltebecken auffüllen, die in Konzepten der Permakultur als langfristige, dezentrale Regenwasserspeicher und vielfältig bepflanzte Biotope mit reicher Fauna und Flora vorgesehen sind. Solche Lebensräume und Rückzugsorte sind ein grosser Gewinn für die Biodiversität und stärken das gesamte Ökosystem. Auch die Fruchtbarkeit der Böden nimmt stetig zu, da die Humusschicht nicht mehr weggeschwemmt wird. Dies wiederum sorgt für kräftige Pflanzen, die keine Düngung nötig haben. Durch die Fotosynthese wird CO2 als Kohlenstoff in der Erde gebunden, und dadurch werden die Fruchtbarkeit und die Wasserretentionskapazität des Bodens laufend verbessert und auch CO2 in der Atmosphäre reduziert.

Erster Keyline-Rebberg im Alentejo

Rebberg im Keyline-System

Bereits begegnen mehrere Delinat-Weingüter den Herausforderungen des Klimawandels erfolgreich mit Massnahmen der Permakultur. Auf dem Weingut Vale de Camelos im portugiesischen Alentejo wurde 2019 erstmals ein neuer, 4,3 Hektar grosser Weinberg nach dem Keyline-System angelegt. «Für uns ist das ein weiterer Schritt, um sowohl mit Trockenheit als auch starken Niederschlägen noch besser zurechtzukommen», sagt Antje Kreikenbaum von der Besitzerfamilie.

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