Starke Rebsorten, gesunder Boden und Agroforst

Damit sich die Winzer regelmässig austauschen und weiterbilden können, organisiert Delinat Seminare zu aktuellen und drängenden Themen. Regenerative Landwirtschaft, Permakultur und Agroforst waren nebst den neuen, robusten Traubensorten die Schwerpunkte bei den diesjährigen Seminaren in Spanien und Frankreich.

Die spanischen Delinat-Winzer trafen sich dieses Jahr auf der Bodega Albet i Noya im Penedès. Hier läuft in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner seit einigen Jahren ein für den biologischen Weinbau wegweisendes Projekt. Es werden neue pilzwiderstandsfähige Traubensorten (PIWI) gezüchtet, die den ökologischen und klimatischen Herausforderungen der Zukunft ohne oder mit nur geringem Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln (Kupfer- und Schwefellösungen) trotzen und einzigartige Weine hervorbringen.

Bald akzeptiert?

Josep Maria Albet i Noya führte die spanischen Delinat-Winzer durch
seinen Betrieb.
Josep Maria Albet i Noya führte die spanischen Delinat-Winzer durch seinen Betrieb.

Josep Maria Albet i Noya, spanischer Biopionier und langjähriger Delinat-Winzer, erklärte den Winzerkollegen die Fortschritte des Projekts und dessen Potenzial für die Zukunft. Bei einer Verkostung von entsprechenden Weinen konnten sich alle von den geschmacklichen Qualitäten dieser Tropfen überzeugen. Die Degustation der neuen Weine sorgte regelrecht für Begeisterung: Der eine oder andere Winzer, der zuvor vielleicht noch eine kritische Haltung (vor allem gegenüber roten PIWI-Weinen) hatte, dürfte nach der Degustation von Albet i Noyas neuem Wein «Aventurer» seine Meinung etwas geändert haben. Und auch politisch dürfte das Thema in Spanien dank diesem Forschungsprojekt nun Fahrt aufnehmen: Josep Maria Albet i Noya ist optimistisch, dass diese neuen Sorten bald auch offiziell für den grossflächigen Anbau erlaubt werden.

Gesunder Boden – das höchste Gut

Am zweiten Tag führte Josep Maria die Delinat-Winzer durch den Betrieb und durch die Weinberge. Besichtigt wurde auch der grosse Sortengarten, wo der Winzer und Valentin Blattner die vielversprechendsten Neuzüchtungen auswählen. Der Nachmittag stand dann im Zeichen der regenerativen Landwirtschaft und der Permakultur. Francesc Font ist ein Spezialist auf diesen Gebieten. Er besitzt selbst einen Landwirtschaftsbetrieb in Katalonien, wo er unter anderem auch Weinbau betreibt. Anhand unzähliger Fakten erklärte er die Relevanz des Humusaufbaus und eines gesunden Bodens für die kommenden Generationen. Bei Bodenanalysen in den Weinbergen von Albet i Noya wurde deutlich, dass es selbst in Delinat-Weinbergen noch reichlich Potenzial bezüglich Begrünung, Humusaufbau und Bodenqualität gibt.

Bodenanalyse bei Albet i Noya: Anhand der Pflanzen im Weinberg lässt sich viel über die Bodenbeschaffenheit herausfinden.
Bodenanalyse bei Albet i Noya: Anhand der Pflanzen im Weinberg lässt sich viel über die Bodenbeschaffenheit herausfinden.

Am letzten Tag des dreitägigen Seminars stand der Besuch des Landwirtschaftsbetriebs von Francesc Font in der Nähe von Girona auf dem Programm. Nebst Trauben wachsen dort unter anderem auch Olivenbäume in einer Intensivkultur. Francesc zeigte, wie er dort innert weniger Jahre mit einer Erhöhung der organischen Substanz und Mikroorganismen den Humusgehalt des Bodens von rund 1 auf über 4 Prozent steigern konnte, was eine eindrückliche Verbesserung der Bodenqualität bedeutet. Weitere Themen waren Begrünungen, Konkurrenz von Wasser und Nährstoffen zwischen Reben und anderen Pflanzen, CO2-Einsparungen, Maschinen für eine bodenschonende Bearbeitung und das Mulchen sowie der Beweis, dass sich regenerative Landwirtschaft auch finanziell lohnt. Obwohl sich einige Delinat-Winzer zuweilen kritisch zu den Methoden von Francesc Font äusserten, fiel das Feedback am Ende durchwegs positiv aus. Und was allen Teilnehmern klar wurde: Die regenative Landwirtschaft bietet auf sämtlichen Betrieben noch ein riesiges Potenzial für die Zukunft, weil der Boden durch diese Massnahmen auch für die kommenden Generationen fruchtbar bleibt.

Waldweingarten in Frankreich

Nur wenige Tage später startete das Delinat-Winzerseminar in Frankreich. Schauplatz war die Domaine Emile Grelier in Lapouyade etwas ausserhalb von Bordeaux, wo Winzer Benoit Vinet die französischen Delinat-Winzer begrüsste. Auf rund acht Hektaren hat der Agroforst-Pionier zwischen seinen Merlot-Reben rund 1000 Bäume gepflanzt. Direkt daneben liegt ein Wald und zwischen den Weinbergen gedeihen Hecken und verschiedenste Biodiversitätsflächen. Die Vielfalt auf diesem kleinen, aber feinen Weingut sorgte selbst bei den Delinat- Winzern für Verblüffung und zeigte auf eindrückliche Weise, wie gut sich Bäume und Hecken mit einem ökologischen Weinbau ergänzen.

Auf der Domaine Emile Grelier in Lapouyade lernten die französischen Delinat-Winzer mehr über Agroforst im Weinbau.
Auf der Domaine Emile Grelier in Lapouyade lernten die französischen Delinat-Winzer mehr über Agroforst im Weinbau.

Am nächsten Tag war der französische Winzer, Autor und Permakultur-Spezialist Alain Malard zu Gast: Er erklärte den Delinat-Winzern die wichtige Rolle der Bäume in den Weinbergen, mögliche Konkurrenz für die Reben, Einfluss auf den Boden und die Funktion der Mykorrhiza, einer Lebensgemeinschaft von Bodenpilzen, die mit Pflanzenwurzeln in einer Symbiose leben. Der Pilz besiedelt das Feinwurzelsystem der Pflanze, versorgt die Pflanze mit Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff und macht Wasser leichter verfügbar, was gesündere und stärkere Pflanzen hervorbringt. Zudem gewährte Alain Malard einen Einblick in seine vielfältigen Permakultur- Projekte, die er bereits erfolgreich in Frankreich realisiert hat.

PIWI – auch Frankreich bewegt sich

Am letzten Tag stand ein Referat von Olivier Zekri auf dem Programm. Er ist Entwicklungs- und Innovationsmanager bei Frankreichs grösster Rebschule Mercier und massgeblich an der aktuellen Forschung zu pilzwiderstandsfähigen Rebsorten in Frankreich beteiligt. Dazu arbeitet Mercier auch eng mit Valentin Blattner zusammen. Im Referat wurde deutlich, welchen riesigen Stellenwert diese neuen Sorten im europäischen Weinbau in Zukunft haben werden und wie viel Geld Mercier bereits für diese Forschung investiert. Die Präsentation der beiden Studentinnen Ines und Maude, die bei einem Forschungsprojekt auf der Domaine Emile Grelier mithelfen, zeigte, welche Relevanz Fledermäuse bei der Schädlingsbekämpfung haben. Zum Abschluss des Seminars sprach der französische PIWI-Pionier Gabriel Cuisset über seine Erfahrungen mit resistenten Rebsorten in Bezug auf rechtliche Hürden, Kosten und Produktion. Auch in Frankreich fiel das Feedback zum Seminar positiv aus: Sowohl bezüglich Agroforst und Permakultur-Massnahmen wie auch bei robusten Rebsorten sind die Delinat-Winzer motiviert, den ökologischen Weinbau weiter voranzutreiben.

Olivier Geissbühler
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