So macht Wein Spass

Es hat sich herumgesprochen: Ein guter Wein muss gelagert werden; und je besser der Wein, umso grösser das Glas. Chianti passt zu Spaghetti, Sauvignon Blanc zu Spargeln, und Grilladen vertragen sich gut mit einem Barriquewein. Doch, was ist ein guter Wein, welches Glas ist richtig, und gibt es auch Speisen, die gar nicht zu Wein passen? Wir erzählen Ihnen, was wirklich hinter den bekannten Weinregeln steckt und welche Sie getrost ignorieren dürfen.

Wein ist Geschmackssache, jeder hat seine eigenen Vorlieben und ein jeder ein anderes Geschmacksempfinden. So nehmen nicht alle Schärfe, Säure, Süsse oder Salz gleich stark wahr. Was einem selber schmeckt, muss nicht allen schmecken. Sie entscheiden, was Ihnen schmeckt, das ist die Grundvoraussetzung für Spass am Wein. Trotzdem gibt es einige Regeln, wie Sie den Weigenuss noch steigern können – wählen Sie selbst aus, welche für Sie stimmen.

«Das Glas dient nur in Kriminalfilmen
zur Sicherung von Fingerabdrücken.»
Peter Kropf

Die Sache mit dem Alter

Ah, ein Bordeaux, den musst du ein paar Jahre lagern. Stimmt – vielleicht. Doch einfache, im Stahltank ausgebaute rote Bordeaux (und auch andere Rotweine) schmecken in ihrer Jugend am besten. Die meisten Weine sind beim Kauf trinkreif. Nur bei Rotwein mit reifem, präsentem Tannin lohnt es sich, ein oder zwei Jahre zu warten – ebenso bei gutem Weisswein mit kräftiger Säure wie beispielsweise Riesling oder Chenin (Loire). Nur Spitzengewächse müssen jahrelang gelagert werden, bis sie ihr Potenzial entfalten. Im Zweifelsfall weiss der Winzer oder der kompetente Weinhändler Bescheid.

Braucht Wein Luft?

Oft lohnt es sich, vor allem jungem, frisch geöffnetem Wein etwas Luft zu gönnen. Wir schenken uns ein Glas ein, um ihn zu prüfen. Jetzt ist in der Flasche genug Luft, damit er sich in einer oder zwei Stunden entfalten kann. Bloss die Flasche Wein zu entkorken und ihn während mehrerer Stunden stehen zu lassen, bringt übrigens gar nichts. Und Vorsicht: Ein gereifter Wein kann bei zu viel Luft innert Stunden oxidieren. Deshalb ist es nicht ratsam, jeden Wein zu dekantieren, also in eine Karaffe umzugiessen. Jedoch bilden sich bei gehaltvollen Gewächsen nach ein paar Jahren Rückstände. Nur Freaks mögen das Knirschen zwischen den Zähnen beim Kauen dieses Depots. Es kann durch langsames Umgiessen in der Flasche zurückgehalten werden.

Dekantieren verschafft jungen Weinen Luft und befreit alte vom Depot.
Dekantieren verschafft jungen Weinen Luft und befreit alte vom Depot.

Wie war das mit der Zimmertemperatur?

Voll zur Geltung kommt ein Wein erst mit der richtigen Temperatur, doch auch hier sind strikte Regeln nicht angebracht, jeder Gaumen empfindet Temperaturen anders. Ab und zu lesen wir, Rotwein solle mit Zimmertemperatur ausgeschenkt werden – allerdings zu solcher von früher, als die Räume noch nicht auf über 20 Grad geheizt wurden, also bei rund 18 Grad. Tendenziell schmeckt jedoch ein einfacher, zu warmer Rotwein matt; Frucht und Frische kommen nicht zur Geltung. 17 bis 19 Grad sind für gehaltvolle Rotweine richtig. Aber auch nach unten gibt es Grenzen, denn bei einem Weisswein unter 7, 8 Grad riechen wir die Weinaromen kaum mehr. Unbestritten ist jedoch, dass ein Wein in einer angebrochenen Flasche kühl gelagert werden soll, damit er auch am nächsten Tag noch Spass bereitet.

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Verbreitete Weinirrtümer

Wein muss liegend gelagert werden, und Schwefel im Wein verursacht Kopfschmerzen. Sicher? Vermeintliche Tatsachen werden durch Wiederholen nicht wahrer. Hier einige aufgedeckte Weinirrtümer – für mehr Weingenuss.

Alkohol verdampft beim Kochen vollständig

Kochen mit Alkohol
Der Schuss Wein zum Ablöschen des Bratfonds oder zum Aufpeppen einer Sauce verflüchtigt sich tatsächlich im Nu – aber nur, wenn die Pfanne nicht zugedeckt ist. Bleibt der Deckel auf dem im Rotwein geschmorten Braten, dann verdampft der Alkohol kaum. Daher empfiehlt es sich, den Schmortopf nicht ganz zu decken – oder den Deckel zeitweise zu entfernen.

Langes, schmales Glas für Schaumweine

Billiger Schaumwein mag sich in einem schmalen Glas wohl fühlen, denn ausser den Kohlensäureperlen bietet er nicht viel mehr – und die sieht man in einem schmalen, hohen Glas schön aufsteigen. Qualitätsschäumer hingegen entfalten sich in einem Weissweinglas besser, ihr Aroma zeigt sich klarer.

Flasche nach dem Entkorken einige Zeit ruhen lassen

Wein karaffieren
Junge Weine entfalten ihre Aromen rascher, wenn wir sie nach dem Öffnen belüften. Aber das bisschen Luft, das durch den schmalen Flaschenhals eindringt, genügt nicht. Weine, die eher zu jung getrunken werden, füllt man daher besser um in ein breites Gefäss (Karaffe). So kommt genug Luft an den Wein. Ganz anders bei gereiften Weinen. Für diese kann Luft das sofortige Aus bedeuten. Um das Depot am Flaschenboden zurückzuhalten, giesst man diese Weine vorsichtig um in ein schmales, langes Gefäss (Dekanter) – oder in eine leere Weinflasche.

Schwefelhaltige Weine verursachen Kopfschmerzen

Kopfwehauslöser nach Alkoholkonsum sind vor allem Acetaldehyd und biogene Amine (vor allem Histamin). Acetaldehyd bildet sich beim Abbau des Alkohols in der Leber. Er kommt aber auch im Wein vor, der zu stark mit Sauerstoff in Kontakt kam. Um die Bildung von Acetaldehyd im Wein zu verhindern, wird schweflige Säure eingesetzt. Histamin findet sich in verschiedenen Lebensmitteln (Käse, Salami, Sauerkraut). Zusammen mit Alkohol löst es bei empfindlichen Menschen Kopfweh aus.

Weine mit Schraubverschluss schmecken nie nach Korken

Korken
Trichloranisol (TCA) verursacht den typischen Korkenschmecker. Er beruht auf einer Reaktion zwischen Schimmelpilz und Chlorverbindungen, zum Beispiel in Reinigungsmitteln. TCA kann sich auch im Weinkeller bilden. Via Wände, grosse Fässer oder Filterplatten gelangt TCA in die leeren Flaschen oder in Drehverschlüsse. Bereits allerkleinste Spuren bewirken den unangenehmen Geruch. Muffig riechen allenfalls auch Weine, die im Stahltank unter Sauerstoffabschluss ausgebaut wurden. Sie zeigen eine sogenannt reduktive Note, ein Duft nach alter Wäsche oder Verbandstoff, der aber nach gutem Belüften rasch verschwindet.

Rotwein passt nicht zu Fisch

Ja, zu einem Süsswasserfisch an Weissweinrahmsauce wirkt ein gehaltvoller Rotwein unharmonisch: zu wenig Säure, zu viel Tannin. Hingegen passt ein leichter Rotwein prima zu gebratenem oder grilliertem Fisch (hier mehr zum Thema Wein und Fisch).

Wein muss liegend gelagert werden

Wein lagern
Der Korken muss feucht bleiben, damit der Wein nicht ausläuft oder Luft in die Flasche dringt. Klar, aber der Korken bleibt innen auch feucht, wenn die Flasche steht – und ein guter Korken ist praktisch luftdicht. Also können wir unsere Weine ruhig stehend lagern; das sieht hübscher aus und mit einem Blick aufs Etikett weiss ich sofort, wen ich vor mir habe. Bei Flaschen, die jahrelang lagern, ist eine relative Luftfeuchtigkeit von mindestens 50 Prozent wichtig, damit der Korken aussen nicht austrocknet. Und: Licht schadet dem Wein, er verändert seine Farbe und altert rasch.

Wein degustieren ist eine angeborene Fähigkeit

Sicher gibt es Menschen, deren Riech- und Geschmacksapparat besonders gut ausgebildet ist. Aber jeder kann seine Sinne trainieren. Das fängt damit an, dass man nicht verschiedene Dinge gleichzeitig tut, das führt nur zu Stress. Heute spricht man oft von Achtsamkeit. Das bedeutet, man konzentriert sich voll auf das, was man gerade tut: einen Apfel essen, ein Stück Brot kauen. Was rieche ich? Was schmecke ich? Wie fühlt sich das an? Woran erinnert es mich? So gelingt es uns einfacher, die Geruchs- und Geschmackseindrücke von Apfel und Brot, oder eben von Wein, zu speichern und uns später wieder daran zu erinnern.

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