Verbreitete Weinirrtümer

Wein muss liegend gelagert werden, und Schwefel im Wein verursacht Kopfschmerzen. Sicher? Vermeintliche Tatsachen werden durch Wiederholen nicht wahrer. Hier einige aufgedeckte Weinirrtümer – für mehr Weingenuss.

Alkohol verdampft beim Kochen vollständig

Kochen mit Alkohol
Der Schuss Wein zum Ablöschen des Bratfonds oder zum Aufpeppen einer Sauce verflüchtigt sich tatsächlich im Nu – aber nur, wenn die Pfanne nicht zugedeckt ist. Bleibt der Deckel auf dem im Rotwein geschmorten Braten, dann verdampft der Alkohol kaum. Daher empfiehlt es sich, den Schmortopf nicht ganz zu decken – oder den Deckel zeitweise zu entfernen.

Langes, schmales Glas für Schaumweine

Billiger Schaumwein mag sich in einem schmalen Glas wohl fühlen, denn ausser den Kohlensäureperlen bietet er nicht viel mehr – und die sieht man in einem schmalen, hohen Glas schön aufsteigen. Qualitätsschäumer hingegen entfalten sich in einem Weissweinglas besser, ihr Aroma zeigt sich klarer.

Flasche nach dem Entkorken einige Zeit ruhen lassen

Wein karaffieren
Junge Weine entfalten ihre Aromen rascher, wenn wir sie nach dem Öffnen belüften. Aber das bisschen Luft, das durch den schmalen Flaschenhals eindringt, genügt nicht. Weine, die eher zu jung getrunken werden, füllt man daher besser um in ein breites Gefäss (Karaffe). So kommt genug Luft an den Wein. Ganz anders bei gereiften Weinen. Für diese kann Luft das sofortige Aus bedeuten. Um das Depot am Flaschenboden zurückzuhalten, giesst man diese Weine vorsichtig um in ein schmales, langes Gefäss (Dekanter) – oder in eine leere Weinflasche.

Schwefelhaltige Weine verursachen Kopfschmerzen

Kopfwehauslöser nach Alkoholkonsum sind vor allem Acetaldehyd und biogene Amine (vor allem Histamin). Acetaldehyd bildet sich beim Abbau des Alkohols in der Leber. Er kommt aber auch im Wein vor, der zu stark mit Sauerstoff in Kontakt kam. Um die Bildung von Acetaldehyd im Wein zu verhindern, wird schweflige Säure eingesetzt. Histamin findet sich in verschiedenen Lebensmitteln (Käse, Salami, Sauerkraut). Zusammen mit Alkohol löst es bei empfindlichen Menschen Kopfweh aus.

Weine mit Schraubverschluss schmecken nie nach Korken

Korken
Trichloranisol (TCA) verursacht den typischen Korkenschmecker. Er beruht auf einer Reaktion zwischen Schimmelpilz und Chlorverbindungen, zum Beispiel in Reinigungsmitteln. TCA kann sich auch im Weinkeller bilden. Via Wände, grosse Fässer oder Filterplatten gelangt TCA in die leeren Flaschen oder in Drehverschlüsse. Bereits allerkleinste Spuren bewirken den unangenehmen Geruch. Muffig riechen allenfalls auch Weine, die im Stahltank unter Sauerstoffabschluss ausgebaut wurden. Sie zeigen eine sogenannt reduktive Note, ein Duft nach alter Wäsche oder Verbandstoff, der aber nach gutem Belüften rasch verschwindet.

Rotwein passt nicht zu Fisch

Ja, zu einem Süsswasserfisch an Weissweinrahmsauce wirkt ein gehaltvoller Rotwein unharmonisch: zu wenig Säure, zu viel Tannin. Hingegen passt ein leichter Rotwein prima zu gebratenem oder grilliertem Fisch (hier mehr zum Thema Wein und Fisch).

Wein muss liegend gelagert werden

Wein lagern
Der Korken muss feucht bleiben, damit der Wein nicht ausläuft oder Luft in die Flasche dringt. Klar, aber der Korken bleibt innen auch feucht, wenn die Flasche steht – und ein guter Korken ist praktisch luftdicht. Also können wir unsere Weine ruhig stehend lagern; das sieht hübscher aus und mit einem Blick aufs Etikett weiss ich sofort, wen ich vor mir habe. Bei Flaschen, die jahrelang lagern, ist eine relative Luftfeuchtigkeit von mindestens 50 Prozent wichtig, damit der Korken aussen nicht austrocknet. Und: Licht schadet dem Wein, er verändert seine Farbe und altert rasch.

Wein degustieren ist eine angeborene Fähigkeit

Sicher gibt es Menschen, deren Riech- und Geschmacksapparat besonders gut ausgebildet ist. Aber jeder kann seine Sinne trainieren. Das fängt damit an, dass man nicht verschiedene Dinge gleichzeitig tut, das führt nur zu Stress. Heute spricht man oft von Achtsamkeit. Das bedeutet, man konzentriert sich voll auf das, was man gerade tut: einen Apfel essen, ein Stück Brot kauen. Was rieche ich? Was schmecke ich? Wie fühlt sich das an? Woran erinnert es mich? So gelingt es uns einfacher, die Geruchs- und Geschmackseindrücke von Apfel und Brot, oder eben von Wein, zu speichern und uns später wieder daran zu erinnern.

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Peter Kropf

3 comments

  1. Diese 2 Punkte möchte ich noch genauer unter die Lupe nehmen da es schwierige Themen sind welche nicht klar und ohne Vorbehalt beantwortet werden können:

    Alkohol verdampft beim Kochen vollständig:

    Tatsächlich wird der Alkohol bei geschlossenem Deckel kaum entweichen denn wo soll er hingehen wenn es nahezu dicht ist und kaum Verdampfen kann? Das ist aber nicht die ganze Wahrheit, denn selbst wenn der Deckel offen ist wie z.B. beim Fondue kann es selbst nach 30 min warmhalten bei bis zu 100 C immer noch mehr als 30% des anfänglichen Alkohol enthalten, da der Alkohol sich teilweise an das Medium binden kann und danach nur noch schwer verdampft. Fast vollständig weg ist Alkohol erst nach etwa 2-3 Stunden Kochen bei 100 C, was nur selten vorkommt oder beim Ablöschen wo extreme Temperaturen auf kleine Menge treffen. Deswegen sollte man auch beim Kochen mit Wein eher zurückhaltend sein. Bei einem Risotto mit Weisswein wird nach 10 min Kochen vermutlich kaum mehr als 50% des Alkohols verdampft sein, auch nicht mit offenem Deckel.

    Schwefelhaltige Weine verursachen Kopfschmerzen:

    Soweit ich das beurteilen kann können nahezu alle Allergene bestimmte Reaktionen auslösen. Kopfweh kann bei vielen Allergenen als Symptom auftreten. Sulfit ist ein mögliches Allergen, genauso wie Histamin u.a. biogene Amine, Acetaldehyd u.a. Stoffe. Alle drei genannten Stoffe kommen in allen Weinen in sehr unterschiedlichen Mengen vor da es bei der Fermentation sowie auch Redoxreaktion mehr oder weniger gebildet wird. Ein Nullwert einzelner Stoffe ist fast utopisch, allerdings gehen die Werte weit auseinander, besonders wenn der Mensch stark eingreift. Ebenso kommen alle 3 genannte Stoffe im menschlichen Körper vor, da es dort in ziemlich stabiler Menge als Stoffwechselzwischenprodukt gebildet wird. Die Betonung liegt auf „stabil“ und eine „natürlich vorkommende Menge“. Ein Zuviel davon kann sehr empfindlich in die Biochemie des Körpers eingreifen und je nach individueller Toleranz kann jeder dieser Stoffe mengenabhängige allergische Reaktionen auslösen, ganz egal ob es im Körper vorkommt oder nicht. Ebenso können natürlich auch bestimmte Zusatzstoffe, wo Bioweine aber grundsätzlich nicht damit belastet sind da nicht erlaubt, Reaktionen auslösen. Das Thema ist also viel komplexer als man es hier darstellt und es kommt immer auch auf die Menge an. Genau deswegen sind Mengenbeschränkungen und Analysen sehr wertvoll für unbeschwerten Genuss.

  2. Interessant! Es gibt wirklich sehr viele „Wein-Irrtümer“! Aber deren Aufklärung ist oft mühsam. Wer gibt schon lieb gewonnenes „Altwissen“ preis? glg Roland

  3. Fisch und Rotwein
    Monsieur Faas vom Château Duvivier meinte auf diese Frage an einem seiner Apéro, wenn Fisch mit Fett/Öl angebraten wird kann Rotwein dazu getrunken werden.

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