Schauspieler, Umweltaktivist und Delinat-Fan: Hannes Jaenicke im Gespräch mit Karl Schefer

Umweltaktivist und Schauspieler Hannes Jaenicke (l.) hat sich mit Delinat-Gründer Karl Schefer über aktuelle Themen ausgetauscht.

Hannes Jaenicke gehört zu den gefragtesten deutschen Schauspielern. Darüber hinaus engagiert er sich als Dokumentarfilmer, Buchautor und Umweltaktivist. Mit Delinat-Gründer Karl Schefer spricht er über ökologisches Konsumverhalten und die Glaubwürdigkeit von Bio-Labels.

Gerade war Hannes Jaenicke das erste Mal zu Besuch auf einem Delinat-Weingut. Seine Eindrücke schildert er im Video.

Jaenicke: Es ist paradox, wenn nicht sogar schizophren: Wir Menschen sorgen uns zunehmend ums Klima und Artensterben, und trotzdem wehren wir uns gegen jegliche Form von Umdenken und Nachhaltigkeit. Der CO2-Ausstoss steigt weiter, die Plastikvermüllung ebenso, und der Absatz von Bio-Lebensmitteln in Deutschland ist erstmalig seit Jahrzehnten rückläufig. Warum geben wir im internationalen Vergleich am meisten Geld für Autos und Küchen, aber am wenigsten für Lebensmittel aus?

Schefer: In Deutschland hat die Inflation als Folge der gestiegenen Energiepreise diesen Trend sicherlich verschärft. Aber es war auch vor dem Ukraine-Krieg eine eher geringe Wertschätzung für hochwertige Lebensmittel erkennbar. 2021 gaben immerhin noch 67 Prozent der Befragten an, für nachhaltige Produkte höhere Preise zu akzeptieren. Heute liegt dieser Wert noch bei mickrigen 30 Prozent.

Jaenicke: Das hat vielleicht auch mit der Verwässerung der «Bioszene» zu tun. Die Anforderungen von EU-Bio sind nur noch unwesentlich höher als für die konventionelle Landwirtschaft.

Schefer: Ja, es lohnt sich, genauer hinzusehen. Bio ist nämlich nicht gleich Bio. Seit die Großverteiler auf diesen Zug aufgesprungen sind, wurden die Anforderungen immer mehr aufgeweicht. Das hat mitunter dazu geführt, dass viele Landwirte nicht aus Überzeugung umgestiegen sind, sondern weil bessere Preise lockten. Ich bezeichne diese Entwicklung als Industrie-Bio. Die Massenware, die bei Discountern angeboten wird, hat mit dem, was wir bei Delinat unter Bio verstehen nichts gemein. Für uns ist das EU-Biosiegel überhaupt kein Maßstab.

Hannes Jaenicke liess sich am Reinhardt-Seminar in Wien zum Schauspieler ausbilden und spielte in über 70 Kinofilmen und Fernsehproduktionen (u.a. im Tatort und anderen Krimiserien) mit. Engagiert kämpft er gegen die Ausrottung bedrohter Tierarten und für ein Umdenken in Sachen Klimaschutz. Für diesen Einsatz wurde er mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Er ist Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

Jaenicke: Interessanterweise hat Delinat schon vor Jahrzehnten eigene Richtlinien für seine Winzer erlassen. Kann es sein, dass die sehr strenge Delinat-Methode selbst überzeugte Biowinzer gelegentlich überfordert?

Schefer: Es stimmt, die Delinat-Richtlinien sind sehr anspruchsvoll. Uns reicht es nicht, qualitativ hochwertige Weine ohne Chemie zu erzeugen. Wir verlangen von unseren Winzern, dass sie die Biodiversität im Weinberg fördern und so das Ökosystem stärken. Das geschieht zum Beispiel mit Hilfe von Permakultur– oder Agroforstkonzepten – beide sind gerade grosse Trendthemen. Unsere Richtlinien schreiben aber schon lange den Bau von Teichen und Gräben zur effizienten Regenwassernutzung sowie die Pflanzung von Bäumen und Sträuchern zwischen den Reben vor. Wie positiv sich das auswirkt, kann man eindrücklich auf unserem Modell- und Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence erleben.

Weinberge werden zu Naturparadiesen

Jaenicke: Die Weine von Delinat genießen den Ruf, aus den ökologischsten Weingärten Europas zu stammen. Wie können Sie das untermauern?

Schefer: Was wir auf unserem eigenen Weingut in der Provence umsetzen, ist die Blaupause für alle Winzer, mit denen wir zusammenarbeiten. Denn diese erklären sich bereit, konsequent nach der Delinat-Methode zu arbeiten. Wenn ich schaue, wie sich die Rebberge von langjährigen Partnerwinzern im Vergleich zu anderen Weingütern entwickelt haben, kann ich heute selbstbewusst und mit gutem Gewissen behaupten, dass Delinat-Weine aus den natürlichsten Weingärten Europas kommen.

Jaenicke: Für wie realistisch halten Sie die Zielvorgabe, wonach bis 2030 der Anteil des ökologischen Landbaus in Deutschland bzw. der Europäischen Union bei über 30 Prozent liegen soll?

Schefer: Wenn diese Zielsetzung auf den aktuellen EU-Bioanforderungen basiert, bringt uns das nicht viel weiter. Es reicht schlicht nicht, wenn auf 30 Prozent der Landwirtschaftsfläche auf Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird. Es braucht den kompletten Ausstieg aus der Agrochemie. Und auch die im biologischen Landbau erlaubten Pflanzenschutzmittel in Form von Kupfer- und Schwefellösungen müssen drastisch zurückgefahren werden, weil auch sie für die Umwelt schädlich sind. Kupfer ist ein Schwermetall, das den Boden belastet und Schwefel ist ein Insektengift. Die große Trendwende wird jedoch erst einsetzen, wenn die Politik endlich zur Einsicht kommt, die konventionelle Landwirtschaft nicht mehr zu subventionieren.

«Schmetterlinge sollen wieder in den Rebbergen fliegen» Karl Schefer, 1980

Jaenicke: Delinat propagiert und fördert als Alternative das Anpflanzen neuer, robuster Rebsorten, die keinen Pflanzenschutz mehr brauchen. Ist es realistisch zu glauben, dass beliebte Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Spätburgunder, Riesling oder Chardonnay solch unbekannten neuen Sorten weichen sollen?

Schefer: In vielen Weinregionen führt kein Weg daran vorbei, wenn man den nachhaltigen Weinanbau ernst nimmt. Wo es feucht oder heiss-feucht ist, können an herkömmlichen europäischen Reben ohne Pflanzenschutzmittel keine Trauben reifen . Bei unserem wichtigsten Winzer in Spanien läuft derzeit ein Züchtungsprojekt mit neuen, pilzresistenten Traubensorten, sogenannten PIWIs, die eine gute Resistenz gegen Krankheiten entwickeln. Das ist jedoch ein mehrjähriger Prozess, obwohl es schon heute Sorten mit guter Resistenz gibt. In der Schweiz haben wir mit dem Weingut Lenz einen Winzer, der mit großem Erfolg bereits vollständig auf solche Sorten umgestiegen ist. Und auch mehrere unserer Winzer in Deutschland, Frankreich oder Italien haben auf unsere Empfehlung hin angefangen, auf bestehende robuste Sorten auszuweichen.

Jaenicke: Der Kampf gegen die übermächtige Agrarlobby aus Erzeugern, Chemie- und Pharmaunternehmen und verarbeitender Industrie erinnert mich an Don Quijote oder David und Goliath. Viele Politiker agieren wie Marionetten dieser Lobbyisten und fürchten sich vor mutigen Schritten. Dabei geht es um unsere Umwelt und unser aller Gesundheit! Im «Spiegel» war kürzlich zu lesen, dass allein in Deutschland das Gesundheitswesen pro Jahr mit 60 Milliarden Euro aufgrund von ungesunder Ernährung belastet wird. Wie können wir die Wichtigkeit von wertvollen, gesunden und ökologisch hergestellten Produkten besser hervorheben? Was halten Sie von einem Pflichtfach für Ökologie, Ernährung und Nachhaltigkeit schon ab der 1. Klasse der Grundschule?

Schefer: Eine gute Idee. Doch da ist die Politik gefordert, entsprechende Anreize zu setzen. Auch beim erwachsenen Verbraucher muss ein Umdenken einsetzen: Beim Motoröl für das Auto darf es nur vom Besten sein, beim Olivenöl wird dann das billigste in den Warenkorb gepackt. Würde ehrlich gerechnet, wären Bioprodukte nicht teurer als andere. Denn ohne die massiven Agrar-Subventionen aus Brüssel für konventionelle Landwirtschaft wären deren Erzeugnisse sogar teurer als Bio-Lebensmittel. Erst recht, wenn auch noch die Kosten für Umweltschäden aufgerechnet würden, welche durch billige Massenproduktion verursacht werden.

Jaenicke: Wein scheint mir ein gutes Beispiel dafür, dass Bio nicht unbedingt teurer sein muss. Neben teuren gibt es auch sehr preiswerte Gewächse …

Schefer: Das ist richtig, aber Achtung: Für die 3.64 Euro, die der deutsche Konsument durchschnittlich für einen Liter Wein zu zahlen bereit ist, gibt es im ehrlichen Bio-Segment kein Angebot. Dafür sind Arbeitsaufwand und Ertragsbeschränkungen für ein auf Qualität bedachtes Weingut zu gross. Unsere günstigsten Weine liegen knapp unter acht Euro. Das erachte ich als fairen Preis. Alles unter fünf Euro ist Massenware, bei der höchstens minimale ökologische Anforderungen erfüllt werden.

Jaenicke: Bei einer Langzeitstudie der Hochschule Geisenheim aus dem Jahr 2020 wussten lediglich 60 Prozent der befragten Weinkonsumenten, dass es Bioweine gibt. Viele gaben sich obendrein skeptisch. Zwei Drittel der Studienteilnehmenden hielten «Bio» bei Wein sogar für eine Verbrauchertäuschung. Das Wissen über Biowein und dessen Herstellung ist offenbar gleich null. Wie kann und will Delinat solchen Defiziten entgegenwirken?

Schefer: Bio hat heute viele Gesichter – leider nicht nur strahlende. Winzer, welche die Natur über Jahre mit der Chemiekeule traktiert haben, mutieren jetzt plötzlich vom Saulus zum Paulus. Dabei müssen sie sich die Frage gefallen lassen, ob sie es aus Überzeugung tun, oder nicht doch eher als Trittbrettfahrer mit der Aussicht auf bessere Preise unterwegs sind. Für überzeugte und echte Biowinzer ist es zu einer Herausforderung geworden, sich von «Pseudo-Bio» abzugrenzen, was die Konsumenten häufig verunsichert. Es braucht ein verständliches, glaubwürdiges Marketing. Bei Delinat vermitteln wir kontinuierlich über unsere Medien, welche Anstrengungen die Delinat-Winzer in Europa unternehmen, um diese besonderen Weine zu erzeugen. Das Storytelling muss dabei auch von den Winzern selbst kommen. Vor allem die jungen Winzer sind da schon höchst ambitioniert unterwegs.

Mit gutem Gewissen geniessen: Die Delinat-Weinabos sind ein Motor für die Biodiversität


Jaenicke: Ich bin neuerdings begeisterter Delinat-Wein-Abonnent. Delinat behauptet, mit seinen Weinabos die Biodiversität in Europas Weinbergen ganz direkt und gezielt zu fördern. Wie funktioniert das?

Schefer: Für Leute, die unsere Weinabos noch nicht kennen, mag das seltsam klingen. Dabei ist es ganz einfach: Die Delinat-Richtlinien schreiben Artenvielfalt vor, definieren exakte Maßnahmen und Methoden. Delinat-Winzer sind besonders motiviert, in die Artenvielfalt zu investieren, wenn sie im Gegenzug eine längerfristige Abnahmegarantie für die beachtliche Menge an Wein kriegen, die wir für die Bestückung der vielen Abopakete benötigen. Der «DegustierService» – unter diesem Namen sind die Delinat-Weinabos zusammengefasst – erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit. Deshalb ist er im Laufe der Jahre zu einem starken Motor für die Biodiversität im Weinberg geworden. Jedes neue, zusätzliche Abo bringt diesen Motor noch etwas mehr auf Touren. Ist das nicht großartig!

Hans Wüst

3 comments

  1. Delinat kenne ich bereits seit mehreren Jahren und schätze diese Methode unendlich.
    Damit mehr Menschen zu einer ähnlichen Einstellung und Überzeugung gelangen, bedarf es eines inneren Impuls. Diesen kann man am ehesten durch Erziehung und Bildung erlangen. Etwa durch die Arbeit von Machern wie K. Schefer oder Lehrkörpern, die leidenschaftlich für ihre Arbeit und Aufgaben brennen. Vielen Dank an alle MitstreiterInnen!

  2. Hannes Jaedicke ein ganz wichtiger Mensch, wenn es um die Vermittlung von Ökologie, Umwelt und Mitmenschen geht!
    Wir dürfen nicht aufhören darüber zu reden und die Missstände in unserer Ernährungspolitik anzuprangern. So wie es seit vielen Jahren Slow Food macht. Essen ist politisch!
    Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, sonst haben sie keine Zukunft.
    Danke für das Interview!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert