Biodiversitätswinzer 2019: Der Weinberg als Kraftort

Eigentlich sollte Carlos Laso in die Fussstapfen seines Vaters treten und die Möbelfabrik im Hinterland von Valencia übernehmen. Doch die familieneigenen Weinberge faszinierten ihn stärker, und so überliess er die Möbelfabrik seinen Schwestern. Dank seiner grossen Anstrengungen für Naturvielfalt im Weinberg ist er von Delinat zum Biodiversitätswinzer des Jahres 2019 gekürt worden.

Schon bei meinem allerersten Besuch vor zehn Jahren zeigte sich, dass das Verständnis von Carlos Laso für biologischen Weinbau weit über das hinausgeht, was ein Biozertifikat verlangt. Es bestanden schon damals grosse Übereinstimmungen mit den anspruchsvollen Delinat-Richtlinien. Und weil auch die Weine überzeugten, stand einer Zusammenarbeit nichts im Wege. Einzigartig war dann, wie sich Carlos Laso auf die Delinat-Philosophie von Weinbergen mit reicher Biodiversität einliess.

Mit grosser Begeisterung und innert kürzester Frist setzte er Massnahmen um, die mehr Leben in seine Rebberge brachten. Die Idee, die Rebflächen mittels Sekundärkulturen aufzulockern, schien ihm logisch. Er pflanzte Olivenbäume zwischen die Reben. Später folgten Granatäpfel und mit Steinen ausgekleidete Kräuterrabatten. Die Blüten und der feine Duft von Lavendel und Rosmarin locken seither Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten an. Parallel dazu optimierte Carlos die Begrünungsstrategie. Es galt, den Reben durch optimale Einsaaten natürliche Nährstoffe zuzuführen, ohne dass die Begrünungspflanzen der Rebe die oftmals bescheidenen Wasserreserven streitig machen.

«Biodiversität vermittelt
Frieden, Ausgleich und
Harmonie.»

Carlos Laso, Biodiversitätswinzer 2019

Immer einen Schritt voraus

Wasser ist im landschaftlich reizvollen Valles de les Alcusses, wo die Weinberge von Pago Casa Gran liegen, ein rares Gut. Die Trockenperioden werden immer länger. Ohne Bewässerung können die Reben kaum noch überleben. Doch woher das Wasser nehmen, ohne dem Grundwasserspiegel Schaden zuzufügen? Als Delinat-Winzerberater Daniel Wyss vor zwei Jahren Carlos Laso ein innovatives Bewässerungskonzept im Sinne der Permakultur vorstellte, war er sofort Feuer und Flamme. Dieses einfache, aber wirkungsvolle Konzept sah vor, Wasserrückhaltebecken und Gräben entlang der Parzellenränder auszuheben. Darin wird Regenwasser zurückgehalten, das bislang ungenutzt abfloss, oder im Fall von Starkregen sogar für Erosion sorgte. Mit dem neuen, natürlichen Wassermanagement versickert das Regenwasser langsam im Boden und steht den Reben auch in langen Trockenzeiten bis in den Sommer hinein zur Verfügung. Carlos Laso hat damit auch innerhalb der Delinat-Winzer eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der Permakultur übernommen. Diese bereits in den 1970er-Jahren in Australien begründete Bewirtschaftungsform ist sehr nachhaltig und zukunftsträchtig. Das Ökosystem wird gestärkt, die Bodenfruchtbarkeit erhöht, die Bodenbearbeitung vereinfacht, die Ressourcen werden effizient genutzt, und die Erträge können trotz Klimawandel gesichert werden.

Seit Carlos Laso die biologische Vielfalt in seinen Weinbergen bewusst fördert, sind diese für ihn zum Kraftort geworden. «Biodiversität vermittelt Frieden, Ausgleich und Harmonie. Davon profitiert meine Familie und das ganze Team von Pago Casa Gran», betont er.

22. Mai – Tag der Biodiversität
Im Jahr 2000 hat die UNO den 22. Mai zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt erklärt. Der Tag der Biodiversität soll aufzeigen, wie wichtig die Artenvielfalt für den Erhalt unseres Lebensraums ist, aber wie stark sie unter Druck und in Gefahr ist. Biodiversität ist ein Kernanliegen von Delinat. Seit 2015 wird deshalb alljährlich der «Biodiversitätswinzer des Jahres» gekürt. Ausgezeichnet werden Winzer, die sich über die strengen Delinat-Biorichtlinien hinaus in besonderer Weise für die Förderung der Artenvielfalt einsetzen. Die ausgezeichneten Winzer keltern jeweils im Hinblick auf den 22. Mai einen speziellen Biodiversitätswein. Die bisherigen Delinat-Biodiversitätswinzer sind:
2015: Josep Maria Albet i Noya, Penedès, Spanien und Massimo Maggio, Sizilien, Italien
2016: Jean und Anne Lignères, Languedoc, Frankreich 2017: María Barrena und Dani Sánchez, Azul y Garanza, Navarra, Spanien
2018: Timo Dienhart, Weingut zur Römerkelter, Mosel, Deutschland
2019: Carlos Laso, Pago Casa Gran, Valencia, Spanien

Delinat-Consulting: Unterwegs mit dem Winzerberater

Winzerberater sorgen dafür, dass die strengen Delinat-Richtlinien keine Papiertiger bleiben und Europas Weinberge zum Blühen bringen. Die Beratung ist für die Winzer kostenlos. Ein Tag unterwegs mit Berater Daniel Wyss auf der Bodega Pago Casa Gran in Spanien.

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Samstag, 9. April 2016. Daniel Wyss macht auf einer mehrtägigen Beratungsreise durch Spanien Halt auf der Bodega Pago Casa Gran in der Nähe von Valencia. Winzer Carlos Laso arbeitet seit sechs Jahren mit Delinat zusammen. In dieser Zeit haben sich seine Rebberge in ein Naturparadies verwandelt, denn Carlos gehört zu jenen Winzern, die sich von einem vielfältigen Weinbau mit reicher Biodiversität haben anstecken lassen und die strengen Delinat-Richtlinien mit viel Herzblut umsetzen. Einmal im Jahr erhält er Besuch von Winzerberater Daniel Wyss. Unsere Bildreportage zeigt, wie sich ein solcher Beratungsbesuch in der Regel abspielt.

9 Uhr
Besprechung der Parzellenpläne

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Rechtzeitig auf den Besuchstermin hat Winzer Carlos Laso seine Parzellenpläne auf den neusten Stand gebracht. Sie geben im Detail Auskunft über Biodiversitätskorridore, biologische Hotspots und ökologische Ausgleichsflächen jeder einzelnen Rebparzelle. Winzerberater Daniel Wyss nimmt die perfekt vorbereiteten Unterlagen erfreut zur Kenntnis und bespricht sie mit Betriebsleiter Carlos Laso und den beiden Önologen und Rebmeistern Vincente Revert López und Gonzalo Medina Paris.

10 Uhr
Geniales Bewässerungskonzept

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Daniel Wyss präsentiert ein mögliches, revolutionäres Konzept für dezentrale Wasserrückstauflächen auf dem von langen Trockenperioden geplagten Weingut. Schon heute wird das Regenwasser auf Pago Casa Gran über Kanäle in ein grosses, zentrales Auffangbecken geleitet und von dort mittels Pumpen für die Bewässerung der Reben in Trockenperioden genutzt. Ökologischer und sinnvoller wären kleine, dezentrale Rückstauflächen direkt bei den einzelnen Rebbergen. Von hier aus könnte das gesammelte Regenwasser langsam im Boden versickern und die Reben mit Feuchtigkeit versorgen. Daniel Wyss erklärt der Runde, dass die topografischen Verhältnisse auf Pago Casa Gran für ein solches ohne teure Investitionen zu realisierendes Bewässerungskonzept ideal sind.

11 Uhr
Hinaus aufs Feld

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Fast alle Parzellen des 45 Hektar grossen Betriebs werden abgeschritten. Mit dabei ist das von Rebmeister Gonzalo Medina Paris geführte Betriebsjournal. Es gibt für jede Parzelle im Detail Auskunft über sämtliche Arbeiten, die im Verlaufe des Jahres ausgeführt wurden. Wann wurde gespritzt? Wie viel Kupfer und Schwefel wurden eingesetzt? Wann wurde der Boden wie bearbeitet? Wann wurde bewässert? Wann eingesät, gemulcht oder gewalzt? Gestützt auf die Aufzeichnungen, werden die Auswirkungen im Feld begutachtet, diskutiert und die Massnahmen für das aktuelle Jahr besprochen.

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