Lust auf Wintergemüse

Wintergemüse bläht oder ist langweilig, so die oft gehörte Meinung. Wer sich heute umschaut, findet auch im Winter Gemüse, aus dem sich schmackhafte Gerichte zubereiten lassen – von Langeweile keine Spur, dafür viel Abwechslung.

Als Kind mied ich Gemüse, insbesondere Krautstiel, Rosenkohl & Co. mit dicker Béchamelsauce. Später entdeckte ich, wie vielseitig Gemüse zubereitet werden kann. Dämpfen ist die schonendste Methode, um Gemüse zu garen; denn in kochendem Wasser wird ein Teil der gesunden Inhaltsstoffe herausgelöst. Beim Dämpfen muss ich die Garzeiten nicht so genau einhalten. Broccoli oder Wirsing machen nicht schlapp, wenn ich sie ein paar Minuten länger im Dampf lasse. Gerade delikate Gemüse mit offener Struktur wie Broccoli und Cima-di-Rapa-Röschen behalten ihre Form und saugen sich nicht mit Wasser voll. Im Winter würze ich rohes oder gedämpftes Gemüse gerne mit in Öl konservierten Kräutern und kaltgepresstem Öl. Ein Schuss Säure (Essig, Zitrone, Weisswein) bereichert leicht süssliches oder herbes Gemüse zusätzlich. Wird Gemüse dennoch in kochendem Wasser gegart, dann spielt die Zugabe von Salz eine grosse Rolle: Salzen zu Beginn hält die Aromen im Gemüse; salzen am Schluss löst die Aromen heraus, was bei Suppen und Saucen von Vorteil ist.

Schmeckt gut – tut gut

Wir essen Gemüse aus zwei Gründen: «Weil es uns gut tut.» Rohes und gedünstetes Gemüse ist hier im Vorteil, weil die Vitamine erhalten bleiben. Oder «weil es gut schmeckt»: Hier überzeugen Schmoren und Braten, denn es entstehen neue Aromen; beispielsweise durch den im Gemüse enthaltenen Zucker, der beim Braten karamellisiert. Aufs Schmoren freuen sich leicht herb-bittere Gemüsesorten wie Catalogna, Cima di Rapa und Cicorino. Gerne kombiniere ich sie mit süsslichen Pastinaken, Karotten oder Süsskartoffeln, um so die bittere Note zu mildern – auch für empfindliche Gaumen ein Genuss und für Leber und Darm gar eine Wohltat. Ein Schuss Säure fixiert die Aromen, aber das Gemüse bleibt länger hart, braucht also mehr Schmorzeit. Ideal zum Braten ist Wurzelgemüse. Besonders schätze ich im Ofen gebratenes Gemüse (siehe Beitrag aus der WeinLese Nr. 56) das fein gewürzt, langsam gart.

Karottenvariationen

Abwechslung bringen auch die Schnittarten: Grosse Stücke präsentieren besonders schön, kleine Würfel oder Stäbchen mische ich mit Pasta, Couscous, Grünkern oder Reis, und aus geraffeltem Gemüse gibts Rösti oder Gemüseburger. Aus Gemüse(resten) lässt sich ein wunderbares Püree zaubern: Petersilienwurzelpüree mit pochiertem Saibling – eine Wucht. Oder Variationen der Karotte: glacierte Würfel der Pfälzer Rübe, gebratene Chips der Purple Haze mit violetter Schale und ein Püree von orangen Karotten, abgeschmeckt mit einer Prise Zimt. Gewürze sind das A und O der kreativen Küche. Ich kaufe immer ganze Gewürze und mahle sie selber. Einige, wie Koriander, Kreuzkümmel, Kardamom oder Fenchelsamen, röste ich zuvor sanft.

Passt Wein zu Gemüse? Eine rhetorische Frage, klar. Genauso wie für mich Chianti zur Pasta mit Gemüsesugo und Rioja zum Brathähnchen gehören, bereichert ein Glas Wein auch Gemüsegerichte.

Garmethodegeeignetes Gemüsepassende Weine (**)
roh geniessenKarotten, Rüben, Randen, Kohl, Cicorino/Radicchio-Sorten (Trevisano, Cicorino Rosso, Tardivo), Puntarella-Triebe, Rote und Gelbe Bete (Randen) als Salat oder Gemüsestäbchen mit DipsRiesling Terra Rossa
DELSECCO
Duvivier Cuvée des Amis rosé
El Molino Blanco
dämpfen/sieden (*)alle WintergemüseChâteau Duvivier L’Amandier
Soave La Casetta
Albet i Noya Espriu Brut
Saxum Verdejo
Sauvignon Blanc
schmorenKardy, Lauch, Zwiebeln, Karotten, Catalogna, Cicorino/Radicchio- Sorten, Wirsing, Krautstiel, Haferwurzel, KerbelrübePastoret
Bonarossa
Il Conventino Riserva
Osoti Vendimia Seleccionada
bratenTopinambur, Puntarella, Pastinaken, Süsskartoffeln, Rote Beete, Petersilienwurzel, KarottenCasa Benasal Elegant
Château Duvivier Les Hirondelles
Conterocca
Vinya Laia
grillenPastinaken, Kürbis, SüsskartoffelnAlbet i Noya Reserva Martí
Château Duvivier Les Mûriers
Château Coulon Sélection Spéciale

(*) Im Dampf garen hat gegenüber im Wasser sieden Vorteile: Das Gemüse verkocht kaum, die Vitamine bleiben erhalten, das Gemüse ist nicht wässrig.

(**) Dies sind ein paar Weinvorschläge. Gehaltvolle Weissweine passen ebenfalls gut zu geschmortem, gebratenem und gegrilltem Wintergemüse, je nach weiteren Beilagen. In der Tabelle fehlt «frittieren». Es hat wenig Sinn, vitamin- und aromareiches Gemüse in Teig und Öl auszubacken.

Fermentieren ist eine weitere Methode, bei der Milchsäure entsteht, zum Beispiel Kohl, Rüben, Rote Beete, Knollensellerie, Kürbis, Karotten, Chinakohl.

Rezepte

Linsen mit gelber Bete, Pastinaken und Krautstiel

Zutaten für 4 Personen:

  • 600 g gelbe Bete, Pastinaken, Krautstiele
  • 200 g Linsen (braune, grüne oder schwarze)
  • 1-2 Schalotten
  • ½ TL Kardamom gemörsert
  • 2 EL Olivenöl
  • Salz
  • 2 EL Apfelbalsamico

Zubereitung:
Linsen über Nacht einweichen. In ungesalzenem Wasser garkochen (je nach Sorte 15 bis 30 Minuten).

Gemüse waschen, gelbe Bete, Pastinake und Schalotten schälen, alles in kleinste Würfel schneiden.

Gemüse und Schalotten im Olivenöl garschmoren. Mit Balsamico und Kardamom abschmecken. Mit den Linsen mischen.

Schmeckt lauwarm oder heiss: als Vorspeise mit Kohlsalat oder zu einem gebratenen Lammkotelette.

Tipp: Mit einem Glas Osoti Rioja geniessen. Seine Gewürz- und Beerennoten bereichern das Linsengericht.

Geschmorter Catalogna

Zutaten für 4 Personen:

  • 400 g Catalogna (oder Cima di Rapa)
  • 300 g Süsskartoffeln
  • 2 Schalotten
  • 1 Knoblauchzehe
  • 4-6 getrocknete Tomatenhälften
  • 100 ml fruchtiger Weisswein, z.B. Soave la Casetta
  • 1 TL gemörserte Fenchelsamen
  • Salz
  • 4 EL Olivenöl

Zubereitung:
Catalogna waschen, in ca. 5 cm lange Stücke schneiden, breite Stängel evtl. längs halbieren. Süsskartoffeln waschen, schälen und in feine, 3 cm lange Stäbchen schneiden. Schalotten schälen, längs halbieren und längs feine Streifen schneiden. Tomaten klein schneiden.

Süsskartoffeln in 2 EL Olivenöl knapp gar braten; warm stellen. Catalogna in 2 EL Olivenöl zusammen mit gepresstem Knoblauch, Schalotten, Salz und Tomaten weich schmoren. Gegen Schluss Weisswein und Fenchelsamen zufügen und weiterschmoren, bis der Wein verdunstet ist. Süsskartoffeln beifügen.

Eine eigenständige Mahlzeit, dazu passt aber auch ein gebratenes Perlhuhnbrüstchen.

Tipp: Mit einem Glas Il Conventino Vino Nobile di Montepulciano geniessen. Die würzige Frucht des Weines passt gut zum leicht herben Gemüse.

Topinambur-Chips

Topinambur-Chips

Zutaten:
Topinamburknollen
Salz und Olivenöl

Zubereitung:
Topinambur waschen, abbürsten, mit Schale in hauchdünne Scheiben hobeln, mit Salz, Olivenöl mischen.

Im Ofen auf Backblech bei 160° ca. 25 Min rösten, bis die Chips knusprig und leicht braun sind. Auf Küchenpapier auskühlen lassen.Ein knuspriger Aperosnack – oder originelle Garnitur zu Gemüsegerichten.

Tipp: Mit einem Glas Riesling Terra Rossa geniessen. Die leichte Süsse des Topinamburs harmoniert bestens mit der Fruchtsüsse des Weines.


Peter Kropf

2 comments

  1. Tolle Rezepte,
    Eine Einladung zum Genießen der neuen Weine.
    Ich habe nicht mehr bestellt, da ich meistens allein am Tisch bin. Ich werde mich jetzt wieder umorientieren. Kleine Flaschen sind nicht gedacht?
    Wäre eine Idee, oder?

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