«Wir wollen die besten Winzer für unsere Ideen gewinnen»

Delinat-Chef Karl Schefer legte am Winzermeeting 2014 in Österreich seine Visionen für die Zukunft dar. Im folgenden Interview zeigt er auf, wohin Delinat steuert, was er von den Winzern erwartet und mit welchen Gegenleistungen sie rechnen können.

30 Jahre lang war Delinat fast der einzige Anbieter von Weinen aus kontrolliert biologischem Anbau und hatte damit Erfolg. Heute ist Bio fast allgegenwärtig. Auch die Grossverteiler setzen immer stärker auf Biowein. Was nun?
Karl Schefer: Die Unterschiede zwischen Supermarkt-Bio und Delinat-Bio sind gewaltig. Delinat wird nicht umhinkommen, diese Unterschiede stärker in den Fokus der Kommunikation zu rücken.

Worin unterscheiden sich Delinat-Weine von Bioweinen aus dem Supermarkt?
Unsere Definition von Bio war schon immer eine andere als die übliche. Wer den verbotenen chemischen Giftsack einfach durch einen «biologisch akzeptablen» austauscht, der hat nichts begriffen. Solange Monokultur vorherrscht, gibts im Weinberg kein Gleichgewicht. Deshalb setzen die Delinat-Richtlinien auf Biodiversität. Je grösser die Vielfalt, desto stabiler das ökologische Gleichgewicht, desto gesünder die Reben, desto gehaltvoller die Weine.

«Je grösser die Vielfalt, desto stabiler das Gleichgewicht»

Bei Gemüse und Obst scheint Bio eine höhere Akzeptanz zu haben als beim Wein. Wo liegt der Grund?

Delinat-Chef Karl Schefer
Delinat-Chef Karl Schefer

Es gibt zwei Gründe: Erstens kann man sich bei einem Salat, einer Tomate oder einem Apfel sehr gut vorstellen, dass die gespritzten Pestizide nicht gut für die Gesundheit sind. Allein die Vorstellung, dass das, was man sich genüsslich in den Mund stecken will, kontaminiert sein könnte, führt zum Griff ins Bio-Regal. Bei verarbeiteten Produkten wie Tomatensauce und Wein tritt dieses psychologische Element in den Hintergrund. Der zweite Grund: Wein ist ein Genussmittel. Man will sich etwas Gutes gönnen, Essen und Wein geniessen. Gedanken in Richtung Gesundheit lassen Skepsis über Qualität und geschmackliche Güte aufkommen und schmälern den Genuss. Dass frühere Bioweine oft ziemlich saure Tropfen waren (und zum Teil noch heute sind), hilft auch nicht gerade. Daher ist es für Delinat doppelt wichtig, nur die besten Winzer und Weine zu tolerieren.

Kürzlich hat die «Berner Zeitung» in einer Online-Umfrage gefragt: Setzen Sie beim Kauf von Wein auf Bio? 88 Prozent der gut tausend Abstimmenden haben Nein gesagt. Ein niederschmetterndes Ergebnis?
Ganz im Gegenteil: Es bestätigt unsere Erkenntnisse, und das Ergebnis der Umfrage beruhigt mich. Denn es bedeutet, dass das Potenzial für Delinat riesig ist. Mit jedem Weinskandal, und diese kommen in erschreckender Regelmässigkeit, wird es mehr Weingeniesser geben, die erwachen. Delinat ist gut gerüstet, diese abzuholen und mit besten Weinen zu verwöhnen.

«Das Potenzial für Delinat ist riesig»

Wie wollen Sie den Leuten klar machen, dass Weine aus Rebbergen mit grosser Biodiversität besser sind als alle andern?
Selbstverständlich treten wir am liebsten den Beweis per Degustation an. Wer den Unterschied schmeckt, kann am besten überzeugt werden. Für viele reicht dieser Beleg aber nicht – Geschmack ist ja persönlich und subjektiv. Daher wollen wir auch einen wissenschaftlichen Beweis erbringen. Ein erster, dreijähriger Versuch auf unserem Forschungsweingut Château Duvivier hat signifikante Unterschiede bei Inhaltsstoffen gezeigt. Dieser Versuch wird nun für weitere drei Jahre fortgesetzt, begleitet von zusätzlichen Wissenschaftlern, die der Frage nachgehen, welche Stoffe von den Unterschieden besonders betroffen sind.

Sind denn die Unterschiede im Weinglas auch spürbar?
Ja, auf jeden Fall. Nur ist eben die Wahrnehmung je nach Nase und Gaumen unterschiedlich. Manche schmecken das deutlich, andere tun sich schon schwer damit, verschiedene Traubensorten unterscheiden zu können. Und natürlich darf man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Für einen korrekten Vergleich müssen die Weine von den gleichen Lagen, denselben Traubensorten und vom gleichen Jahrgang stammen und identisch ausgebaut sein.

Welche Anforderungen werden künftig an Partnerweingüter gestellt?
Biodiversität steht an oberster Stelle. Wo das Bekenntnis und der Wille zu mehr Artenvielfalt im Weinberg fehlen, wird es schwierig. Delinat-Winzer müssen aber auch generell innovativ sein: Sie werden zum Beispiel angehalten, robuste neue Traubensorten zu testen, mit dem Ziel, hervorragenden Wein ohne oder mit sehr geringen Pflanzenschutzmassnahmen herstellen zu können. Wir wollen Partner, die nie zufrieden sind, die unermüdlich Neues ausprobieren, im Weinberg wie auch im Keller, und die wie wir an das Credo glauben: Qualität dank Biodiversität.

«Biodiversität steht an oberster Stelle»

Und was hat Delinat seinen Winzern zu bieten?
Delinat-Winzer bekommen eine umfassende Beratung, können die Versuche hautnah miterleben und werden von Delinat laufend weitergebildet. Fünf Jahre nach Beginn der Zusammenarbeit sieht das Weingut völlig anders aus. Allein dieser Mehrwert lohnt sich für engagierte Winzer. Hinzu kommt aber natürlich der wirtschaftliche Nutzen: Solange ein Winzer die hohen Anforderungen erfüllt und zuverlässig biodiverse, gehaltvolle Weine erzeugt, ist Delinat ein ebenso zuverlässiger Abnehmer, der Sicherheit dank langfristiger Planung bietet, pünktlich und faire Preise bezahlt.

Konkret auf den Punkt gebracht: Wohin steuert Delinat in Zukunft?
Wir werden unseren Weg konsequent weitergehen, am Weinbau der Zukunft forschen und kompromisslos in Biodiversität, ökologisches Gleichgewicht und Weinqualität investieren. Winzer, die diesen beschwerlichen Weg beherzt gehen, unterstützen und fördern wir, Zweifler und Zauderer kommen für eine Zusammenarbeit nicht in Frage. Auf dem Weg zur Perfektion scheiden jährlich fünf bis acht Betriebe aus. Und bis zu zehn neue kommen hinzu. Wir wollen die besten Winzer für unsere Ideen gewinnen.

Hans Wüst

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