Die Walze im Weinberg

Kaum ein Nachbar kann sich an einer so üppigen Leguminosen-Begrünung erfreuen wie Walter und Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof im rheinhessischen Westhofen. Die fast meterhoch blühenden Pflanzen waren eine wahre Augenfreude. Statt nun zu mähen und dann wie sonst üblich zu mulchen, haben die Zimmers die Pflanzen niedergewalzt: Diese Methode wurde im Delinat-Institut entwickelt und wird seither nicht nur auf Delinat-Weingütern gern angewandt.

Vorher und nachher: Walter Zimmer mit blühenden Leguminosen und mit Walze.

Was also ist der Vorteil beim Walzen? Das ist einfach erklärt: Durch das Walzen werden die Halme geknickt. Der Saftfluss im Stiel der Pflanzen wird unterbrochen und damit der Wasserverbrauch reduziert. Die Stiele selbst werden aber nicht zerstört, sondern bilden eine lebendige Mulchschicht. Die niedergewalzten Pflanzen bleiben am Boden liegen, den sie so vor Austrocknen und Evaporation schützen. Durch die lebende Pflanzendecke wird zusätzlich die Erosion eingedämmt und der Boden wird beim Befahren der Rebzeilen mit dem Traktor nicht verdichtet.

Die Wurzeln bleiben aktiv und versorgen den Boden mit Luft. Dies begünstigt den Erhalt einer reichen Mikrofauna (kleinste Bodenkriecher und -wühler wie Amöben, Fadenwürmer und Milben) und Mikroflora (Pilze wie Mykorrhiza, Algen, Bakterien und Flechten). Beiden kommt durch ihre Humifizierung und Mineralisierung des organischen Materials eine wichtige Aufgabe innerhalb des Ökosystems zu.  Vor allem Mykorrhizen sind mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt und verbessern so nicht nur die Aromatik der Trauben, sondern machen die Reben widerstandsfähig gegen Krankheitserreger. Lesen Sie hier mehr dazu.

Die gewalzten Pflanzen blühen am Boden weiter und bilden so Lebensraum für nützliche Insekten. Das Walzen kommt also nicht nur dem Boden und damit letztendlich dem Wein zugute – es schützt und bewahrt auch die Artenvielfalt im Weinberg.

Spanien fördert Delinat-Philosophie

Carlos Laso Galbis ist ein umtriebiger Winzer: Seit er mit Delinat zusammenarbeitet, hat ihn auf seinem Weingut Pago Casa Gran im Hinterland von Valencia die «grüne Revolution» erfasst. Das Weingut gehört zum Forschungsnetzwerk des Delinat-Instituts. Carlos hat sich zum Ziel gesetzt, die ambitiösen Delinat-Richtlinien in seinen Weinbergen möglichst flächendeckend auf der höchsten Niveaustufe umzusetzen.

Mit Innovationen zum Erfolg: Carlos Laso Galbis setzt die Delinat-Richtlinien konsequent um.

Staatlicher Segen für Delinat-Richtlinien

Ein vom spanischen Landwirtschaftsministerium ausgeschriebenes Förderprogramm zur wirtschaftlichen Stärkung ländlicher Gebiete kam ihm da gerade recht: Er kopierte kurzerhand Auszüge aus den Delinat-Biorichtlinien und reichte diese zusammen mit ein paar Skizzen als zukunftsträchtiges Projekt ein. Die staatliche Amtsstelle hiess das Förderprojekt als vorbildlich gut. Damit erhält Carlos eine willkommene finanzielle Unterstützung, um in die Biodiversität seiner Rebberge zu investieren.

Olivenbäume mitten im Weinberg

Bereits hat er damit begonnen, in seinen grössten Parzellen ganze Reihen von Rebstöcken auszureissen um für andere Kulturen Platz zu machen. So hat er eine Reihe Olivenbäume gepflanzt, die im Stammbereich von niedrigen Trockensteinmauern gesäumt werden. Zusammen mit Steinhaufen und Aromakräutern bilden sie Anziehungspunkte und Lebensraum für Reptilien, Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten.

Oliven im Weinberg

Eine wichtige Sekundärkultur in mediterranen Regionen: der Olivenbaum

Walzen statt mähen

Weiter setzt Carlos grossflächig spezielle Leguminosesaaten ein, um seine Weinberge ganzjährig zu begrünen. Nach dem Vorbild des vom Delinat-Institut entwickelten Rolojack hat er ein Spezialgerät gebaut, mit dem er den Pflanzenteppich zwischen den Rebzeilen plattwalzen kann. Das hat gegenüber dem Mulchen (mähen und liegen lassen) den Vorteil, dass die Feuchtigkeit besser im Boden zurückbehalten und die natürliche Nährstoffzufuhr für die Rebstöcke verbessert werden kann.

Blumen im Wein

Fast zu schade, um es zu walzen: Blumenmeer zwischen den Rebzeilen

Weisswein-Rarität

Carlos ist übrigens nicht nur ein innovativer, pfiffiger Weinbauer, er keltert auch einen für Spanien aussergewöhnlichen Weisswein: Sein Viña Llopis ist mehrheitlich aus Gewürztraminer gekeltert – eine echte Rarität für Spanien. Sein Grossvater, der früher geschäftlich viel in den Benelux-Ländern unterwegs war, hatte die Rebsorte einst aus dem Elsass mit nach Valencia gebracht. Auch hier scheint sie sich ausgesprochen wohl zu fühlen, wie der fruchtig-würzige Viña Llopis eindrücklich zeigt.

Rolojack – intelligente Walze im Weinberg

Es grünt und blüht, es summt und flattert in den Rebbergen auf der Domaine des Delinat-Instituts im Wallis. Hier wird die artenreiche Begrünung zwischen den Rebzeilen weder gemäht noch gemulcht, sondern gewalzt. Dafür haben wir eigens den Rolojack entwickelt. Der Einsatz der neuartigen Lamellenwalze zwischen den Rebzeilen bewährt sich bestens: Der Rolojack schneidet die Pflanzen nicht ab, sondern bricht sie mehrmals und walzt sie anschliessend platt auf den Boden. So bleiben die Pflanzen mit den Wurzeln verbunden und sterben nicht sofort ab. Die Halme werden geknickt, was den Saftfluss und damit den Wasserverbrauch reduziert. So eine halb lebendige Mulchschicht schützt den Boden effizient vor dem Austrocknen.

Herzstück des Rolojack ist eine mit geschwungenen, stumpfen Klingen ausgestattete Walze, die durch hydraulischen Druck die Bodenbegrünung abknickt und auswalzt, ohne dabei die Halme zu zerschneiden.

Der Rolojack wurde 2009 vom Delinat-Institut entwickelt. Er wird derzeit in Frankreich hergestellt, wo bereits knapp 50 Weingüter mit dieser Maschine arbeiten und parallel dazu auf die Saatmischungen und Begrünungsstrategien des Delinat-Institutes setzen. Zu den Kunden gehören so namhafte Güter wie Château D’Yquem, Château Arnaud (St. Emilion) oder Château Lilian Ladoys (Médoc), die zwar noch nicht biologisch arbeiten, sich aber mehr und mehr von den Erfolgen des Qualitätsmanagements im Weinbau mit Biodiversität überzeugen lassen.

Es ist toll zu beobachten, wie die verschiedensten Blumen einer artenreichen Bienenmischung auch mehrere Tage nach dem Walzen am Boden munter weiterblühen ohne sich wieder aufzurichten. Im Vergleich zum Mähen (oder auch Mulchen) ist das Walzen für die Artenvielfalt im Weinberg wahrlich ein Meilenstein, denn nützliche Insekten können sich trotz Bearbeitung der Reben weiterhin am Nektar laben. Welch ein Unterschied zu den kahlgespritzten Weinbergen nebenan!

Das Bild links zeigt die Bienenbegrünung vor dem Walzen mit dem Rolojack – rechts nach dem Walzen. Für eine grössere Ansicht klicken Sie bitte auf das Bild.

Auf dem Delinat-Weingut hat die Begrünung Tradition. Dank einer Saatwahl mit geeigneten Pflanzen steigt nicht nur die Artenvielfalt, es kann auch auf Düngung verzichtet werden. Die Nährstoffkreisläufe sind nahezu geschlossen. Unsere Weinbergsböden unterscheiden sich enorm von jenen der Nachbarn. Die Unterschiede kann man mit allen Sinnen wahrnehmen: Unsere Erde fühlt sich anders an, zeigt eine andere Farbe und riecht ganz anders. Vive la nature!