Weinausbau in unterschiedlichen Gefässen

Es ist nicht so lange her, da war der Barrique-Ausbau ein Qualitätsmerkmal – ohne deutliche Holzaromatik war ein Wein zu einfach. Danach waren Betoneier in Mode. Aber welches ist nun der richtige Ausbaubehälter für einen guten Wein? Das hängt – wie immer – von der Qualität der Trauben ab und vom Wein, den der Winzer daraus keltern möchte.

Unter Weinausbau versteht man alle Arbeitsschritte vom Ende der Gärung bis zur Flaschenreifung. Man unterscheidet zwischen einem oxidativen (mit Sauerstoffkontakt) und einem reduktiven Ausbau (ohne bzw. mit stark reduziertem Sauerstoffkontakt). Das Ziel ist, dem Wein Komplexität und Struktur zu verleihen. Der ganze Prozess kann von mehreren Wochen bis hin zu mehreren Jahren dauern. Für Weinbereitung und Lagerung werden vor allem Gefässe aus Edelstahl, Glas, Holz, Beton, Granit, Keramik (Steingut) oder Kunststoff verwendet.

Ausbau im Holzfass

Heute findet man in fast allen Kellereien Tanks aus Edelstahl. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina, leichte Reinigung, gute Möglichkeit der Temperaturregulierung und völliger Sauerstoffabschluss. Wobei der letzte Punkt gleichzeitig ein Nachteil ist. Denn ein zu stark unter Luftabschluss gehaltener Wein kann zur Bildung des gefürchteten Böckser führen. Edelstahltanks verwendet man also immer dann, wenn Sauerstoff unerwünscht und die Temperaturüberwachung wichtig ist. Dies ist bei der Gärung der Fall. Und bei jung und fruchtig zu trinkenden Weinen, die meist bis zum Frühjahr nach der Ernte abgefüllt werden.

Mit Fassausbau ist die Lagerung in Holz gemeint. In den meisten Fällen verwendet man dafür Eichenholz. Durch das Holz verdunstet das Wasser und im Gegenzug erfolgt eine dosierte Zufuhr von Sauerstoff. Dadurch verketten sich die Polyphenole, also Farb- und Gerbstoffe im Wein. Die Tannine werden weicher, die Farbe wird stabiler und die Haltbarkeit verlängert sich. Die Länge des Ausbaus kann einige Monate bis mehrere Jahre betragen. Verwendet der Kellermeister kleine Fässer mit einem Volumen von weniger als 350 Litern, so möchte er Aromen aus dem Holz in den Wein bringen. Je kleiner das Fass, desto grösser die Kontaktfläche zwischen Wein und Holz und desto mehr Holzaromen treten in den Wein über. Damit ein Wein die Barriquenoten gut einbindet, muss er kraftvoll, aromatisch und komplex sein. Sonst wirkt er «überholzt». Die Nachteile des Holzes sind die schwierige Temperaturregelung und die aufwändige Reinigung.

Die konventionellen Betonbehälter sind innen zumeist mit Glasfliesen oder rostfreien Stahlblechen, seltener auch mit Kunststoff ausgekleidet oder mit Lacken bestrichen. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina und geringer Schwund. Der Nachteil ist die schwierige Reinigung. Oft werden Risse in der Verkleidung übersehen, wo sich dann unerwünschte Mikroorganismen ansammeln können. Seit ungefähr 30 Jahren kommen auch eiförmige Betonbehälter zum Einsatz. Bei diesen erfolgt ein geringer Kontakt mit Sauerstoff (ähnlich wie beim Holzfass), wobei aber kein Holzton eingetragen wird. Damit der Wein nicht von der Zementoberfläche beeinträchtigt wird, werden die Behälter im Innern mehrfach mit Weinsteinpaste behandelt. Aufgrund der ungewöhnlichen Form des Betoneis ist der Wein ständig in Zirkulation. Die so ausgebauten Weine sollen intensivere Aromen aufweisen.

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Holz, Stahl, Beton

Reben werden vermutlich schon seit 5000 Jahren gezüchtet, und wenig später wurde aus Trauben ein berauschendes Getränk erzeugt. Schon damals stellte sichdie Frage: Worin bewahre ich den Wein auf? Am weitesten verbreitet war in der Antike die Amphore, ein Tongefäss mit zwei Henkeln. Vor etwa 2000 Jahren kamen dann die Holzfässer auf und ersetzten die zerbrechlichen und schweren Amphoren. Im 15. Jahrhundert verwendeten die Süditaliener Holzfässer, sogenannte Botti, von 454 Liter Inhalt, die Spanier solche mit 454 bis 477 Liter. Deutsche Winzer stellten aber bald fest, dass Wein in grossen Fässern länger frisch bleibt, weshalb sie Holzfässer mit mehreren Tausend Liter Inhalt herstellen liessen. Die kleinen Fässer, die Barriques und Pièces, prägten dann im 18. Jahrhundert den Aufstieg des Bordeaux und des Burgunds.

kurzinfo

Welchen Einfluss hat das Gefäss, im dem der Winzer seine Weine ausbaut? Heute werden unter anderem Fässer und Tanks aus Holz, Edelstahl und Beton verwendet, alle haben ihre Vor- und Nachteile – auch bezüglich Geschmack des Weines.

Gewöhnungsbedürftige Betontanks

Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via: «Ich schätze am Betontank seine hohe Temperaturstabilität.»
Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via:
«Ich schätze am Betontank seine hohe Temperaturstabilität.»

Seit bald 150 Jahren werden Betontanks für die Weinlagerung in Keller eingebaut, meist innen und aussen beschichtet mit Email und später dann mit Kunstharz. Früher ging es hauptsächlich darum, den Wein vor Verdunstung, Schmutz, Licht, Gerüchen und Sauerstoff zu schützen. Heute wird auch unbeschichteter Beton verwendet, was den Laien erstaunen mag. Etliche Winzer sind jedoch von den Vorzügen unbeschichteter Betontanks überzeugt. So rühmt das Winzerpaar Angela und Werner Michlits vom österreichischen Weingut Meinklang die harmonische Reifung ihrer Weine in 600 Liter fassenden Betongefässen in Form eines Eies: «Die extrem feinen Luftporen im Beton ermöglichen, dass Sauerstoff in den Wein gelangt, sodass er atmend reift.» Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via schätzt am Betontank seine hohe Temperaturstabilität, also die hohe thermische Trägheit. Wenn der Most nach der alkoholischen Gärung nicht gleich abkühle wie in den Chromstahltanks, fördere dies die malolaktische Gärung (biologischer Säureabbau), die 20 Grad zum Starten benötigt. Zudem seien die Weine weniger reduktiv als im Stahltank (Sauerstoffmangel). Eine Studie der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau LWG Veitshöchheim hält dagegen fest: Beton birgt hygienische Probleme, eine Sauerstoffdiffusion findet nicht statt, Wein greift Beton an, dabei gehen Fremdstoffe in den Wein über. Dem wiederum wird von Befürwortern entgegnet, die Betonbehälter müssten vorab mit einer Art Weinsäurepaste behandelt werden.

Edelstahl – eine saubere Sache

Edelstahltank

Küchenchefs schwören auf Edelstahl. Und auch der Lebensmittelinspektor freut sich über die hygienischen, pflegeleichten Pfannen und Schüsseln in der Restaurantküche. In den Sechzigerjahren begann der Siegeszug des Edelstahltanks im Weinbau. Doppelwandige Edelstahltanks, bei denen warmes oder kaltes Wasser zwischen den zwei Wänden zirkuliert, verhindern Temperaturschwankungen. Auch Olivenölproduzenten haben die Vorzüge von Edelstahl entdeckt. Zuvor wurde das kostbare Öl oft in Kunststoffbehältern gelagert.

Edelstahl ist absolut luft- und wasserdicht. Es gelangt also kein Sauerstoff in den Wein, und dieser kann nicht verdunsten. Befürworter rühmen daher die neutrale Funktion von Edelstahltanks: Der Terroircharakter des Weines bleibt erhalten, seine Fruchtnoten werden nicht durch Sauerstoff oder fremde Holznoten verfälscht. Dafür riechen Weine im Edelstahltank rasch reduktiv, werfen Kritiker ein. Im luftdichten Behälter entwickeln sich insbesondere bei Rotwein rasch organisch-chemische Verbindungen wie Mercaptane und Sulfide, der Wein riecht muffig bis faulig, was sich aber durch anschliessende Belüftung beheben lässt. Ganz zentral ist bei der Wahl des Behältermaterials die Frage, ob es den Wein beeinflussen soll oder nicht. Edelstahl ist neutral, zumindest, was die geschmackliche Beeinflussung betrifft. Einige Biodynamiker meiden Metall, weil es wie ein faradayscher Käfig die kosmische Strahlung abschirme, die ihrer Ansicht nach für die Reifung des Weines wichtig sei.

Alles dreht sich ums Holz

Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique: «Struktur und Komplexität verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz.»
Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique:
«Struktur und Komplexität verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz.»

Holz als Material für Weinfässer hat bisher alle Neuerungen überdauert. Zwar gibt es kaum noch Holzfässer, die Jahrzehnte im Einsatz sind; allenfalls noch in Deutschland, Österreich, in der Toskana oder im Elsass. Doch jedes Jahr werden Tausende von neuen Barriques, Pièces, Fûts hergestellt, um Wein in aller Welt reifen zu lassen. Nur säurereiche Weissweine und einfache Rotweine werden in geschmacksneutralen Behältern ausgebaut. Je nach Region sind die Holzfässer unterschiedlich gross. So fasst ein Barrique (ursprünglich im Bordeaux verwendet) 225 Liter, eine burgundische Pièce 228 Liter, ein Fuder an der Mosel 1000 Liter und ein Stück vom Rhein 1200 Liter. Barrique war auch der Namensgeber der Barrikade, da die Fässchen während der Französischen Revolution 1830 mit Erde gefüllt als Strassensperren dienten.

Woher stammt der Mythos des Holzfasses? Wir kennen den Weingeniesser, der am Glas schnuppert und kennerhaft feststellt: «Feines Holz – Zedern, mit einer Spur Vanille.» Wohl noch nie hat jemand Beschreibungen wie «markante Betonnote» oder «elektrisierendes Metallaroma» gehört. Holz vermag dem Wein positive Eigenschaften zu verleihen, die auch riech- und schmeckbar sind: Aromen. So verwenden die Spanier häufig Barriques aus amerikanischer Eiche, da diese ein kräftiges Holzaroma mit einer süsslichen Vanillenote besitzt. Andere Holzaromen im Wein sind Schokolade, Tabak, Rauch, Kaffee, Karamell.

Die kleinen Eichenholzfässer trugen viel bei zum Welterfolg der grossen Weine aus Bordeaux und dem Burgund. Ebenso berühmt wie die Weine sind auch die französischen Küfereien. Wer etwas auf sich hält, wählt etwa Barriques von Seguin-Moreau oder Taransaud. Aber auch die Herkunft der Eichen ist prägend; geschätzt sind die französischen Regionen Limousin, Troçais oder Allier. Hier wachsen die Eichen langsam und sind deshalb besonders feinporig, also praktisch wasserdicht. In anderen Weinländern kommen aber auch Eichen aus Deutschland, Ungarn, Slowenien usw. zum Einsatz. Nicht zu vergessen: Eine Eiche muss mindestens 80 Jahre alt sein, bevor sie für die Herstellung von Barriques geeignet ist. Solche Holzfässchen sind teuer. Sie kosten je nach Marke und Herkunft gerne siebenhundert bis über Tausend Euro; bei 225 Litern Inhalt macht das rasch 3 Euro pro Flasche; zumal für gehobene Weine, die ausschliesslich in neuen Barriques ausgebaut wurden. Da erstaunt es nicht, dass findige Weinbauern auf die Idee kamen, statt Wein im Holz die Variante Holz im Wein zu wählen um fortan Holzstücklein (Chips) oder ganze Bretter (Staves) in den Wein zu legen.

Was kann das Barrique?

Die kleinen, neuen Eichenholzfässer bereichern den Wein mit Aromen und Tannin. Zudem findet durch die Holzwände ein minimaler Luftaustausch statt: Sauerstoff lässt den Wein harmonisch reifen, ergibt eine tiefere Farbe, einen sanfteren Geschmack und stabilere Weine. Andererseits verdunstet Wein durch das Holz: drei bis fünf Prozent im Jahr. Und es braucht Zeit: Manche Weine bleiben zwölf, achtzehn oder noch mehr Monate im Barrique: Die Holzaromen verbinden sich erst mit der Zeit mit den Weinaromen, zuvor bleiben sie penetrant eigenständig und wirken aufgesetzt.

Doch nicht jeder Wein wird im Barrique besser. Hervorragend eignen sich gehaltvolle Weine aus tanninreichen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Tempranillo, Nebbiolo – aber auch Chardonnay ist gut geeignet; schaden würde das Barrique jedoch dem subtilen Riesling. Aber auch geeignete Traubensorten können im Barrique vergewaltigt werden, wenn die Holzaromen überwiegen. Oft kommen deshalb ein-, zwei- und dreijährige Barriques zum Einsatz, und der Wein dieser Fässchen wird am Schluss gemischt. Ebenso prägt die Röstung das Weinaroma. Hierbei werden die Fässer vor der Vollendung über Feuer getoastet – schwach, mittel oder stark.

Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique: Wir haben einen Weisswein kreiert, der die Charakteristik des Bodens und der 40-jährigen Reben spiegelt. Struktur und Komplexität dieses Weines verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz, wo er atmen kann und mit dem Tannin des Holzes veredelt wird. In den letzten Jahren wurde übertrieben: Zu viele Weine riechen nach Holz – und lassen vielschichtigere Aromen vermissen. Das spricht jedoch nicht gegen das Holzfass, sondern höchstens gegen das neue Holz. Nach drei Jahren im Einsatz geben Barriques kaum mehr Aromen ab; dafür bleibt der minimale Sauerstoffaustausch bestehen. Dies ermöglicht die kontrollierte Entwicklung (Oxidation) des Weines: Er reift schneller als im Stahltank, wird aber alterungsfähiger. Immer mehr Spitzenwinzer arbeiten heute mit ein-, zwei- und dreijährigen Barriques. Nach Jahren der Übertreibung kehrt die Vernunft zurück.