Überflieger aus dem Languedoc

Das Paket aus der Corbières war unscheinbar. Eine Flasche Wein zur Bemusterung. Die Winzer unbekannt, das Muster nicht angefordert. Skeptisch öffneten wir in unserer internen Verkostungsrunde die Flasche – und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Ein Languedoc-Wein dieser Preisklasse von so grossartiger Eleganz, Balance und Finesse war uns bisher nicht untergekommen. Das war 2010.

Reben am Montagne d‘Alaric
Am Fuss des Montagne d‘Alaric wachsen alte, knorrige Buschreben auf Böden, die zu Abertausenden mit grossen Kalksteinen übersät sind. Kaum zu glauben, dass auf solchen Steinwüsten Spitzenweine wachsen können!

Arbeiten im Einklang mit der Natur

Als für Frankreich zuständiger Einkäufer vereinbarte ich kurz darauf einen Besuch auf der Domaine Lignères. Hier traf ich auf die beiden Brüder Jean und Paul Lignères und kam ein zweites Mal ins Staunen: Die beiden entpuppten sich nicht nur als leidenschaftliche Biowinzer, sondern, in einem zweiten Berufsleben, auch als Mediziner: Jean ist Dorfarzt in Moux, Paul Zahnarzt in Narbonne!

Engagiert für die Biodiversität: Mit einem Ornithologen installierten die beiden Winzer-Brüder rund 350 Nisthilfen für Meisen, Fliegenschnäpper, Steinkauze, Zwergohreulen und Fledermäuse.

Rasch wurde deutlich, welches Erfolgsrezept hinter den Weinen der Ärzte- und Winzerfamilie Lignères steckt: knorrige Buschreben in wilder Garrigue-Landschaft an geschützter Lage am Montagne d’Alaric, einheimische Traubensorten wie Carignan, Mourvèdre, Grenache und Syrah, kompromisslose Arbeit im Einklang mit der Natur, keine Tricks und unnötigen Eingriffe im Keller.

Gold für einen puristischen und authentischen Languedoc-Wein

Das etikettenlose Weinmuster, das wir in St. Gallen verkostet hatten, trug hier einen Namen: Roches d’Aric. Im Oktober 2011 schaffte es der Jahrgang 2009 in den DegustierService, das Weinabo von Delinat. Wir hatten damals nur wenige Weine mit einer solch puristischen Stilistik im Sortiment. Spontangärung, Reife im gebrauchten Holzfass, keine Schönung, keine Filtration und nur minimaler Schwefeleinsatz zur Stabilisierung zeichnen diesen Wein aus. Die Folgejahrgänge wurden rasch zu Publikumslieblingen. Der 2011er wurde am internationalen Weinwettbewerb Mundusvini BioFach 2015 gar mit «Grossem Gold» ausgezeichnet. Damit gehörte er zu den zehn besten Bioweinen Europas.

 

Familie Lignères (2. von links ist der Autor) hat allen Grund zum Feiern: Auch der neue Jahrgang Roches d’Aric wurde noch vor dem Verkaufsstart an der BioFach mit Gold ausgezeichnet.

Im Spätherbst ist der Roches d’Aric meist ausverkauft, so auch im letzten Jahr. Jetzt hat das Warten ein Ende: Der neue Jahrgang 2014 ist endlich eingetroffen. Die grossartige Qualität hat nicht nur mich, sondern erneut auch die Juroren des Weinwettbewerbes Mundusvini BioFach überzeugt: Im Dezember 2016 haben sie den 2014er mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

 

Emil Hauser
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