Imposanter Einblick ins Bio-Weinland Österreich

Österreich gilt als fortschrittlichstes Bio-Weinland Europas. Nirgends sonst ist der Anteil an biologischem Weinbau so hoch wie hier (mehr als 10 Prozent). So waren wir besonders gespannt auf diese Reise, die wir zusammen mit Delinat-Winzerberater Daniel Wyss zu den Weingütern Harm, Sepp Moser und Meinklang unternahmen.

Die Kundenberater mit Werner Michlits vor einem  Biodiversitäts-Hotspot im Weingut Meinklang (v.l. Kevin Benz, Paolo Mira, Werner Michlits, Naemi Ilg)
Die Kundenberater mit Werner Michlits vor einem Biodiversitäts-Hotspot im Weingut Meinklang (v.l. Kevin Benz, Paolo Mira, Werner Michlits, Naemi Ilg)

Weingut Harm

Was Dipl. Ing. Dr. rer. nat. Andreas Harm, Vater von drei schulpflichtigen Kindern und Winzer alles unter einen Hut bringt, ist bemerkenswert. Er repräsentiert die regionale Vereinigung biologischer Winzer, wirkt als Weinbauberater und führt verschiedene Forschungsarbeiten im Bereich des biologischen Weinbaus durch. Zur Hauptsache aber bewirtschaftet er mit grosser Leidenschaft mehrere kleine Weinbergsparzellen in der Wachau und im angrenzenden Kremstal. Andreas konzentriert sich dabei auf die beiden einheimischen weissen Paradesorten Riesling und Grüner Veltliner.

Paradeiser (Tomaten) als Sekundärkultur zwischen den Rebzeilen
Paradeiser (Tomaten) als Sekundärkultur zwischen den Rebzeilen

Besonders beeindruckt hat uns seine Toplage am Dürnsteiner Kellerberg. In Vergleich zu den Nachbarparzellen stechen seine terrassierten Steillagen mit einer prächtigen, artenreichen Begrünung heraus. Am Wachtberg, einer andern schönen Lage hoch über der Donau, begeisterten uns die vielen Tomatenstöcke, die zwischen den Rebzeilen wachsen und hocharomatische Paradeiser (wie Tomaten in Österreich genannt werden) liefern. Bei der Verkostung der Harm-Weine am Familientisch in Begleitung eines feinen Marillenkuchens wurde uns wieder einmal eindrücklich bewusst, zu welch herausragenden Weinen Winzer fähig sind, die draussen in Harmonie mit der Natur arbeiten und im Keller nach dem Motto «kontrollierter Minimalismus» vinifizieren.

Weingut Sepp Moser

Danach chauffierte uns Andreas Harm zur nächsten Station, dem keine 10 Kilometer entfernt gelegenen Weingut Sepp Moser im Kremstal. Hier werden wir von Winzer Niki Moser im prachtvollen Atriumhaus empfangen. Dieses liess sein Grossvater Lenz Moser, Begründer des bekannten Lenz-Moser-Erziehungssystems, in den 1950er-Jahre nach römischem Vorbild erbauen. Auf unserem Rundgang durch die artenreichen Weingärten wies uns Niki auf eine Wiese hin, in der Wermut wächst. Der Winzer stellt daraus ein natürliches Präparat her, mit dem er die Spinnmilbe bekämpft. Beeindruckt hat uns auf der Fahrt zu weiteren Weinbergen auch die längste Kellergasse Österreichs: Auf einer Länge von fast zwei Kilometern reihen sich eingebettet in eine Lössstrasse 71 Weinkeller, die heute als Heurigenbetriebe und als Verkostungslokale genutzt werden.

Wunderschön: Biodiversität im Weingut Sepp Moser
Wunderschön: Biodiversität im Weingut Sepp Moser

Für die Verkostung der Moser-Weine kehrten wir ins Atrium zurück. Die intakte Natur, der wir draussen in den Reben begegnet waren, kam uns hier in den schönsten Facetten auch aus dem Glas entgegen. Niki Moser bewirtschaftet auch im Burgenland in der Nähe des Neusiedlersees mehrere Rebparzellen. Auch diese flachen Weingärten besichtigten wir, bevor wir auf dem Weingut Meinklang Halt machten.

Weingut Meinklang

Bei der Familie Michlits beindruckte die grosszügige, moderne Kellerei. Angela und Werner Michlits legen Wert auf grosse Sauberkeit. Ihr «Heiligtum» ist ein sakral anmutender kleiner Keller. Eine stattliche Holztruhe ist das einzige Objekt im Raum. Darin lagern die biodynamischen Präparate, welche die Familie Michlits zusammen mit weiteren biodynamischen Winzern selber herstellt.

Weingut Meinklang: In dieser Truhe lagern die biodynamischen Präparate.
Weingut Meinklang: In dieser Truhe lagern die biodynamischen Präparate.

Eine echte Herausforderung stellen die vor drei Jahren angelegten Pflanzeninseln in der mit 11 Hektar grössten zusammenhängenden Rebfläche dar. «Wir haben zur Verbesserung der Biodiversität schon hunderte von Bäumen und Sträuchern angepflanzt. Leider gehen viele davon immer wieder ein», erklärte uns Werner. Aufgeben kommt für ihn aber nicht in Frage. Statt aber für viel Geld immer wieder neue Pflanzen zu setzen, will er künftig einfach das wachsen lassen, was von Natur aus kommt. Und so wird es halt etwas länger dauern, bis die ökologischen Hotspots diesen Weinberg zu einem einzigartigen Biotop machen.

Die Reise zu drei der fortschrittlichsten österreichischen Winzer im Bereich eines nachhaltigen Weinbaus war für uns sehr lehr- und aufschlussreich. Viele Erkenntnisse und Erfahrungen werden in eine kompetente Kundenberatung einfliessen. Ganz besonders beeindruckt hat uns, mit wie viel Herzblut und Können unsere Winzer bei der Sache sind.

Wachau – toter Boden wird lebendig

Erste Station unserer Österreichreise ist das noch weitgehend unbekannte Weingut der Familie Harm, das ich vor zwei Jahren in der Wachau entdeckt habe. Die beiden Brüder Andreas und Michael Harm konnten damals am Dürsteiner Kellerberg – einer Wachauer Riesling-Toplage – eine Parzelle übernehmen, die zuvor konventionell bewirtschaftet wurde. Die Umstellung auf biologischen Anbau dauert insgesamt drei Jahre.

Winzer Andreas Harm (links) mit dem Autor bei der Spatenprobe am Dürnsteiner Kellerberg.

Dramatischer Direktvergleich

Wir nutzen unsern Besuch, um zu sehen, wie sich der Boden nach zwei Jahren biologischer Bewirtschaftung verändert hat. Die Spatenprobe aus dem begrünten Rebberg zeigt eine schön poröse Erde, die dank feiner Durchwurzelung schon recht lebendig wirkt. Jedenfalls ist der Unterschied zur Probe aus der direkt daneben liegenden, konventionell bewirtschafteten Parzelle eklatant. Wie ein lebloser Zementblock ohne jede Wurzelstruktur zeigt sich das ausgehobene Stück Erde. Der Direktvergleich ist eindrücklich: Da ein Boden, in den langsam aber schon gut sichtbar neues Leben zurückkehrt, dort ein toter, stark verdichteter Erdblock, in den sich kaum je ein Regenwurm verirren dürfte.

Eklatanter Direktvergleich: Links lebendiger Boden nach Umstellung auf Bio; rechts konventioneller Boden direkt nebenan.

Reben wie nackte Zahnhälse

Die Harms sind eigentliche Umstellungsspezialisten. Insgesamt haben sie zu ihren eigenen Weingärten in den beiden letzten Jahren an verschiedenen Standorten 2,5 Hektar konventionell bewirtschaftete Rebflächen übernommen, die sie jetzt mit grossem Aufwand ebenfalls auf Bio umstellen. Andreas ist Agronom und Bodenspezialist. Er führt uns zu einer anderen Umstellungsparzelle, wo sich schon an der Oberfläche ein dramatisches Bild bietet.

Dramatische Erosion wegen fehlender Begrünung: der ganze humushaltige Oberboden ist weg.

Der ganze Oberboden eines Weingartens mit leichter Hanglage wurde im Verlauf der Jahre abgetragen, die einzelnen Rebstöcke ragen wie nackte Zahnhälse aus dem Boden. Es wird Jahre dauern, bis mit Hilfe von Kompost und einer Begrünung, welche die Erosionsgefahr bannt, die Humusschicht wieder aufgebaut ist.

Übrigens: Der Riesling Dürsteiner Kellerberg vom Weingut Harm ist ab Oktober erstmals im Delinat-Sortiment erhältlich. Freunde von trockenem Riesling mit knackiger Säure werden begeistert sein.

Alle Artikel der Österreichreise:
Tag 1: Wachau: Toter Boden wird lebendig
Tag 2: Wagram – Grüner Veltliner aus der Gruft
Tag 3: Der Charme von Wien und Biowein
Tag 4: Meinklang: Pflanzen-Inseln im Weinberg