Sein Vater hat in den 70er- und 80er-Jahren viele Millionen Liter billigen Offenwein ins Ausland exportiert. Doch diese Zeiten sind vorbei auf dem Delinat-Weingut Felline in Apulien, die Produktionsmengen um das Hundertfache reduziert. Seit Jahrzehnten schon setzt Winzer Gregory Perrucci konsequent auf Qualität und Nachhaltigkeit. Die Reben werden seit Jahren nach den Delinat-Bio-Richtlinien bewirtschaftet, inmitten von Oliven-, Mandel- und Fruchtbäumen. Zwischen den Rebzeilen wachsen wilde Kräuter und im Frühling blüht eine reiche Blumenvielfalt.
Mit finanzieller Unterstützung von Delinat wurde jetzt eine grosse Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Weinkellers installiert. Die süditalienische Sonne scheint oft und produziert so eine Menge Energie. Begeistert erzählt Gregory Perrucci von dieser erfolgreichen Investition, die neue Photovoltaik-Anlage kam gerade rechtzeitig: Auch in Süditalien sind die Energiepreise in den letzten Monaten enorm gestiegen. Da nun ein Grossteil des benötigten Stromes auf dem eigenen Dach produziert wird, kann das Delinat-Weingut hohe Kosten sparen und schont gleichzeitig die Umwelt.
800 Kilometer Küste mit zauberhaften Stränden, runde Steinhäuser mit Kegeldach (Trulli), knorrige Olivenbäume und Primitivo-Weine – das sind die Aushängeschilder von Apulien. Im Stiefelabsatz haben Weinbau und Küche, wie fast überall in Italien, eine grosse Bedeutung. Wobei die Weine in den vergangenen Jahrzehnten eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht haben. Primitivo – das war lange genau das, was der Name heute fälschlicherweise noch immer suggeriert: ein primitiver Massenwein.
Auch in Süditalien haben innovative und naturverbundene Winzer nämlich längst gemerkt, dass sich Klasse statt Masse lohnt. Zu ihnen gehören Gregory Perrucci und Salvatore Mero, die ihre Rebberge im Anbaugebiet Manduria zum Bioweingut Felline zusammengelegt haben. Die beiden arbeiten seit fast zwanzig Jahren im Geiste von Delinat und sind wesentlich mitverantwortlich dafür, dass Apulien vom Massenwein-Image weggekommen ist und heute mit grossartigen Qualitätsweinen aus intakter Natur brilliert.
Ich wünsche gute Lektüre bei unserer Reportage aus dem tiefen Süden Italiens.
Apulien ist schon seit den Phöniziern und Griechen als Stätte des Weinbaus bekannt. Die Region verfügt über eine grosse Auswahl an Rebsorten, darunter viele alteingesessene, andernorts fast unbekannte oder ausgestorbene Sorten. Die Rotweine machen in dieser Region rund 80 Prozent aus. Die besten Weine kommen von der Halbinsel Salento, dem Stiefelabsatz Italiens. Für eigenständige und charaktervolle Rotweine sorgen vorab zwei Sorten: Primitivo und Negroamaro.
Die ursprünglich aus Kroatien stammende Sorte Primitivo wird vor allem in Apulien angebaut. In Kalifornien ist sie unter dem Namen Zinfandel bekannt. Sie ergibt dunkle, kräftige und alkoholreiche Weine mit Aromen, die an dunkle Waldfrüchte, Zimt, Nelken und schwarzen Pfeffer erinnern. Primitivo wird sowohl reinsortig wie auch als Assemblage mit andern Sorten ausgebaut. Der Name leitet sich nicht etwa von «primitiv» ab, sondern vermutlich vom lateinischen «primativus» oder dem italienischen «prima». Beides deutet auf ein besonderes Wesensmerkmal der Rebsorte hin: Die Trauben reifen früh im Jahr.
Salvatore Meros Primitivo-Weine stehen für eine neue Qualität aus Apulien.
Ebenfalls als autochthone Sorte Apuliens gilt Negroamaro. Vermutlich haben die Griechen die Sorte bereits vor mehreren tausend Jahren nach Süditalien mitgebracht, belegt werden konnte das bisher freilich nicht. Negroamaro wird sortenrein oder als Assemblage in Kombination mit anderen Sorten ausgebaut. In der Regel sind Negroamaro farbkräftige, fruchtbetonte Weine, die jung getrunken werden. Es gibt aber auch im Holzfass gereifte Negroamaros, die einige Jahre gut reifen.
Weitere in Apulien verbreitete Rotweinsorten sind Malvasia Nera und Uva di Troia. Zu den beliebtesten Weissweinsorten zählen Bombino Bianco, Fiano, Falanghina und Verdeca. Gregory Perrucci und Salvatore Mero von der Azienda Felline sind auch vernarrt in zwei Raritäten: Ottavianello, die süditalienische Variante der französischen Sorte Cinsault, ist in Apulien bereits seit 200 Jahren bekannt. «Daraus einen spannenden Wein zu keltern, ist eine grosse Herausforderung», sagt Gregory Perrucci. Und die Rotweinrebe Susumaniello war praktisch ausgestorben, ehe sie neu entdeckt wurde. Beide Sorten werden auf Felline gefördert.