Albets robuste Baby-Reben wachsen heran

Vor über zehn Jahren haben sich der katalanische Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya und der Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Mithilfe neuer, klimaangepasster und pilzresistenter Rebsorten soll Spaniens Weinbau für die Zukunft fit gemacht werden. Die ersten neu gezüchteten Sorten sind auf der Zielgeraden und läuten eine neue Ära im ökologischen Weinbau ein.

Vater und Sohn im Weinberg.

«Probier, das ist dein Sohn!» Josep Maria Albet i Noya hält Valentin Blattner eine Weinflasche mit handgeschriebener Aufschrift hin und schenkt ihm ein. Mit «Sohn» meint er die darin enthaltene Traubensorte, die der Schweizer Rebenforscher vor einigen Jahren selbst gezüchtet hat und die nun erstmals vinifiziert wurde. Die Mutterpflanze ist eine autochthone spanische Sorte, die Vaterpflanze eine krankheitsresistente Sorte. Die erste Verkostung einer neuen Sorte ist jedes Mal ein spezieller Moment, denn von einer solchen Neuzüchtung existiert zu Beginn erst eine einzige Pflanze. Diese Flasche ist somit der erste Wein, der aus dieser neuen Sorte produziert wurde. Es ist das Resultat einer Mikrovinifikation, bei der geprüft wird, ob sich die Sorte für die Weinherstellung eignet und weiterverfolgt und vermehrt werden soll.

Langer Weg

Die Züchtung einer neuen Rebsorten benötigt viele Jahre.

Der Weg von der Züchtung einer neuen Sorte bis hin zum ersten Wein ist lang (siehe Artikel «Wie neue Rebsorten entstehen»). Die weiblichen Teile einer Rebenblüte werden von Hand bestäubt mit dem männlichen Pollen. Im Herbst werden die Trauben dieser manuell bestäubten Blüte geerntet; die Kerne der Beeren enthalten neue Genetik. Jeder neue Kern ist eine neue Rebsorte, da er genetische Eigenschaften enthält, die einzigartig sind. Bei herkömmlichen Rebsorten ist dies nicht der Fall: Die Reben sind Selbstbestäuber und werden rein vegetativ vermehrt, also geklont. Das ist der Grund, weshalb traditionelle Rebsorten krankheitsanfällig sind: Sie konnten sich genetisch nie an die wechselnden Klimabedingungen anpassen.

Herkömmliche Sorten robust machen

Das Ziel der Rebenzüchtung ist deshalb, eine wohlschmeckende Sorte mit einer krankheitsresistenten Sorte zu kreuzen, um das Beste aus beiden Sorten zu vereinen. Beim Projekt VRIAACC (resistente und autochthone Sorten, die dem Klima angepasst sind) kreuzen Valentin Blattner und Josep Maria autochthone spanische Sorten wie Xarel.lo, Parellada oder Macabeo mit Resistenzpartnern, um wohlschmeckende, krankheitsresistente «Söhne» zu erhalten. Im Idealfall werden so neue Sorten gezüchtet, die ausserdem gut mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen und auch in heissen Sommern eine frische Säure behalten – was leider bei den traditionellen Sorten mit den steigenden Temperaturen immer seltener ist.

Verzicht auf Gift im Rebberg

Mit der Rebenzüchtung wird also die Genetik der herkömmlichen Sorten neu gemischt und erweitert – um Sorten zu erhalten, die ohne grossen Pflanzenschutzaufwand interessante Weine hervorbringen und besser mit Wetterextremen zurechtkommen. Je höher die genetische Vielfalt, desto grösser die Chance für eine neue Sorte, sämtliche Ansprüche zu erfüllen. Deshalb wird auch Genetik aus amerikanischen und asiatischen Wildreben hinein gezüchtet; nur so halten die Neuzüchtungen sämtlichen Krankheiten stand. Das Ziel ist klar: Die neuen Sorten sollen es erlauben, auch in Zukunft Weine von höchster Qualität zu erzeugen, und dies ohne Hilfsstoffe und Tricks im Keller.

Erste Erfolge

Mikorvinifikation auf dem Weingut Albet i Noya

Bei der oben erwähnten Sorte war die Mikrovinifikation erfolgreich: Der erste Wein dieser Neuzüchtung überzeugte auf ganzer Linie und erinnerte geschmacklich etwas an die traditionelle Rebsorte Pinot Noir. Das ist nicht immer so, denn bei der ersten Vinifikation einer neuen Sorte kann viel schiefgehen: Erntezeitpunkt, Ausbau usw. müssen genau stimmen, und viele neu gezüchtete Sorten haben nicht das erwünschte Geschmackspotenzial. Entweder, weil die Sorte geschmacklich nicht überzeugt oder die Erfahrung zur Vinifizierung noch fehlt. Josep Maria vergleicht die Mikrovinifikation mit den Noten eines Musikstücks: «Man kann sich zwar ungefähr vorstellen, wie es klingt, aber es gibt unzählige Möglichkeiten, wie man es später spielt.»

Ein Video zur Mikrovinfikation von PIWI-Reben auf dem Weingut Albet i Noya sowie andere spannende Videos zum Thema robuste Rebsorten finden Sie auf www.weinbau-der-zukunft.com.

Olivier Geissbühler
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