Die Delinat-Winzerberater

Walter Fromm
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Walter Fromm, 1971 in Chur geboren, absolvierte eine Winzerlehre und studierte dann an der Hochschule in Wädenswil Önologie. Zwischen 1999 und 2015 führte er in der Toskana ein eigenes Bioweingut. Heute ist er Betriebsleiter auf dem Weingut seines Onkels Georg Fromm in Malans in der Bündner Herrschaft. In einem Teilzeitpensum arbeitet er seit 2016 als Delinat-Winzerberater für Italien und Österreich. Er wohnt mit seiner Familie in Maienfeld. Sein fundiertes önologisches Wissen und seine langjährige Praxis als Winzer machen ihn zu einem kompetenten Berater, der Zusammenhänge verständlich aufzeigen und praktikable Lösungen vorschlagen kann.

Antoine Kaufmann
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Antoine Kaufmann, 1964 in Basel geboren, sammelte nach einer Winzerlehre Berufserfahrung im Veneto, im Napa Valley und in Australien. 1992 schloss er in Changins bei Nyon die Ecole supérieure de viticulture et d’oenologie ab. Danach arbeitete er auf Weingütern in der Toskana, in der Provence und in Genf. 1998 wurde er Betriebsleiter auf dem Delinat-eigenen Weingut Château Duvivier in der Provence. 2016 kehrte er mit seiner Frau Irene in die Region Basel zurück. Neu ist er in einem Teilpensum als Delinat-Winzerberater für Frankreich tätig. Die langjährigen Erfahrungen als Betriebsleiter von Château Duvivier machen Antoine Kaufmann zu einem ausgewiesenen Spezialisten für Weinbau nach der Delinat-Methode.

Rolf Kaufmann
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Rolf Kaufmann, 1943 in Zürich geboren, lebt seit 1977 im Tessin, wo er bis 2008 ein eigenes Bioweingut betrieb. Nebenher arbeitete er als freier Mitarbeiter für das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Vier Jahre präsidierte er die Fachkommission Weinbau Bio-Suisse, vier Jahre lang war er Präsident von BioTicino. Von 2009 bis 2015 war er für Delinat als Winzerberater in Italien und Frankreich tätig und arbeitete an den Delinat-Richtlinien mit. Altershalber ist Rolf Kaufmann 2016 kürzergetreten. In der Entwicklung der Delinat-Richtlinien gibt es keinen Erfahreneren als Rolf Kaufmann. Er weiss, was machbar sein könnte, welche Winzer konsultiert werden müssen und wie eine Entscheidung in Worte zu fassen ist. Er steht Delinat weiterhin für spezielle Beratungs- und Richtlinienaufgaben zur Verfügung.

Daniel Wyss
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Daniel Wyss, 1966 geboren, französisch-schweizerischer Doppelbürger, lebt mit seiner Familie in Arlesheim BL. Als gelernter Landwirt und Landschaftsarchitekt HTL war er unter anderem als Kompostberater, Landschaftsplaner beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL sowie als Kontrolleur für die Zertifizierung von biologisch bewirtschafteten Betrieben tätig. Seit 2002 arbeitet er bei Delinat, seit 2009 als Winzerberater. Zurzeit betreut er die Winzer in Spanien, Portugal, Deutschland und der Schweiz. Zusätzlich ist er Ausbildner für Inspektoren, Organisator und Referent bei Delinat-Winzerseminaren, Mitautor der Delinat-Richtlinien und Fachreferent für Delinat-Kunden. Im Gegensatz zu den andern Beratern ist Daniel Wyss ein Quereinsteiger im Weinbau und sieht die Dinge daher oft aus einem anderen Blickwinkel. Seine Erfahrung als Kontrolleur bei bio.inspecta ist äusserst wertvoll für die Winzerberatung.

Erfahren Sie mehr über die Tätigkeiten unserer Winzerberater im Artikel «Delinat-Consulting: Unterwegs mit dem Winzerberater».

«Bei der Biodiversität gab es die grössten Fortschritte»

Rolf Kaufmann, wie wichtig ist der Wissenstransfer vom forschenden Delinat-Institut zum praktischen Weinbau bei den Winzern?
Rolf Kaufmann:
Die ständige Weiterentwicklung des ökologischen Weinbaukonzepts durch das Delinat-Institut bringt den Winzern wichtige Impulse. Umgekehrt fördert der Informationsrückfluss vonseiten der Winzer die praxisgerechte Anpassung der Forschungsprojekte. Ebenso wichtig ist der Erfahrungsaustausch unter den Winzern. Auch da können wir über Sprachbarrieren hinweg behilflich sein.

«Ich stelle eine hohe Motivation fest»

Wissenstransfer via Winzerberater

Das Delinat-Institut unter der Leitung von Hans-Peter Schmidt unterstützt Winzer in ganz Europa durch ein umfassendes Beratungspaket bei der Umsetzung der strengen Delinat- Richtlinien. Neben jährlichen Seminaren, an denen die Winzer in den jeweiligen Ländern auf den neuesten Stand der Weinbau- und Ökologieforschung gebracht werden, besuchen die Winzerberater Rolf Kaufmann und Daniel Wyss die Weingüter mindestens einmal im Jahr. Schwerpunkt im Weinbau ist die Verbesserung der Biodiversität mit den Themen Begrünung, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und ökologische Hotspots. Bei der Weinbereitung stehen Themen wie alkoholische Gärung, biologischer Säureabbau, Einsatz von SO2 und anderen kellertechnischen Hilfsstoffen im Vordergrund.

Die Delinat-Richtlinien gelten nicht nur als die strengsten Europas. Sie setzen auch neue Massstäbe für eine gesamtökologische Anbauform. Wie motiviert sind die Winzer, diese zu erfüllen?
Für viele Winzer sind diese Richtlinien eine Herausforderung, die sie an ihrem Ehrgeiz packt. Andererseits ist das in die Richtlinien eingebaute weinbautechnische Know-how sehr gross und bietet den meisten Betriebsleitern wertvolle Anregungen zur Verbesserung ihres Weinbaus. Ich stelle eine hohe Motivation fest, die durch die Erfolge stetig weiterwächst.

Im heissen Süden macht den Winzern nicht selten Trockenstress zu schaffen. Ist es in solchen Regionen sinnvoll, eine ganzjährige Begrünung der Weinberge zu fordern?
Wir sprechen nicht mehr von Begrünung, sondern von vegetativer Bodenbedeckung, die möglichst flächendeckend und möglichst lange Zeit im Jahr im Weinberg vorhanden sein soll. Es geht darum, durch viele Pflanzenarten die biologische Vielfalt im Boden innerhalb des Jahreszyklus möglichst lange aktiv zu erhalten. Wenn die Sommertrockenheit in Sizilien die Begrünung eintrocknen lässt, sieht das nicht mehr grün aus, doch haben wir damit die biologische Aktivität im Wurzelraum auf das mögliche Maximum ausgedehnt.

Das ist schön und gut. Aber wenn den Reben zu wenig Wasser bleibt, bekommen sie Stress und gedeihen nicht mehr richtig…
Um Trockenstress zu vermeiden, hat der Winzer die Möglichkeit, schon frühzeitig, das heisst zu Beginn der Trockenperiode im Mai, die vegetative Bodenbedeckung durch eine oberflächliche Bodenbearbeitung zu reduzieren. Dieser Eingriff beschränkt die Wasserverdunstung aus dem Boden auf ein Minimum. Den Rebstöcken wird so das Überdauern in der heissen Zeit ohne Stress ermöglicht.

«Diese Fortschritte werden am Markt noch nicht wahrgenommen.»
«Diese Fortschritte werden am Markt noch nicht wahrgenommen.»

Die Delinat-Richtlinien lassen nur einen minimalen Einsatz an biologischen Spritzmitteln wie Kupfer- und Schwefellösungen gegen Pilzkrankheiten zu. Was raten Sie jenen Winzern, die in schwierigen Jahren wie diesem nicht die halbe Ernte aufs Spiel setzen wollen?
Es kann nicht die Rede sein davon, dass die halbe Ernte auf dem Spiel steht! Wäre das so, wäre der biologische Weinbau nicht zum Erfolgsmodell geworden, das er heute darstellt. Die Winzer haben in den letzten Jahren gelernt, durch Beobachtung, Mittelwahl und verbesserte Applikationstechniken mit sehr tiefen Kupfermengen oder natürlichen Ersatzmitteln auszukommen.

Was haben die Winzer in den letzten Jahren konkret unternommen, um die Biodiversität in ihren Weinbergen zu verbessern?
Das Spektrum der getroffenen Massnahmen spiegelt die Empfehlungen der Richtlinien. Spontane oder eingesäte Begrünung wurde gezielt gefördert; Blühstreifen, Hecken und biologische Hotspots wurden angelegt; Bäume wurden gepflanzt; temporäre oder permanente Sekundärkulturen wurden in die Weinberge integriert; Schafe, Ziegen, Kühe, Hühner haben im Winterhalbjahr Auslauf in den Reben; Bienenkästen und Insektenhotels wurden aufgestellt.

Ihre Beratungen zielen nicht nur auf den Weinberg, sondern auch auf die Weinbereitung im Keller. Wo liegen die Schwerpunkte?
Spontangärung mit Naturhefen ist ein Thema. Viele Winzer vergären ihre Trauben seit eh und je auf diese Weise. Andere haben im Trend der modernen Önologie auf Reinzuchthefen umgestellt. Diese Betriebe tasten sich heute schrittweise wieder an die alte natürliche Technik heran. Praktisch ausnahmslos machen sie die Erfahrung, dass die spontan vergorenen Weine an Ausdruck und Jahrgangstypizität gewinnen. Ein wichtiges Thema ist auch der zurückhaltende Einsatz von oder der Verzicht auf Schwefel (SO2) zur Haltbarmachung der Weine. Es gibt Betriebe, die seit Jahren erfolgreich Weinbereitung ganz ohne schweflige Säure betreiben. Die Hindernisse sind weniger technischer Natur, es ist vielmehr die Abweichung vom gewohnten Geschmacksbild des ohne SO2 vinifizierten Produkts, woran auch die Kunden erst gewöhnt werden müssen. Ein weiteres Element der Unsicherheit ist die Langlebigkeit der so hergestellten Weine.

Sie sind bereits vier Jahre für Delinat als Winzerberater unterwegs. Wie hat sich die Situation auf den Weingütern innerhalb der letzten Jahre verändert? Gibt es auch Rückschläge?
Die ersten zwei Jahre waren geprägt einerseits vom Enthusiasmus eines neuen Aufbruchs, andererseits von der Unsicherheit, ob die gesteckten Ziele erreichbar seien. Die wachsende Erfahrung und die sichtbaren Erfolge führten dann zu einer Dynamik, welche die Winzer mit ihren eigenen Innovationen immer weiter ankurbeln. Natürlich gab es auch Rückschläge. Einsaaten funktionierten nicht, empfohlene Spritzmittel waren wegen nationaler Gesetzgebungen nicht erlaubt, Fehlinterpretationen der Richtlinien oder mangelnde Rückfragen führten zu Missverständnissen. Die Probleme betrafen meist einzelne Betriebe und liessen sich beheben. Hier kam der Nutzen der Beratung voll zum Tragen.

Führen Ihre Beratungsbesuche auch dazu, dass gewisse Delinat-Richtlinien geändert werden müssen, weil sie sich in der Praxis als untauglich oder zumindest als nicht ideal erweisen?
Das ist in den letzten vier Jahren seit der Einführung der neuen Richtlinien immer wieder der Fall gewesen. Es ist Teil der Arbeit des Beraterteams am Institut, unklar formulierte oder praxisferne Punkte in den Richtlinien auszumerzen, Lücken zu füllen oder einzelne Bestimmungen neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Rückmeldungen aus der Praxis der Betriebe sind dabei von höchster Wichtigkeit.

In welchen Bereichen orten Sie die grössten Fortschritte im Sinne der Delinat-Philosophie, wo die grössten Probleme?
Die grössten Fortschritte sind im Bereich der Biodiversität, der vegetativen Bodenbedeckung und beim Pflanzenschutz gemacht worden. Darin spiegeln sich Entwicklungen in der Mentalität der Winzer, die begonnen haben, ihren Weinberg und ihre Arbeit als organisches Ganzes zu sehen. Das grösste Problem besteht vielleicht darin, dass diese Fortschritte am Markt noch nicht wahrgenommen werden und die Arbeit der Winzer deshalb nicht richtig honoriert wird. Es wird noch zu wenig Wein gekauft, der wirklich höchste ökologische Ansprüche erfüllt.

Die Delinat-Richtlinien

Die Delinat-Richtlinien gehen weit über andere Biorichtlinien (eu, Bio Suisse, Demeter) hinaus. Neben einem Verbot von chemischsynthetischen Pflanzenschutzmitteln, von Kunstdüngereinsatz und Gentechnologie verlangen die Delinat-Richtlinien beispielsweise als einzige verpflichtend eine Förderung der Biodiversität. Die Verwendung von Kupfer und Schwefel zur Krankheitsbekämpfung im Weinberg ist vergleichsweise stark limitiert. Im Keller dürfen Hilfsstoffe nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Die Delinat-Richtlinien 2010 wurden vom wwf Schweiz und von der Stiftung für Konsumentenschutz mit dem Prädiktat «sehr empfehlenswert» ausgezeichnet. Sie basieren auf einem Modell mit drei Qualitätsstufen, das den Weingütern eine sukzessive Weiterentwicklung bis auf Stufe 3 ermöglicht. Schon Stufe 1 verlangt aber viel mehr als EU-Bio.
Mehr Infos unter www.delinat.com/richtlinien