Vielfalt weit über den Weinberg hinaus

Die Delinat-Richtlinien verlangen eine gezielte Förderung der Biodiversität. Partnerweingüter in ganz Europa haben sich eine möglichst grosse Artenvielfalt in ihren Rebbergen zum Ziel gesetzt. In loser Folge stellen wir Betriebe mit ausserordentlicher Biodiversität vor. Diesmal das Weingut Meinklang von Angela und Werner Michlits im Burgenland (Österreich).

Solche Pflanzeninseln mit Königskerzen, Wicken, Minzen, wilden Möhren und vielen anderen Pflanzen sorgen für eine bunte Vielfalt in den Meinklang-Weingärten.
Solche Pflanzeninseln mit Königskerzen, Wicken, Minzen, wilden Möhren und vielen anderen Pflanzen sorgen für eine bunte Vielfalt in den Meinklang-Weingärten.

Angela und Werner MichlitsBurgenland, hart an der Grenze zu Ungarn: Hier erstrecken sich die ausgedehnten Rebgärten des Weinguts Meinklang in der flachen Ebene des Seewinkels. Geprägt wird diese Landschaft zwischen dem Neusiedlersee und dem Hanság, einem Feuchtgebiet mit vielen seltenen Vogelarten, von einem grosszügigen Nationalpark und über 40 Salzlaken – salzhaltige Gewässer, die im Wechsel der Jahreszeiten zwischen 70 Zentimeter Tiefe und völliger Austrocknung variieren.

In der Vergangenheit sind viele Bäume und Hecken verschwunden, und so wirkt die flache Landschaft optisch etwas ausgeräumt und monoton. Bäume und Sträucher sind in dieser steppenartigen Landschaft aber wichtige Strukturelemente, die Insekten und anderen Tieren wertvolle Lebensräume bieten. Das Winzerpaar Angela und Werner Michlits unternimmt viel, um die Artenvielfalt zu fördern. Insgesamt wurden in den letzten drei Jahren 400 Bäume und 1000 Sträucher angepflanzt. Ein grosser Teil davon in Pflanzeninseln, die als ökologische Hotspots mitten in grossflächigen Weinbergen für Abwechslung sorgen.

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Ein Pfirsichbaum, den Werner Michlits mitten in den Weinberg gepflanzt hat.

Leider mussten immer wieder Rückschläge hingenommen werden. Wegen des kargen Bodens und extremer Sommerhitze ging ein Grossteil der Bäume und Sträucher ein, bevor sie richtig angewachsen waren. Die ökologischen Hotspots entwickeln sich so nur ganz langsam und werten die Biodiversität erst langfristig richtig auf.

Vorbildlicher Mischbetrieb

Neben Reben spielen Tiere eine wichtige Rolle auf dem Hof: Lukas Michlits mit Aubrac-Rindern
Neben Reben spielen Tiere eine wichtige Rolle auf dem Hof: Lukas Michlits mit
Aubrac-Rindern

Was bei Meinklang aber besonders wertvoll ist, ist die enorme Vielfalt am Hof. Es handelt sich um einen gemischtwirtschaftlichen Demeter-Hof, der durchwegs nach biodynamischen Kriterien geführt wird. Neben dem Weinbau sorgen Ackerbau, Obstbau und Tierhaltung (Angus und Aubrac-Rinder, Mangalizza-Schweine, Schafe, Hühner, Bienen) für einen geschlossenen Kreislauf, aus dem sich die Grossfamilie, in der heute drei Generationen zusammenleben, selber versorgen kann. Alle biodynamischen Präparate werden selber hergestellt. Gleiches gilt für den Kompost aus Rindermist, der im Wein-, Getreide- und Obstbau zum Einsatz kommt.

Aus dem Mist der Rinder wird Kompost, der im Wein- und im Getreidebau zum Einsatz kommt.
Aus dem Mist der Rinder wird Kompost, der im Wein- und im Getreidebau zum Einsatz kommt.

Die Familie Michlits engagiert sich auch stark für die Waldorfschule in ihrem Wohnort Pamhagen. Sie stellte als Schulraum ein Hofgebäude, eine Scheune und den Garten zur Verfügung. Kinder aus Österreich und Ungarn werden in dieser Schule schon früh mit einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und einer gesunden Ernährung vertraut gemacht. Alles in allem: Biodiversität, die weit über die Weinberge hinausgeht.

Ausg ’steckt in Österreich

Reiseleiter Martin Schäppi
Reiseleiter Martin Schäppi

Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Lust- und genussvoll Regionen entdecken, wo Winzer im Einklang mit der Natur wirken. Terroir nicht nur im Glas, sondern Terroir total – Wein und Kultur mit allen Sinnen erleben. Delinat-Reiseleiter Martin Schäppi öffnet sein Tagebuch, das er auf der Österreich-Reise vom 25. bis 29. August 2013 geführt hat.

Anreise, 24. August

wien-zugFür letzte Vorbereitungen reise ich einen Tag früher als meine Gäste nach Wien. Mit 200 Sachen flitzt Österreich am Zugfenster vorbei. Auspannen, etwas lesen und die letzten Mails abrufen.

Es regnet. Mist, die Bodenprobe bei Andreas Harm, ist das machbar? In Gedanken spiele ich das Worst-Case-Szenario durch: Regen ohne Ende, Wind, schlecht ausgerüstete Gäste … Nein, Delinat-Kunden sind allwettertauglich. Mache ich mir zu viele Sorgen? Meine Augen fallen zu – bis sich Wien langsam vor dem Zugfenster ausbreitet. «Grüess Gott, Herr Schäppi», empfängt mich der Receptionist im Boutique Hotel am Stadtgarten.

Schnitzel
Dem Charme (und dem Schnitzel) von Wien kann man sich nicht entziehen…

Tag 1, 25. August

Es giesst noch immer! «Passt scho», mailen mir die Winzer Andreas Harm und Niki Moser beruhigend: «Keine Sorge, wir sind für alle Wetterkapriolen gewappnet.» Mit dem Zug gehts nach Melk. Der Ort, als «Tor zur Wachau» bekannt, wird gerade saniert. Das Donau-Hochwasser hat grosse Schäden hinterlassen.

Stiftung Melk im Barock Stil
Mehr Barock geht nicht: Stift Melk

Im Hotel angekommen, steigt meine Anspannung. Wer sind die Gäste? Wie ist die Stimmung? Wie die Erwartungshaltung? Die ersten Gäste treffen ein – beim Apéro bricht das Eis. Wein verbindet! Bis zum Stadtrundgang ist entspannte Ferienlaune ausgebrochen. Sogar der Regen hat gestoppt.

Tag 2, 26.August

Mit dem MS Wachau auf der Donau. Die Landschaft zieht an uns vorbei, grandios. Das kleine Apéro-Picknick kommt gut an, auch wenn «Bio» bei der Bordgastronomie ein Fremdwort ist. Immerhin sind mehrere gute regionale Weine auf der Karte. Wie vereinbart, winkt uns Winzer Andreas Harm vom Schiffsteg in Dürnstein. Wir legen an. Der Spaziergang zur Wachauer Toplage Dürnsteiner Kellerberg ist gut machbar. Auch hier hat das Donau-Hochwasser Spuren hinterlassen. Krönender Abschluss des Tages ist das Abendessen in Harms Heurigen: Ausg’steckt is – die ganzen Familie (drei Generationen!) hat den vollen Tag in der Küche gearbeitet. Toll, die Gäste wissen es zu würdigen.

Tag 3, 27. August

Winzer Niki Moser und Käser Robert Paget präsentieren ihre mit Herzblut gefertigten Produkte – zwei Querköpfe fordern sich gegenseitig heraus. Das Resultat: ein äusserst unterhaltsames, schmackhaftes Mittagessen. Die beiden Genusshandwerker werden wir auch auf der Reise 2014 wieder treffen.

Reiseleiter Martin Schäppi
Reiseleiter Martin Schäppi vor dem Gasthaus zur Dankbarkeit.

Abendessen im Gasthof zur Dankbarkeit. Der Wirt, Josef Lentsch, ein Teufelskerl! Im Vorfeld der Reise ist er kaum ans Telefon zu kriegen. Kaum eine Antwort auf Mails. Umso genialer der Abend in seiner Gaststube. Was auf den Teller kommt, ist perfekt: saisonal, regional, hervorragend zubereitet. Dazu kompetenter, engagierter und vifer Service.

Tag 4, 28. August

Mist, trotz Navi die Abkürzung verpasst. Meinklang-Winzer Werner Michlits wirkt leicht angespannt. 15 Minuten unnötiges Warten – mitten in der Erntezeit. Er hätte Gescheiteres zu tun gehabt. Doch die Gäste lässt er das nicht spüren. Charmant und mitreissend führt er uns durch Reben und Keller.

Weinkeller bei Meinklang
Einblick in die Geheimnisse der Biodynamie bei Meinklang.

Und dann über die nahe Grenze nach Ungarn zur Angus-Rinderherde. Ein zweites Meinklang-Standbein. Wow, die alte Kolchose ist eine Grossbaustelle. Nicht nur ich bin beeindruckt. Noch eine Premiere heute: Abendessen im «Hofgassl» in Rust am Neusiedlersee. Eindrücklich für Auge und Gaumen, was da auf den Teller kommt! Leider ist es im stilechten Gewölbekeller ziemlich laut – die Zechbrüder von nebenan lassen grüssen. Susanne Pilz gelobt, uns für 2014 Sonnenschein und einen Platz im ruhigen Garten zu organisieren. Ja, etwas mehr Sonne, das wärs!

Tag 5, 29. August

Heute erwartet uns wieder eine Premiere – Eduard Tescheppe vom Weingut Oggau. Schon die Rekognoszierung im letzten Sommer mit Delinat-Einkäufer Emil Hauser war vielversprechend. Den schönsten Weinberg müssen wir diesmal zwar auslassen, weil die regengetränkten, tiefen Flurwege für unseren Bus unpassierbar sind. Das Mittagessen, ein Fest für Auge und Gaumen, entschädigt für alles. Mit der Rückfahrt und dem Verabschieden der Gäste ist der «sichtbare» Auftrag des Reiseleiters abgeschlossen. Zufriedene und glückliche Gesichter rundum bestätigen meinen Eindruck : Trotz ab und zu Regen haben wir in bester Gesellschaft erlebnisreiche und eindrückliche Tage verbracht.

Abreise, 30. August

Eitler Sonnenschein in Wien! Die Gäste sind weg. Schön, einen Tag lang entspannt durch Wien zu schlendern. Neue Restaurants entdecken, auch Tiefschläge wegstecken. Das Abendessen heute ist eine glatte Enttäuschung. Zum Glück bin ich alleine unterwegs. Dann: ab nach Hause. Akribische Nachbearbeitung der Reise im Zug von Wien nach Zürich – unterwegs mit 200 Sachen.

Kommen Sie mit auf die nächste Weinreise Österreich vom 9. bis 14. Juni 2015 oder auf eine andere Delinat-Weinreise: www.delinat.com/weinreisen