Der ideale Erntezeitpunkt

Der ideale Erntezeitpunkt für Weintrauben hängt von vielen Faktoren ab. Etwa vom gewünschten Wein, der daraus gekeltert werden soll. Aber auch vom Gesundheitszustand der Trauben und vom Wetter. Gehen wir von idealen Bedingungen aus, ist die physiologische Reife der Trauben ausschlaggebend für den optimalen Lesezeitpunkt.

Der Begriff der physiologischen Reife entstand in den 1990er-Jahren. Bis dahin ermittelte man den idealen Erntezeitpunkt aufgrund des gebildeten Zuckers, manchmal auch im Zusammenhang mit dem Säuregehalt der Trauben. Vor allem bei Rotweinen galt der Alkohol als Qualitätsmerkmal – je mehr, desto besser! Die physiologische Reife umfasst aber mehr Kriterien als das Mostgewicht (Öchslegrade), den pH-Wert und den Säuregehalt der Trauben. Es geht auch um die aromatische und – bei Rotweinen – um die phenolische Reife. Dabei werden Zustand bzw. Färbung der Beerenhaut, Elastizität des Fruchtfleischs, Reife der Traubenkerne und Beerengeschmack berücksichtigt. Der ideale Zeitpunkt ist dann gegeben, wenn möglichst viele dieser Kriterien den optimalen Zustand erreicht haben, was sich dann im Gesamtextrakt eines Weines widerspiegelt.

Der ideale Erntezeitpunkt für Weintrauben hängt von vielen Faktoren ab.

Bis es so weit ist, dauert es ab der Blüte der Rebe rund 100 Tage. Die Hauptbestandteile der Traubenbeere sind Glucose, Fructose sowie Wein- und Apfelsäure. Die Konzentration der Säuren steigt mit Beginn des Beerenwachstums zunächst stetig an, bis ein von der Sorte abhängiges Maximum erreicht ist. Dieses Maximum bleibt eine kurze Zeit konstant, dann beginnen etwa gleichzeitig die Synthese des Zuckers und die Abnahme des Säuregehalts. Diesen Zeitpunkt nennt man Reifebeginn. Jetzt setzt auch die Färbung der Rotweintrauben ein (Farbumschlag). Der Zucker wird durch Photosynthese in den Weinblättern gebildet und in die Trauben transportiert. Solange die Pflanze Photosynthese betreiben kann, ist sie in der Lage, Zucker zu bilden. In der Reifephase im Herbst beginnt die Rebe, mit der Energie aus dem Zucker die sortentypischen Inhaltsstoffe (Aroma- und Farbstoffe) in der Beere zu synthetisieren. So kann es sein, dass der Zuckergehalt nicht mehr steigt, aber die Entwicklung der Aroma-, Farb- und Gerbstoffe noch andauert. Wird zu früh geerntet, so können die Tannine in einem Rotwein grün und unreif wirken, auch wenn die Trauben bei maximaler Zuckerreife geerntet wurden.

Der Winzer ermittelt die physiologische Reife der Trauben wie folgt:

Optische Prüfung: Gleichmässige Verfärbungen der Trauben sind ein Zeichen der Reife; grüne Beeren deuten auf Unreife hin.
Zerdrücken der Beeren: In unreifen Trauben kleben die Kerne am Fruchtfleisch, bei reifen Trauben sind die Kerne braun, verholzt und lassen sich leicht vom Fruchtfleisch trennen.
Gustatorische Prüfung: Riechen und Kauen der Trauben geben dem Winzer wichtige Anhaltspunkte für die optimale physiologische Reife.
Stielgerüst: Ein braunes, verholztes Stielgerüst ist bei Rotweinsorten ein Anzeichen für eine gute Reife.

Hier finden Sie alle Beiträge der WeinLese 63: