Ein Hoch auf die Einheimischen

Nur einen Steinwurf weit von Casa de Mouraz, dem Weingut von António Lopes Ribeiro und Sara Dionísio, liegt das kleine Nest Tourigo mitten im Dão-Gebiet. Es teilt das Schicksal unzähliger ländlicher Orte auf der ganzen Welt: Die Leute ziehen weg in der Hoffnung auf Arbeitund ein besseres Leben in der Stadt. Dem 500-Seelen-Dorf kommt eine historische Bedeutung im Weinbau zu. Tourigo reklamiert den Ursprung für Portugals Paradetraube Touriga Nacional für sich – auch wenn diese unbestrittenermassen wegen der berühmten Portweine aus dem Douro-Tal zu Weltruhm gelangt ist.

Das Winzerpaar António Lopes Ribeiro und Sara Dionísio auf einer geschälten Korkeiche.
Das Winzerpaar António Lopes Ribeiro und Sara Dionísio auf einer geschälten Korkeiche.

«Die Sorte hiess früher schlicht Tourigo, sie wurde hier entdeckt», erzählt uns António Lopes Ribeiro beim Spaziergang durch die engen Gassen und Strassen, an deren Rand in offen geführten Rinnen kristallklares Wasser dahinsprudelt. Mit dem Wegzug vieler Einheimischer hat sich aus Tourigo auch der Weinbau weitgehend verabschiedet. Wo einst knorrige alte Rebstöcke standen, gedeiht heute leichter zu bewirtschaftender Mais. Landschaftlich ist der Ort gleichwohl ein Juwel geblieben. Umgeben von herrlich duftenden Eukalyptusbäumen sonnen sich zwischen den Häusern üppige Gemüsegärten. Einzelne alte Rebstöcke, Oliven- und Orangenbäume, sorgen für bunte Vielfalt. Auf unserem Spaziergang stossen wir erstaunlicherweise auf moderne Sportanlagen mit Tennisplätzen, Fussballfeld und neuem Schwimmbad. An einer schönen Hanglage wurde sogar ein neuer Rebberg angebaut. «Das sind Versuche, die Abwanderung zu stoppen. Leider kommen die Massnahmen wohl zu spät», sagt Sara Dionísio. Immerhin: Noch lebt das Dorf. Diesen Eindruck vermittelt unsere Einkehr im Café-Restaurant Bom Sucesso, wo an diesem heissen Sonntagnachmittag fast alle Tische im dunklen, kühlen Innern von kartenspielenden Senioren besetzt sind. Die Stimmung ist ausgelassen – es wird rege diskutiert, gestikuliert, gelacht und auf den Tisch geklopft. Doch für António ist klar: «Die Alteingesessenen, die Einheimischen, sterben nach und nach weg, und da es kaum Neuansiedler gibt, werden solche Landdörfer früher oder später zu Geisterdörfern.»

kurzinfoHeute werden bekannte Trauben wie Cabernet, Merlot, Chardonnay und Co. weltweit angepflanzt. Dabei verdrängen sie alteingesessene Sorten, sogenannt autochthone Reben. In diesem Beitrag stellt die Weinlese heimische Sorten mit grosser Aromenvielfalt vor.

Zuwanderungsstopp im Weinberg

Findling im Weinberg von Casa de Mouraz
Findling im Weinberg von Casa de Mouraz

Durch die Weinberge Portugals geisterte in der jüngeren Vergangenheit ein ähnliches Phänomen, allerdings fehlte es hier nicht an Zuwanderern. Einheimische, autochthone rote Sorten wie Touriga Nacional, Alicante Bouschet, Touriga Franca oder die weissen Alvarinho, Loureira & Co. drohten landauf, landab von bekannten internationalen Varietäten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Sauvignon Blanc oder Chardonnay verdrängt zu werden.

António und Sara stiegen nie auf diesen Zug auf. Sie keltern alle ihre Weine seit eh und je aus Portugals eigenem, dem weltweit grössten Traubenschatz. Über 500 Sorten reich soll er sein. «Für uns ist bei einem Wein zentral, dass er durch seine Komplexität und Authentizität das Terroir und die Kultur seiner Region wahrhaftig zum Ausdruck bringt», erklärt das Winzerpaar. António: «Die autochthonen Sorten haben sich über Generationen behauptet und sich den jeweiligen Standorten und Terroirs am besten angepasst. Sie sind Teil der ursprünglichen Biodiversität und liefern die authentischsten Weine.»

Dão: Touriga Nacional – die starke Wilde

Touriga Nacional, Portugals Paradetraube
Touriga Nacional, Portugals Paradetraube

Auf dem eigenen Weingut Casa de Mouraz steht jene Sorte im Vordergrund, die ihren Ursprung in Tourigo haben soll: die Touriga Nacional. Im Charakter ähnlich stark, wild und ursprünglich wie die mit riesigen Findlingen gespickte Landschaft, in der sie wächst, legt sie im Dão die Basis für Rotweine mit einzigartigem Gepräge. In älteren Weinbergen wachsen noch immer mehrere regionale Sorten – neben Touriga Nacional etwa Jaen, Tinta Roriz, Rufete oder Alfrocheiro – im traditionellen gemischten Satz, also bunt gemischt durcheinander. Da alle Sorten gemeinsam geerntet und vinifiziert werden, findet die Assemblage nicht erst im Keller, sondern bereits im Weinberg statt. «Aus unserer Sicht ist das auch heute noch eine interessante Variante für schmackhafte Weine mit ausgeprägtem Terroircharakter », sagt António. Zur Beweisführung lässt er am Abend im trendigen Restaurant Santa Luzia in Viseu eine Flasche Caruma entkorken. Der dicht gewobene, komplexe Wein mit feinen Kräuternoten ist ein Gedicht zum Schweinspfeffer an Rotweinsauce, serviert mit Reis und Mangold.

Douro: Touriga Franca – die Polygame

Im Zentrum des Douro-Tales, wo sich an den steilen Hängen beidseits des Flusses Tausende, von Menschenhand gebaute Weinbergterrassen winden.
Im Zentrum des Douro-Tales, wo sich an den steilen Hängen beidseits
des Flusses Tausende, von Menschenhand gebaute Weinbergterrassen winden.

Am nächsten Tag fahren wir nordwärts ins Douro Superior. Hier wirkt die Landschaft noch viel wilder und weniger gestaltet als im Zentrum des Tales, wo sich an den steilen Hängen beidseits des Flusses Tausende, von Menschenhand gebaute Weinbergterrassen winden. Im mittelalterlichen Hügeldorf nach Castelo Rodrigo führt Ana Berliner die Cisterna Casa de Campo, ein kleines, sympathisches Hotel in uraltem Gemäuer. Wir treffen uns im Restaurant mit João Carlos Ribeiro zum Nachtessen.

Der Wein-, Oliven- und Mandelbauer aus Castelo Melhor liefert António Lopes Ribeiro die biologischen Trauben für den Bela-Luz. «Wenn es eine Traubensorte gibt, die das Douro am besten repräsentiert, ist es die Touriga Franca», beteuert João. Diese Rebe ist hier am stärksten verbreitet und ergibt im heissen und trockenen Klima zwar nur kleine Erträge, dafür aromatische Trauben mit schön konzentrierter Säure. Allerdings mag es die Touriga Franca gerne polygam: Sie ist die perfekte Braut für regionaltypische Assemblagen mit andern autochthonen Sorten. Bestes Beispiel ist der Bela-Luz, eine Cuvée aus Touriga Franca, Tinta Barocca, Tinta Roriz und Touriga Nacional. Der konzentrierte, hocharomatische Tropfen mit südlichen Kräuternoten ist die reinste Offenbarung zu Kartoffelstock und Schweinsbraten – einem Gericht, das Ana Berliner auf eine unwiderstehliche portugiesische Art zubereitet hat.

Autochthone Trauben

Der Begriff kommt aus dem Griechischen (autós = selbst; chthón = Erde). Man könnte autochthon mit «eingeboren» oder «ursprünglich» übersetzen. Autochthone Rebsorten sind also die Urbewohner eines Weinbaugebiets. Allerdings: Eine exakte Definition für «einheimisch» gibt es in diesem Fall nicht. Letztlich haben fast alle Reben ihren Ursprung irgendwo im Südkaukasus (heute Georgien) sowie im südlichen Irak, von wo aus sie vor mehreren Jahrtausenden weite Teile der Welt erobert haben. In der Regel gelten Rebsorten als autochthon, die seit mindestens einem Jahrhundert in einem Anbaugebiet vorhanden und nachgewiesen sind und sich hier optimal an Boden und Klima angepasst haben. Neben Portugal sind Griechenland und Italien die beiden Weinbauländer mit dem grössten Schatz an autochthonen Reben in Europa. Die bekannteste rote autochthone Sorte Griechenlands ist die Agiorgitiko. Daraus wird zum Beispiel der erstaunliche Nemea von der Domaine Spiropoulos gekeltert. In Italien gehört die Sangiovese zu den bekanntesten autochthonen Sorten. Sie spielt im Conterocca, einem kleinen Meisterwerk des Weinguts Salustri in der Toskana, die Hauptrolle. Spaniens bekannteste autochthone Traube ist die Tempranillo. Sie ergibt so aussergewöhnliche Weine wie den Basconcillos Roble vom gleichnamigen Weingut aus dem Ribera del Duero. Das Gegenteil von autochthon ist allochthon (allos = anders, verschieden; chthón = Erde). Allochthon lässt sich mit «fremd», «auswärtig» oder «zugewandert» übersetzen. Die bekannten internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Pinot Noir, Chardonnay, Sauvignon Blanc sind in ihrer eigentlichen Heimat autochthon; wo sie aber erst seit ein paar Jahrzehnten angebaut werden, gelten sie als allochthon.

Autochthones, in Stein gemeisselt

Draussen leuchtet der Vollmond über dem pittoresken Hügeldorf. «Viel zu schade, um bereits unter die Bettdecke zu kriechen», sagt Ana am Ende der köstlichen Mahlzeit und hat für uns eine weitere Überraschung bereit. In einem Geländewagen rumpeln wir auf holprigen Naturwegen hinunter an den im fahlen Mondlichtstill dahingleitenden Fluss Côa. Nach einem kurzen Fussmarsch richtet die Wirtin und Hobbyarchäologin ihre Taschenlampe auf einen Felsen mit rätselhaften Gravuren. Wir befinden uns mitten im Parque Arqueológico Vale do Côa, einem der bedeutendsten archäologischen Parks Portugals. Vor Jahrtausenden nutzten Steinzeitmenschen die Felswände als Zeichenfläche – so entstand eine faszinierende Freiluft-Kunstgalerie mit verblüffenden Tierdarstellungen. Autochthones, für einmal nicht aus dem Rebberg, sondern in Stein gehauen.

Weisswein aus dem Nebel

Joaquin Reis in seinem Weinberg
Joaquin Reis in seinem Weinberg

Am nächsten Tag führt die Reise Richtung Atlantik. Nördlich von Porto liegt das Weinbaugebiet, das derzeit bei Weissweinliebhabern in ganz Europa in aller Munde ist: das Minho oder Vinho Verde. In der Nähe der Kleinstadt Viana do Castelo treffen wir uns mit Wein- und Gemüsebauer Joaquin Reis. Mit 63 Jahren hat er sein stressiges Berufsleben als Professor für Biotechnologie und als Akquisitionsstratege für verschiedene Grossunternehmen an den Nagel gehängt. Seit 2010 bewirtschaftet er in Geraz ein kleines Weingut mit riesigem Gemüsegarten – ein unschlagbares Synonym für das Vinho Verde: Alles ist hier üppig grün. Fast jeden Morgen sorgen schleichende Nebel für reichlich Feuchtigkeit, bevor sie sich nach kurzer Zeit auflösen.

Spezialität der Stadt Ponte de Lima: Vinhão, der rote Bauernwein aus der Tasse.
Spezialität der Stadt Ponte de Lima:
Vinhão, der rote Bauernwein aus der Tasse.

Im Weinberg riecht es gerade nach frischer Minze. Blau blühende Zichorien leuchten als Farbtupfer zwischen den begrünten Rebzeilen. Die älteren Weingärten sind im traditionellen, nicht mehr oft anzutreffenden Cruzeta-System angelegt, einer Art Pergola, bei der die Triebe an einem Kreuzrahmen in luftiger Höhe ein Dach bilden. Bei dieser Erziehungsform werden die Trauben im kühlen und wegen des Morgennebels feuchten Vinho Verde optimal durchlüftet, sodass sie frei von Fäulnisdruck reifen können. Es sind typische, regionale Sorten, die hier hängen und von António Lopes Ribeiro zu einem herrlich frischen Vinho Verde verarbeitet werden: Loureiro, Trajadura und Azal. Fehlt da nicht der Alvarinho – aktueller Shooting Star unter den weissen autochthonen Sorten des Vinho Verde? «Nein», insistiert António: «Alvarinho ist nur ganz im Norden des Vinho Verde die Königstraube. Wir setzen bewusst auf den Loureiro, eine autochthone Sorte, die aufgrund ihres grossen Potenzials ebenfalls stark im Kommen ist.» Als uns Joaquin auf der grosszügigen Veranda ein Glas Vinha do Quintal einschenkt, sind letzte Zweifel weg: Der Loureiro kann in der Hauptrolle eines weissen Vinho Verde genauso brillieren wie der Alvarinho. Vinho Verde gibt es auch als Rotwein. Eine lokale Spezialität in der Umgebung der reizvollen Kleinstadt Ponte de Lima ist der Vinhão: Der einfache, kräftige Bauernwein wird meist aus grossen Keramiktassen getrunken und passt zu Brot, Hartkäse und Wurstwaren.

Alentejo: Alicante Bouschet und Eichen

In der Getreidekammer Portugals, Alentejo, wird erst seit rund 30 Jahren im grösseren Stil auch Wein erzeugt.
In der Getreidekammer Portugals, Alentejo, wird erst seit rund 30 Jahren im grösseren Stil auch Wein erzeugt.

Zum Schluss unserer Rundreise machen wir einen Abstecher ins Alentejo. Das jüngste Weinbaugebiet Portugals ist gleichzeitig eines der innovativsten. Im Land der Korkeichen kommt die Sorte Alicante Bouschet besonders gut zurecht. Auch wenn in der Getreidekammer Portugals erst seit rund 30 Jahren im grösseren Stil auch Wein erzeugt wird, existiert diese Rebe hier schon weit über 100 Jahre. «Sie ist sehr hitzeresistent und im Alentejo mittlerweile viel heimischer als in Frankreich, wo sie ursprünglich herkommt. Alle grossen Weine aus dem Alentejo enthalten einen wesentlichen Anteil Alicante Bouschet», weiss António.

Dann verabschieden wir uns vom Winzerpaar, das die ökologische Revolution in Portugals Weinbergen seit über zehn Jahren mit grossem Elan vorantreibt. Ganz zu Ende ist damit unsere Reise aber noch nicht. In Mértola im südlichen Alentejo werden wir auf dem Weingut Vale de Camelos von Dietmar Ochsenreiter und Carlos Delagado erwartet. Auch hier besinnt man sich wieder auf die Vorzüge einheimischer Reben. «Als wir hier im Jahr 2000 die ersten Reben gepflanzt haben, lagen in Portugal internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon und Syrah im Trend. Auch wir haben Syrah gepflanzt. Heute zeigt sich, dass diese Sorte sich in unserer Region nicht besonders wohlfühlt. Wir konzentrieren uns jetzt wieder voll auf autochthone Sorten und werden die Syrah längerfristig durch Touriga Nacional, Alicante Bouschet und andere einheimische Reben ersetzen», erklären der aus dem Allgäu stammende Dietmar Ochsenreiter und der Reb- und Kellermeister Carlos Delgado. Ob der kräftige, würzige Vale de Camelos, der heute noch zum Teil aus Syrah besteht, dannzumal noch einen Zacken zulegen kann? Wir sind gespannt!

Portugals Traubenschatz

Karte PortugalPortugal ist hinter Spanien, Italien und Frankreich das viertgrösste Weinland Europas. Mit über 500 einheimischen Rebsorten verfügt kein anderes Land über einen reichhaltigeren Traubenschatz. Die für den Weinbau bedeutendsten autochthonen Sorten sind Touriga Nacional, Tinta Roriz (Aragonez), Touriga Franca, Alicante Bouschet, Trincadeira, Jaen, Periquita und Baga (alle rot) sowie Alvarinho, Loureiro, Arinto, Azal, Malvazia und Encruzado (weiss). Die vielen einheimischen Sorten machen Portugal als Weinland einzigartig. Begünstigt durch optimale klimatische Voraussetzungen und ein völlig neues Qualitätsbewusstsein, hat innerhalb des letzten Jahrzehnts eine eigentliche Weinrevolution stattgefunden. Die besten Weine sind von grosser Authentizität mit Terroircharakter: ein willkommener Gegenpol zur globalisierten Weinwelt mit oftmals uniformen, austauschbaren Geschmacksprofilen. Zu den wichtigsten der insgesamt elf Weinregionen Portugals (inklusive Azoren und Madeira) gehören das Douro-Tal mit den weltberühmten Portweinen, das Minho mit dem trendigen Vinho Verde, das Dão mit hervorragenden Assemblagen rund um die rote Leitsorte Touriga Nacional sowie das als Weinbaugebiet noch junge Alentejo, wo die einst als Färbertraube verpönte Alicante Bouschet eine Renaissance erlebt.

Ein Hoch auf die Einheimischen aus Portugal, Griechenland und Italien:
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Holz, Stahl, Beton

Reben werden vermutlich schon seit 5000 Jahren gezüchtet, und wenig später wurde aus Trauben ein berauschendes Getränk erzeugt. Schon damals stellte sichdie Frage: Worin bewahre ich den Wein auf? Am weitesten verbreitet war in der Antike die Amphore, ein Tongefäss mit zwei Henkeln. Vor etwa 2000 Jahren kamen dann die Holzfässer auf und ersetzten die zerbrechlichen und schweren Amphoren. Im 15. Jahrhundert verwendeten die Süditaliener Holzfässer, sogenannte Botti, von 454 Liter Inhalt, die Spanier solche mit 454 bis 477 Liter. Deutsche Winzer stellten aber bald fest, dass Wein in grossen Fässern länger frisch bleibt, weshalb sie Holzfässer mit mehreren Tausend Liter Inhalt herstellen liessen. Die kleinen Fässer, die Barriques und Pièces, prägten dann im 18. Jahrhundert den Aufstieg des Bordeaux und des Burgunds.

kurzinfo

Welchen Einfluss hat das Gefäss, im dem der Winzer seine Weine ausbaut? Heute werden unter anderem Fässer und Tanks aus Holz, Edelstahl und Beton verwendet, alle haben ihre Vor- und Nachteile – auch bezüglich Geschmack des Weines.

Gewöhnungsbedürftige Betontanks

Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via: «Ich schätze am Betontank seine hohe Temperaturstabilität.»
Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via:
«Ich schätze am Betontank seine hohe Temperaturstabilität.»

Seit bald 150 Jahren werden Betontanks für die Weinlagerung in Keller eingebaut, meist innen und aussen beschichtet mit Email und später dann mit Kunstharz. Früher ging es hauptsächlich darum, den Wein vor Verdunstung, Schmutz, Licht, Gerüchen und Sauerstoff zu schützen. Heute wird auch unbeschichteter Beton verwendet, was den Laien erstaunen mag. Etliche Winzer sind jedoch von den Vorzügen unbeschichteter Betontanks überzeugt. So rühmt das Winzerpaar Angela und Werner Michlits vom österreichischen Weingut Meinklang die harmonische Reifung ihrer Weine in 600 Liter fassenden Betongefässen in Form eines Eies: «Die extrem feinen Luftporen im Beton ermöglichen, dass Sauerstoff in den Wein gelangt, sodass er atmend reift.» Raúl Ripa vom spanischen Weingut Quaderna Via schätzt am Betontank seine hohe Temperaturstabilität, also die hohe thermische Trägheit. Wenn der Most nach der alkoholischen Gärung nicht gleich abkühle wie in den Chromstahltanks, fördere dies die malolaktische Gärung (biologischer Säureabbau), die 20 Grad zum Starten benötigt. Zudem seien die Weine weniger reduktiv als im Stahltank (Sauerstoffmangel). Eine Studie der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau LWG Veitshöchheim hält dagegen fest: Beton birgt hygienische Probleme, eine Sauerstoffdiffusion findet nicht statt, Wein greift Beton an, dabei gehen Fremdstoffe in den Wein über. Dem wiederum wird von Befürwortern entgegnet, die Betonbehälter müssten vorab mit einer Art Weinsäurepaste behandelt werden.

Edelstahl – eine saubere Sache

Edelstahltank

Küchenchefs schwören auf Edelstahl. Und auch der Lebensmittelinspektor freut sich über die hygienischen, pflegeleichten Pfannen und Schüsseln in der Restaurantküche. In den Sechzigerjahren begann der Siegeszug des Edelstahltanks im Weinbau. Doppelwandige Edelstahltanks, bei denen warmes oder kaltes Wasser zwischen den zwei Wänden zirkuliert, verhindern Temperaturschwankungen. Auch Olivenölproduzenten haben die Vorzüge von Edelstahl entdeckt. Zuvor wurde das kostbare Öl oft in Kunststoffbehältern gelagert.

Edelstahl ist absolut luft- und wasserdicht. Es gelangt also kein Sauerstoff in den Wein, und dieser kann nicht verdunsten. Befürworter rühmen daher die neutrale Funktion von Edelstahltanks: Der Terroircharakter des Weines bleibt erhalten, seine Fruchtnoten werden nicht durch Sauerstoff oder fremde Holznoten verfälscht. Dafür riechen Weine im Edelstahltank rasch reduktiv, werfen Kritiker ein. Im luftdichten Behälter entwickeln sich insbesondere bei Rotwein rasch organisch-chemische Verbindungen wie Mercaptane und Sulfide, der Wein riecht muffig bis faulig, was sich aber durch anschliessende Belüftung beheben lässt. Ganz zentral ist bei der Wahl des Behältermaterials die Frage, ob es den Wein beeinflussen soll oder nicht. Edelstahl ist neutral, zumindest, was die geschmackliche Beeinflussung betrifft. Einige Biodynamiker meiden Metall, weil es wie ein faradayscher Käfig die kosmische Strahlung abschirme, die ihrer Ansicht nach für die Reifung des Weines wichtig sei.

Alles dreht sich ums Holz

Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique: «Struktur und Komplexität verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz.»
Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique:
«Struktur und Komplexität verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz.»

Holz als Material für Weinfässer hat bisher alle Neuerungen überdauert. Zwar gibt es kaum noch Holzfässer, die Jahrzehnte im Einsatz sind; allenfalls noch in Deutschland, Österreich, in der Toskana oder im Elsass. Doch jedes Jahr werden Tausende von neuen Barriques, Pièces, Fûts hergestellt, um Wein in aller Welt reifen zu lassen. Nur säurereiche Weissweine und einfache Rotweine werden in geschmacksneutralen Behältern ausgebaut. Je nach Region sind die Holzfässer unterschiedlich gross. So fasst ein Barrique (ursprünglich im Bordeaux verwendet) 225 Liter, eine burgundische Pièce 228 Liter, ein Fuder an der Mosel 1000 Liter und ein Stück vom Rhein 1200 Liter. Barrique war auch der Namensgeber der Barrikade, da die Fässchen während der Französischen Revolution 1830 mit Erde gefüllt als Strassensperren dienten.

Woher stammt der Mythos des Holzfasses? Wir kennen den Weingeniesser, der am Glas schnuppert und kennerhaft feststellt: «Feines Holz – Zedern, mit einer Spur Vanille.» Wohl noch nie hat jemand Beschreibungen wie «markante Betonnote» oder «elektrisierendes Metallaroma» gehört. Holz vermag dem Wein positive Eigenschaften zu verleihen, die auch riech- und schmeckbar sind: Aromen. So verwenden die Spanier häufig Barriques aus amerikanischer Eiche, da diese ein kräftiges Holzaroma mit einer süsslichen Vanillenote besitzt. Andere Holzaromen im Wein sind Schokolade, Tabak, Rauch, Kaffee, Karamell.

Die kleinen Eichenholzfässer trugen viel bei zum Welterfolg der grossen Weine aus Bordeaux und dem Burgund. Ebenso berühmt wie die Weine sind auch die französischen Küfereien. Wer etwas auf sich hält, wählt etwa Barriques von Seguin-Moreau oder Taransaud. Aber auch die Herkunft der Eichen ist prägend; geschätzt sind die französischen Regionen Limousin, Troçais oder Allier. Hier wachsen die Eichen langsam und sind deshalb besonders feinporig, also praktisch wasserdicht. In anderen Weinländern kommen aber auch Eichen aus Deutschland, Ungarn, Slowenien usw. zum Einsatz. Nicht zu vergessen: Eine Eiche muss mindestens 80 Jahre alt sein, bevor sie für die Herstellung von Barriques geeignet ist. Solche Holzfässchen sind teuer. Sie kosten je nach Marke und Herkunft gerne siebenhundert bis über Tausend Euro; bei 225 Litern Inhalt macht das rasch 3 Euro pro Flasche; zumal für gehobene Weine, die ausschliesslich in neuen Barriques ausgebaut wurden. Da erstaunt es nicht, dass findige Weinbauern auf die Idee kamen, statt Wein im Holz die Variante Holz im Wein zu wählen um fortan Holzstücklein (Chips) oder ganze Bretter (Staves) in den Wein zu legen.

Was kann das Barrique?

Die kleinen, neuen Eichenholzfässer bereichern den Wein mit Aromen und Tannin. Zudem findet durch die Holzwände ein minimaler Luftaustausch statt: Sauerstoff lässt den Wein harmonisch reifen, ergibt eine tiefere Farbe, einen sanfteren Geschmack und stabilere Weine. Andererseits verdunstet Wein durch das Holz: drei bis fünf Prozent im Jahr. Und es braucht Zeit: Manche Weine bleiben zwölf, achtzehn oder noch mehr Monate im Barrique: Die Holzaromen verbinden sich erst mit der Zeit mit den Weinaromen, zuvor bleiben sie penetrant eigenständig und wirken aufgesetzt.

Doch nicht jeder Wein wird im Barrique besser. Hervorragend eignen sich gehaltvolle Weine aus tanninreichen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Tempranillo, Nebbiolo – aber auch Chardonnay ist gut geeignet; schaden würde das Barrique jedoch dem subtilen Riesling. Aber auch geeignete Traubensorten können im Barrique vergewaltigt werden, wenn die Holzaromen überwiegen. Oft kommen deshalb ein-, zwei- und dreijährige Barriques zum Einsatz, und der Wein dieser Fässchen wird am Schluss gemischt. Ebenso prägt die Röstung das Weinaroma. Hierbei werden die Fässer vor der Vollendung über Feuer getoastet – schwach, mittel oder stark.

Natalino Fasoli vom gleichnamigen Weingut im Veneto setzt sogar bei seinem Spitzen-Soave Pieve Vecchia aufs Barrique: Wir haben einen Weisswein kreiert, der die Charakteristik des Bodens und der 40-jährigen Reben spiegelt. Struktur und Komplexität dieses Weines verlangen nach einem Ausbau im Eichenholz, wo er atmen kann und mit dem Tannin des Holzes veredelt wird. In den letzten Jahren wurde übertrieben: Zu viele Weine riechen nach Holz – und lassen vielschichtigere Aromen vermissen. Das spricht jedoch nicht gegen das Holzfass, sondern höchstens gegen das neue Holz. Nach drei Jahren im Einsatz geben Barriques kaum mehr Aromen ab; dafür bleibt der minimale Sauerstoffaustausch bestehen. Dies ermöglicht die kontrollierte Entwicklung (Oxidation) des Weines: Er reift schneller als im Stahltank, wird aber alterungsfähiger. Immer mehr Spitzenwinzer arbeiten heute mit ein-, zwei- und dreijährigen Barriques. Nach Jahren der Übertreibung kehrt die Vernunft zurück.

Wie ich mir – so ich dir

DegustierService

Willy Freiburghaus ist Natur- und Weinfreund und steht kurz vor seinem 50. Geburtstag. Sein Bergsportkollege Fritz Heinrich ist ebenfalls Natur- und Weinfreund. Obwohl er noch ein paar Jährchen vom Fünfzigsten entfernt ist, hat er seinem Freund in Sachen Wein etwas Entscheidendes voraus: Dank dem Delinat-DegustierService entdeckt Fritz laufend neue Weine aus ganz Europa. Es sind einzigartige Tropfen aus gesunder Natur. Gekeltert aus Trauben, die weder mit chemischen Spritzmitteln besprüht noch mit Kunstdünger gemästet werden, sondern in einer intakten Natur mit reicher Artenvielfalt heranreifen.

Viermal im Jahr bekommt Fritz ein attraktiv gestaltetes DegustierService-Paket mit drei Flaschen Rotwein frei Haus geliefert. Eine schön gestaltete Broschüre stellt Weine und Winzer vor – darüber hinaus enthält das farbige Büchlein ein passendes Rezept und einen Weinkundebeitrag, der in direktem Zusammenhang mit einem der drei Weine steht. So hat Fritz schon manche Weinperle entdeckt und ist so ganz nebenher dank diesem «flüssigen Weinkurs» auch noch zum Weinkenner geworden.

Eigentlich ist Fritz ganz froh, dass sein Freund Willy noch nie etwas von diesem originellen Weinpaket gehört hat. Jedenfalls muss er sich jetzt nicht mehr gross den Kopf darüber zerbrechen, was er seinem Bergkameraden zum Fünfzigsten schenken soll. Einzig die Frage, welches Paket es denn sein soll, muss noch geklärt werden: Weisswein, Rosé, Rotwein, exklusiver Rotwein, Schaumwein oder Surprise? Ein kleines Paket mit 3 oder ein grosses mit 6 Flaschen? Wofür sich Fritz entschieden hat, will er nicht verraten. Aber wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, steht der beschenkte Willy neuerdings ganz mächtig auf Delinat-Wein.

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DegustierService als Geschenk

Der Jahrespreis für den DegustierService variiert zwischen ca. chf 70 / € 50 für 2 × 3 Flaschen Rosé und ca. chf 200 / € 150 für 3 × 3 Flaschen exklusive Rotweine, portofrei geliefert. Als Geschenk kann der DegustierService über eine Laufzeit von 1, 2, 3 Jahren oder bis auf Widerruf abgeschlossen werden.

Infos:
Delinat-Kundenservice oder www.delinat.com/degustierservice

«Bei der Biodiversität gab es die grössten Fortschritte»

Rolf Kaufmann, wie wichtig ist der Wissenstransfer vom forschenden Delinat-Institut zum praktischen Weinbau bei den Winzern?
Rolf Kaufmann:
Die ständige Weiterentwicklung des ökologischen Weinbaukonzepts durch das Delinat-Institut bringt den Winzern wichtige Impulse. Umgekehrt fördert der Informationsrückfluss vonseiten der Winzer die praxisgerechte Anpassung der Forschungsprojekte. Ebenso wichtig ist der Erfahrungsaustausch unter den Winzern. Auch da können wir über Sprachbarrieren hinweg behilflich sein.

«Ich stelle eine hohe Motivation fest»

Wissenstransfer via Winzerberater

Das Delinat-Institut unter der Leitung von Hans-Peter Schmidt unterstützt Winzer in ganz Europa durch ein umfassendes Beratungspaket bei der Umsetzung der strengen Delinat- Richtlinien. Neben jährlichen Seminaren, an denen die Winzer in den jeweiligen Ländern auf den neuesten Stand der Weinbau- und Ökologieforschung gebracht werden, besuchen die Winzerberater Rolf Kaufmann und Daniel Wyss die Weingüter mindestens einmal im Jahr. Schwerpunkt im Weinbau ist die Verbesserung der Biodiversität mit den Themen Begrünung, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und ökologische Hotspots. Bei der Weinbereitung stehen Themen wie alkoholische Gärung, biologischer Säureabbau, Einsatz von SO2 und anderen kellertechnischen Hilfsstoffen im Vordergrund.

Die Delinat-Richtlinien gelten nicht nur als die strengsten Europas. Sie setzen auch neue Massstäbe für eine gesamtökologische Anbauform. Wie motiviert sind die Winzer, diese zu erfüllen?
Für viele Winzer sind diese Richtlinien eine Herausforderung, die sie an ihrem Ehrgeiz packt. Andererseits ist das in die Richtlinien eingebaute weinbautechnische Know-how sehr gross und bietet den meisten Betriebsleitern wertvolle Anregungen zur Verbesserung ihres Weinbaus. Ich stelle eine hohe Motivation fest, die durch die Erfolge stetig weiterwächst.

Im heissen Süden macht den Winzern nicht selten Trockenstress zu schaffen. Ist es in solchen Regionen sinnvoll, eine ganzjährige Begrünung der Weinberge zu fordern?
Wir sprechen nicht mehr von Begrünung, sondern von vegetativer Bodenbedeckung, die möglichst flächendeckend und möglichst lange Zeit im Jahr im Weinberg vorhanden sein soll. Es geht darum, durch viele Pflanzenarten die biologische Vielfalt im Boden innerhalb des Jahreszyklus möglichst lange aktiv zu erhalten. Wenn die Sommertrockenheit in Sizilien die Begrünung eintrocknen lässt, sieht das nicht mehr grün aus, doch haben wir damit die biologische Aktivität im Wurzelraum auf das mögliche Maximum ausgedehnt.

Das ist schön und gut. Aber wenn den Reben zu wenig Wasser bleibt, bekommen sie Stress und gedeihen nicht mehr richtig…
Um Trockenstress zu vermeiden, hat der Winzer die Möglichkeit, schon frühzeitig, das heisst zu Beginn der Trockenperiode im Mai, die vegetative Bodenbedeckung durch eine oberflächliche Bodenbearbeitung zu reduzieren. Dieser Eingriff beschränkt die Wasserverdunstung aus dem Boden auf ein Minimum. Den Rebstöcken wird so das Überdauern in der heissen Zeit ohne Stress ermöglicht.

«Diese Fortschritte werden am Markt noch nicht wahrgenommen.»
«Diese Fortschritte werden am Markt noch nicht wahrgenommen.»

Die Delinat-Richtlinien lassen nur einen minimalen Einsatz an biologischen Spritzmitteln wie Kupfer- und Schwefellösungen gegen Pilzkrankheiten zu. Was raten Sie jenen Winzern, die in schwierigen Jahren wie diesem nicht die halbe Ernte aufs Spiel setzen wollen?
Es kann nicht die Rede sein davon, dass die halbe Ernte auf dem Spiel steht! Wäre das so, wäre der biologische Weinbau nicht zum Erfolgsmodell geworden, das er heute darstellt. Die Winzer haben in den letzten Jahren gelernt, durch Beobachtung, Mittelwahl und verbesserte Applikationstechniken mit sehr tiefen Kupfermengen oder natürlichen Ersatzmitteln auszukommen.

Was haben die Winzer in den letzten Jahren konkret unternommen, um die Biodiversität in ihren Weinbergen zu verbessern?
Das Spektrum der getroffenen Massnahmen spiegelt die Empfehlungen der Richtlinien. Spontane oder eingesäte Begrünung wurde gezielt gefördert; Blühstreifen, Hecken und biologische Hotspots wurden angelegt; Bäume wurden gepflanzt; temporäre oder permanente Sekundärkulturen wurden in die Weinberge integriert; Schafe, Ziegen, Kühe, Hühner haben im Winterhalbjahr Auslauf in den Reben; Bienenkästen und Insektenhotels wurden aufgestellt.

Ihre Beratungen zielen nicht nur auf den Weinberg, sondern auch auf die Weinbereitung im Keller. Wo liegen die Schwerpunkte?
Spontangärung mit Naturhefen ist ein Thema. Viele Winzer vergären ihre Trauben seit eh und je auf diese Weise. Andere haben im Trend der modernen Önologie auf Reinzuchthefen umgestellt. Diese Betriebe tasten sich heute schrittweise wieder an die alte natürliche Technik heran. Praktisch ausnahmslos machen sie die Erfahrung, dass die spontan vergorenen Weine an Ausdruck und Jahrgangstypizität gewinnen. Ein wichtiges Thema ist auch der zurückhaltende Einsatz von oder der Verzicht auf Schwefel (SO2) zur Haltbarmachung der Weine. Es gibt Betriebe, die seit Jahren erfolgreich Weinbereitung ganz ohne schweflige Säure betreiben. Die Hindernisse sind weniger technischer Natur, es ist vielmehr die Abweichung vom gewohnten Geschmacksbild des ohne SO2 vinifizierten Produkts, woran auch die Kunden erst gewöhnt werden müssen. Ein weiteres Element der Unsicherheit ist die Langlebigkeit der so hergestellten Weine.

Sie sind bereits vier Jahre für Delinat als Winzerberater unterwegs. Wie hat sich die Situation auf den Weingütern innerhalb der letzten Jahre verändert? Gibt es auch Rückschläge?
Die ersten zwei Jahre waren geprägt einerseits vom Enthusiasmus eines neuen Aufbruchs, andererseits von der Unsicherheit, ob die gesteckten Ziele erreichbar seien. Die wachsende Erfahrung und die sichtbaren Erfolge führten dann zu einer Dynamik, welche die Winzer mit ihren eigenen Innovationen immer weiter ankurbeln. Natürlich gab es auch Rückschläge. Einsaaten funktionierten nicht, empfohlene Spritzmittel waren wegen nationaler Gesetzgebungen nicht erlaubt, Fehlinterpretationen der Richtlinien oder mangelnde Rückfragen führten zu Missverständnissen. Die Probleme betrafen meist einzelne Betriebe und liessen sich beheben. Hier kam der Nutzen der Beratung voll zum Tragen.

Führen Ihre Beratungsbesuche auch dazu, dass gewisse Delinat-Richtlinien geändert werden müssen, weil sie sich in der Praxis als untauglich oder zumindest als nicht ideal erweisen?
Das ist in den letzten vier Jahren seit der Einführung der neuen Richtlinien immer wieder der Fall gewesen. Es ist Teil der Arbeit des Beraterteams am Institut, unklar formulierte oder praxisferne Punkte in den Richtlinien auszumerzen, Lücken zu füllen oder einzelne Bestimmungen neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Rückmeldungen aus der Praxis der Betriebe sind dabei von höchster Wichtigkeit.

In welchen Bereichen orten Sie die grössten Fortschritte im Sinne der Delinat-Philosophie, wo die grössten Probleme?
Die grössten Fortschritte sind im Bereich der Biodiversität, der vegetativen Bodenbedeckung und beim Pflanzenschutz gemacht worden. Darin spiegeln sich Entwicklungen in der Mentalität der Winzer, die begonnen haben, ihren Weinberg und ihre Arbeit als organisches Ganzes zu sehen. Das grösste Problem besteht vielleicht darin, dass diese Fortschritte am Markt noch nicht wahrgenommen werden und die Arbeit der Winzer deshalb nicht richtig honoriert wird. Es wird noch zu wenig Wein gekauft, der wirklich höchste ökologische Ansprüche erfüllt.

Die Delinat-Richtlinien

Die Delinat-Richtlinien gehen weit über andere Biorichtlinien (eu, Bio Suisse, Demeter) hinaus. Neben einem Verbot von chemischsynthetischen Pflanzenschutzmitteln, von Kunstdüngereinsatz und Gentechnologie verlangen die Delinat-Richtlinien beispielsweise als einzige verpflichtend eine Förderung der Biodiversität. Die Verwendung von Kupfer und Schwefel zur Krankheitsbekämpfung im Weinberg ist vergleichsweise stark limitiert. Im Keller dürfen Hilfsstoffe nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Die Delinat-Richtlinien 2010 wurden vom wwf Schweiz und von der Stiftung für Konsumentenschutz mit dem Prädiktat «sehr empfehlenswert» ausgezeichnet. Sie basieren auf einem Modell mit drei Qualitätsstufen, das den Weingütern eine sukzessive Weiterentwicklung bis auf Stufe 3 ermöglicht. Schon Stufe 1 verlangt aber viel mehr als EU-Bio.
Mehr Infos unter www.delinat.com/richtlinien

Weniger Schmetterlinge auf Europas Wiesen

Schmetterling

Laut der Studie «European Butterfly Grassland Indicator: 1990–2011» hat sich die Zahl der Schmetterlinge auf Europas Wiesen dramatisch reduziert. Von 17 näher untersuchten Schmetterlingsarten sind acht zurückgegangen. Lediglich bei zwei Arten sind die Populationen stabil geblieben, und nur eine hat zugenommen. Für sechs Arten war kein eindeutiger Trend zu erkennen. Anhand von Schmetterlingen können der Zustand der Biodiversität und die generelle Gesundheit der Ökosysteme gemessen werden. Der Rückgang sei besorgniserregend, heisst es im Bericht. Als Ursache wird die Intensivierung der Landwirtschaft genannt. Diese führe zu einheitlichen Grünflächen, die nahezu steril für die Artenvielfalt seien. Dazu kommt, dass Schmetterlinge sehr empfindlich auf Pestizide reagieren, die intensiv in solchen Agrarsystemen eingesetzt werden.

Riesling Terra Rossa

Weingut Hirschhof

Riesling? Nicht mein Fall! Wer derart bedingungslose Vorbehalte gegen die Königin unter den Weissweintrauben hat, sollte unbedingt den Riesling Terra Rossa vom Weingut Hirschhof probieren. Das ist genau der richtige Wein, um diese aussergewöhnliche Rebsorte kennenzulernen. Der Terra Rossa brilliert mit einer eleganten, frisch-fruchtigen Stilistik. Ein faszinierender Einstieg in die oft verkannte Riesling-Welt.

Riesling Terra Rossa

Riesling Terra Rossa,
Deutscher Qualitätswein,
Rheinhessen 2012
www.delinat.com/5968.12

Das Gesicht hinter der Delinat-Bilderwelt

Natur- und Reportagefotograf Patrick Rey in den Walliser Weinbergen des Delinat-Instituts
Natur- und Reportagefotograf Patrick Rey in den Walliser Weinbergen des Delinat-Instituts

Deutsch ist eine Sprache, die Patrick Rey nicht sonderlich behagt. Doch in seiner Muttersprache Französisch kommt er bei Walliser Trockenfleisch, Käse aus nahen Tälern, knusprigem Brot und einem Glas Fendant rasch ins Erzählen. Und ins Schwärmen über den reichen Fundus an Bildern, die ihm die Weinberge des Delinat-Instituts oberhalb von Sion bieten. «Draussen in der Natur, da bin ich zu Hause», sagt der 50-jährige Landschaftsgärtner, der seit ein paar Jahren mit seiner Familie mitten im Walliser Hauptort Sion wohnt. Zuvor lebte er weiter oben im kleinen Dorf Arbaz, wo Delinat- Institutsleiter Hans-Peter Schmidt mit seiner Familie zu Hause ist. «Wir haben uns dort vor einigen Jahren kennengelernt. Hans-Peter zeigte sich begeistert von meinen Fotografien, und so bin ich allmählich ein bisschen zum Hoffotografen von Delinat geworden», lacht Patrick.

Das grosse Vorbild Marcel Imsand

Traube mit Schachbrettfalter: «Die Arbeit mit dem Weitwinkel erlaubt mir, nahe an mein Sujetheranzugehen und sein natürliches Umfeld zu betonen.»
Traube mit Schachbrettfalter:
«Die Arbeit mit dem Weitwinkel erlaubt mir, nahe an mein Sujetheranzugehen und sein natürliches Umfeld zu betonen.»

Schon als 13-Jähriger war er oft mit einer Kamera unterwegs. Gleichwohl ging er beruflich einen andern Weg. «Die Fotografie wurde aber zu einer Leidenschaft, die mich nicht mehr losgelassen hat», sagt Patrick. Sein ganzes Wissen und Können hat er sich autodidaktisch mithilfe von Büchern und durch das Nacheifern von Vorbildern erarbeitet. Zu seinen Idolen gehört Marcel Imsand, einer der renommiertesten Reportagefotografen der Schweiz. Patrick Rey verbrachte seine ersten 20 Lebensjahre in Lausanne, wo es damals mit Imsands Fotografenkarriere steil bergauf ging. Patrick: «Insbesondere seine Schwarz-Weiss-Bilder haben mich immer fasziniert und inspiriert. Ich fotografiere auch heute noch viel schwarzweiss.»

Eine Frage der Geduld

Gemeiner Lein oder Flachs: «Ich arbeite gerne mit unscharfem Hintergrund. Inmitten der verschwommen leuchtenden Flachsblumen kommt die spriessende Rebe besonders schön zur Geltung.»
Gemeiner Lein oder Flachs:
«Ich arbeite gerne mit unscharfem Hintergrund. Inmitten der verschwommen leuchtenden Flachsblumen kommt die spriessende Rebe besonders schön zur Geltung.»

Die Bilder, die er für Delinat schiesst, leben jedoch stark von der Farbe. Patrick Rey: «Hier geht es weniger um Reportagefotografie als vielmehr darum, die schier unerschöpflichen, oftmals versteckten Geheimnisse der Natur in ihrer ganzen Farbenpracht einzufangen und sichtbar zu machen.» Dafür braucht es Geduld und Ausdauer. Nicht selten sitzt Patrick stundenlang in den Reben, bis ein bunter Schmetterling, ein zwitschernder Vogel, eine neugierige Heuschrecke oder eine zirpende Grille so vor der Linse auftaucht, dass er das Tier in Symbiose mit einem Rebstock oder der üppigen Begrünung zwischen den Rebstöcken ablichten kann.

Morgens um fünf Uhr im Weinberg

Regenbogen: «Schönes Licht ist nicht nur glänzend und strahlend, sondern auch rasch vergänglich. Dieser Regenbogen dauerte nur ein paar Sekunden.»
Regenbogen:
«Schönes Licht ist nicht nur glänzend und strahlend, sondern auch rasch vergänglich. Dieser Regenbogen dauerte nur ein paar Sekunden.»

Auf Fotopirsch geht er am liebsten am frühen Morgen. Im Frühling und Sommer sitzt er manchmal schon morgens um fünf Uhr zwischen den Rebstöcken und beobachtet, wie die Natur erwacht. «Wie sich das Licht an einem schönen Tag bis nach dem Sonnenaufgang stetig verändert, ist absolut einzigartig. Das sind wundervolle Momente, in denen die spektakulärsten Bilder entstehen», erzählt der passionierte Naturfotograf. Bald sind Brot, Käse und Trockenfleisch aufgegessen, die Flasche Fendant geleert. Patrick packt seinen Fotorucksack, verabschiedet sich und bricht auf zu einem Ort, der ihm im sanften Licht der untergehenden Sonne neue, spektakuläre Naturbilder verspricht.

Rebstock mit Baumpieper: «Dieses Bild hat mir viel Geduld abverlangt. Ständig auf der Suche nach Nahrung in der üppigen Vegetation des Rebbergs, war der Baumpieper nur einen kurzen Moment unverdeckt sichtbar.»
Rebstock mit Baumpieper:
«Dieses Bild hat mir viel Geduld abverlangt. Ständig auf der Suche nach Nahrung in der üppigen Vegetation des Rebbergs, war der Baumpieper nur einen kurzen Moment unverdeckt sichtbar.»

Fotos von Patrick Rey unter:
www.capteurs-de-nature.com

Patrick Reys Bilderwelt bei Delinat

Der Walliser Landschaftsgärtner und Naturfotograf Patrick Rey prägt seit 2008 die Bilderwelt von Delinat. Seine faszinierenden Makroaufnahmen von Fauna und Flora aus den mit reicher Biodiversität gesegneten Weinbergen des Delinat-Instituts in Arbaz oberhalb von Sion bereichern insbesondere das Magazin Weinlese und die Broschüren des DegustierService, wo Patrick Rey meistens das Umschlagbild beisteuert. DegustierService-Kunden kommen so regelmässig in den Genuss faszinierender Naturbilder aus dem Wallis. Mehr zu diesem überaus beliebten Weinpaket, das es in sechs verschiedenen Varianten gibt, unter: www.delinat.com/degustierservice

Hühner im Weinberg

Hühner im Weinberg

Seit einigen Wochen haben wir am Delinat-Institut eine spannende Sekundärkultur ausgetestet: die Haltung von freilaufenden Hühnern in mobilen Ställen. Die Hühner werden in den fahrbaren Ställen alle drei bis vier Wochen von einer Parzelle zur nächsten gefahren. Solar gesteuert, geht morgens die Stalltür automatisch auf und schliesst sich in der Abenddämmerung, sodass die Hühner tagsüber die üppige Begrünung zwischen den Reben bewirtschaften. So werden nicht nur Arbeitszeit und Treibstoff für die Bodenbearbeitung eingespart. Die derzeit 35 natürlich ernährten Hennen liefern auch Dünger für die Reben und legen täglich rund 30 Eier. Ein unter Strom gesetzter Netzzaun schützt die Hühner vor Füchsen, Hunden und Dachsen.

Verwöhnparadies Château Duvivier

«Lernen und Genuss müssen sich nicht ausschliessen. Wir haben einfach eine herrliche Woche auf Château Duvivier erlebt.» Das Kompliment von Patrick aus Saarbrücken ist nicht das einzige, das Sommelier und Kursleiter Dirk Wasilewski für seinen praxisnahen Weinkurs in der entspannten Atmosphäre des Château Duvivier einheimsen konnte. «Während dieser abwechslungsreichen Woche konnte auch eine Anfängerin viel über Wein lernen. Und das Essen und die Weine auf dem Château waren immer wundervoll, jeden Abend eine köstliche Überraschung», schwärmte Ursula Misic aus Allschwil nach der Reise und schloss damit auch gleich das Gastgeberpaar Sylvia und Uwe Fahs in ihre Lobeshymne ein.

Praxisnaher Weinkurs

Ferienresidenz für Delinat-Kunden: Weingut Château Duvivier in der Provence
Ferienresidenz für Delinat-Kunden: Weingut Château Duvivier in der Provence

Château Duvivier mit dem von Antoine Kaufmann betreuten Delinat-Modellweingut liegt bei Pontevès in der romantischen und wilden hinteren Provence – fernab vom Massentourismus. Eine perfekte Umgebung, um sich in aller Ruhe spielerisch, aber gleichwohl vertieft, mit dem Thema Wein auseinanderzusetzen. Das Basiswissen vermittelten Dirk Wasilewski und Winzer Antoine Kaufmann direkt im angenehm kühlen Weinkeller. Ein idealer Ort, um sich mit Delinat-Weinen aus verschiedenen Ländern in die Kunst des Degustierens einführen zu lassen und mit allen Sinnen in die unterschiedlichen Geschmacksspektren einzutauchen. Draussen in den Weinbergen gab es jeweils ebenso viele Aha-Erlebnisse, als Antoine Kaufmann auf einem Rundgang erklärte, was einen Rebberg mit reicher Biodiversität und geschlossenem Naturkreislauf ausmacht. Auf der Château-Terrasse oder drinnen im Restaurant lieferte jeweils Küchenchef Uwe Fahs köstliche provenzalische Häppchen und Gerichte, wenn es etwa darum ging, sich mit der Kunst des Kombinierens vertraut zu machen: «Welche Weine passen zu welchen Gerichten?», lautete die Gretchenfrage, die immer für lebhafte Diskussionen unter der bunt gemischten Kursgruppe sorgte.

Wein- und Kulturreise

Les Amandiers, der vielseitige Weisswein von Château Duvivier
Les Amandiers, der vielseitige Weisswein von Château Duvivier

Bei den von Delinat in diesem Sommer ebenfalls erstmals angebotenen einwöchigen Wein- und Kulturreisen mit Martin Schäppi war Château Duvivier Ausgangsort für spannende Entdeckungstouren durch die Provence. Trüffelsuche mit Eric und seiner Hündin La Belle; Fahrt zum Grand Canyon du Verdon, der wildesten und tiefsten Schlucht Europas; Besuch des Atelier Bondil mit seiner handwerklichen Fayence-Kunst in Moustiers Sainte-Marie; Visite bei Volker Paul Weindel, dem Winzer mit dem wilden Bart, dessen Domaine La Tour des Vidaux einem Amphitheater aus Reben gleicht; Erkundung der schroffen Felslandschaft Les Calanques bei Marseille per Boot: Wie Perlen reihten sich die Ausflüge im reichbefrachteten Programm aneinander. Höhepunkte gab es auch auf Château Duvivier mit dem spannenden Rundgang durch Reben und Keller und den beliebten Abendessen. Hier stellvertretend die Reaktion von Vera und Gebhard Müller aus Wegenstetten: «Diese Erinnerungen werden sicher nicht so schnell verblassen. Diese Reise hat wirklich alle Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen. Uns haben die Vielfalt im Rebberg, aber auch die tollen Ausflüge zum Staunen gebracht. Die Küche im Château und die guten Weine werden wir auch nicht vergessen.»

Die Termine 2014

Aufgrund des grossen Erfolgs werden die Wein- und Kulturreisen sowie der einwöchige Weinkurs auch im nächsten Jahr durchgeführt.

28.06. – 05.07.2014 Praxisnaher Weinkurs mit Dirk Wasilewski auf Château Duvivier, Provence (individuelle Anreise)
05.07. – 12.07.2014 Wein- und Kulturreise Château Duvivier mit Martin Schäppi (mit Anreise ab Freiburg, Basel und Genf)
11.10. – 18.10.2014 Praxisnaher Weinkurs mit Dirk Wasilewski auf Château Duvivier, Provence (individuelle Anreise)
18.10. – 25.10.2014 Wein- und Kulturreise Château Duvivier mit Martin Schäppi (mit Anreise ab Freiburg, Basel und Genf)

Diese Reisen und auch Ihren individuellen Ferienaufenthalt auf Château Duvivier können Sie hier buchen: www.ferien-beim-winzer.com

Informationen über alle Weinkurse und Weinreisen finden Sie unter: www.delinat.com/veranstaltungen

Medaillen für Delinat

expovina

An der 20. Weinprämierung der Expovina Zürich 2013 wurden Delinat-Weine mit Medaillen ausgezeichnet. Eine goldene Auszeichnung holte die Reserva Marti vom Weingut Albet i Noya im Penedès. Diese Cuvée des katalanischen Ökopioniers erntet schon seit Jahren immer wieder zahlreiche Lorbeeren. Mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurden der Vinya Laia vom selben Weingut sowie der Riesling Terra Rossa vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen.