Zwei Tage der grossen Gegensätze

Nein, so stellt man sich ein typisches Bioweingut nicht vor: Durch eine gepflegte Allee von Zypressen erreichen wir die Dominio los Basconcillos, das höchstgelegene Weingut der Ribera del Duero (1000 m ü.M). Vor der grosszügigen Bodega empfangen uns Weingutsbesitzer José María Basconcillos, ein Unternehmer, der sein Geld mit Zubehör für die Automobilindustrie verdient, seine auf dem Weingut tätige Tochter Maria José und der zuständige Winzer und Önologe Francisco Barona.

Basconcillos Barriquekeller

Önologe Francisco Barona (links) lässt David Rodriguez im imposanten Barriquekeller einen feinen Ribera del Duero kosten.

Imposante 50 Hektar Reben umgeben die Bodega. Die Weinberge wirken durchgestylt. Sogar die Begrünung zwischen den Rebzeilen macht den Eindruck, als wäre sie als grüner Teppich ausgerollt worden. Ein grosser Kräutergarten am Rande der Reben kommt ebenfalls wie ein aus dem Ei gepellter ökologischer Hotspot daher. Mehrere Messstationen überwachen den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens. In den Kellerräumen herrscht dieselbe Perfektion: Da die blitzblanken, riesigen Chromstahltanks, dort der dezent beleuchtete Barriquekeller mit der Ausstrahlung einer Kathedrale.

Aller Perfektion zum Trotz: Bio ist hier kein Feigenblatt. Man nimmt sowohl dem Weingutsbesitzer wie auch seinem Reb- und Kellermeister die innere Überzeugung ab, wenn sie unisono betonen: «Wir haben den Anspruch, in ein paar Jahren den besten Ribera del Duero zu keltern. Dafür setzen wir kompromisslos auf die Natur und die umweltgerechten technischen Möglichkeiten einer modernen Weinbereitung.» Beim Verkosten der bestechend eleganten Weine müssen wir zugeben: «Das ambitiöse Ziel scheint in Reichweite.»

75 und kein bisschen müde

Bodega von Esther

Der einfache, in einen Felsen gehauene Weinkeller von Esther Teijeiro

Was für ein Kontrastprogramm: Noch den aristokratischen Touch und den Perfektionismus vom Vortag vor Augen, treffen wir heute einige hundert Kilometer weiter westlich in Galizien auf die hagere, zierliche Esther Teijeiro. Sie empfängt uns zusammen mit ihrem Sohn Alfonso Freude strahlend im kleinen, in einen Felsen gehauenen Weinkeller im tief eingeschnittenen Tal des Flusses Miño. Die 75-jährige, rüstige Biowinzerin hat noch nie einen Fuss ausserhalb von Galizien gesetzt.

Galizien Steillagen

David Rodriguez zusammen mit Alfonso Regal und Mutter Esther Teijeiro in den spektakulären Weinbergen an den Steilhängen des Flusses Miño.

Ihr genügsames Leben ist den vielen kleinen, schwierig zu bewirtschaftenden Weinbergsparzellen ihres Guts gewidmet. Diese erstrecken sich über 6 Hektar auf engen Terrassen, die sich spektakulär an die steilen Hänge der urtümlichen Miño-Landschaft schmiegen. Zwischen knorrigen Rebstöcken lässt die Winzerin der Vegetation freien Lauf. Das Alter der Reben kennt sie nicht. «Sie sind aber schon da gewesen, als ich als Kind im Weinberg mithalf», lacht sie. Als sie 1997 auf biologischen Weinbau umstellte, war sie die erste in ganz Galizien. Eindrücklich hat sie warnende Stimmen Lügen gestraft, die ihr damals prognostizierten, sie werde mit dieser Bewirtschaftungsmethode verhungern. Materiell reich ist Esther Teijeiro zwar nicht geworden – ihr Reichtum spiegelt sich dafür umso intensiver in einer inneren, von Bescheidenheit und Stolz geprägten Zufriedenheit. Was für eine andere Biowelt!