Wenig Ertrag, sehr gute Qualität

Von strahlenden Gesichtern bei den Weinbauern zu sprechen, wäre übertrieben. Generell war es ein schwieriges Jahr im Rebberg. Kälte und Regen im falschen Moment und insbesondere lange Trockenphasen haben fast überall erheblich auf den Ertrag geschlagen. Immerhin sind die meisten der von uns angefragten Biowinzer mit der geernteten Qualität zufrieden.

Anne Lignères inmitten «ihrer» spanischen Erntetruppe. Diese kommt jedes Jahr für einen Monat aus Andalusien zur Lese nach Südfrankreich.

«Die Trauben sind von sehr guter, ausgeglichener Qualität. Aber bei den Rotweinsorten Carignan, Grenache und Syrah hatten wir weniger Ertrag als normal. Bei der roten Sorte Mourvèdre sowie bei allen weissen Sorten war die Ertragsmenge durchschnittlich», sagt Winzer Jean Lignères aus der südfranzösischen Corbières (Languedoc).

Nachdem Italien bereits im Vorjahr die tiefste Ernte seit 60 Jahren eingefahren hatte, tönts bezüglich Menge auch heuer nicht besser: «Bei den klassischen Sorten Garganega, Molinara, Corvina und Rondinella haben wir einen Ertragsausfall von rund 20 Prozent, beim Chardonnay sogar 40 Prozent», sagt Winzer Natalino Fasoli aus dem Veneto. Mit der Qualität ist aber auch er zufrieden, genauso wie Walter Fromm vom Weingut Vignano in der Toskana. Auch ihm machen die kleinen Erträge zu schaffen. Bei den Sorten Merlot, Syrah und Malvasia Nera beziffert er den Verlust bei 30, beim Sangiovese bei 20 Prozent. Schuld sind auch hier die lange anhaltende Trockenheit und der damit einhergehende Wassermangel. Walter Fromm verweist aber auch auf eine positive Kehrseite: «Wir kamen in allen unseren Weinbergen dieses Jahr ohne Kupferspritzungen aus.»

Josep Maria Albet i Noya konnte im Penedes nicht nur sehr gute Qualität ernten, er musste auch weniger Einbussen in Kauf nehmen als Winzerkollegen in der Extremadura oder La Mancha.

In Spanien sind die regionalen Schwankungen extrem gross. In der La Mancha (Genossenschaft Jesus del Perdon) und in der Extremadura (Cerro La Barca) mussten wegen anhaltender Trockenheit bis zu 50 Prozent Ernteeinbussen hingenommen werden. In der Rioja (Osoti), in Valencia (Pago Casa Gran) und in Katalonien (Albet i Noya) war es weniger schlimm. Josep Maria Albet i Noya spricht von einem Minus von 5 bis 10 Prozent. «Wie hatten aber eine ausgewogene, qualitativ gute Ernte.» Er prognostiziert einen sehr guten Weinjahrgang 2012.

«Geringe Quantität bei sehr guter Qualität», vermeldet Winzer António Lopes Ribeiro aus Portugal. Im Douro-Gebiet etwa, waren alle Trauben viel kleiner als im Vorjahr.

Bei Meinklang im österreichischen Burgenland liegt der Ertrag rund 10 Prozent unter dem Durchschnitt. «Wir hatten aber eine super Traubenqualität mit sehr guten Extraktwerten», sagt Werner Michlits.

Erntearbeiter auf dem Weingut Römerkelterkelter in der Mosel, wo die Riesling-Ernte heuer deutlich geringer ausfiel.

In der deutschen Mosel spricht Winzer Timo Dienhart vom Weingut zur Römerkelter von einer «sehr guten Qualität, aber leider in bescheidenen Mengen». Er konnte bloss etwa 60 Prozent einer Normalernte lesen. Hauptgründe für die Einbussen waren Verrieselung nach der Blüte sowie Falscher Mehltau.

Mit Staumeldungen gegen Wildschweine

In den Weinbaugebieten Europas steht die Ernte unmittelbar vor der Tür oder hat bereits begonnen. Es ist die Zeit, wo unerwünschte Gäste den Winzern die reifen Trauben streitig machen. Vielerorts sind Wildschweine ein Problem, die sich nachts die Bäuche mit den süssen Früchten vollschlagen. Wo Wildschweine zu Tausenden in den Wäldern unterwegs sind – wie etwa in der Provence – sind Elektrozäune meist die einzige wirkungsvolle Abwehrmassnahme.

La Tour des Vidaux

Volker Paul Weindel vom Weingut La Tour des Vidaux in der Provence mit einem Traubenstielgerüst, das von Wildschweinen kahlgefressen wurde.

Von einer neuen, pfiffigen Idee berichtet jetzt unser Winzer Volker Paul Weindel vom Weingut La Tour des Vidaux. «In der kritischen Zeit – ab etwa zwei Wochen vor der Ernte – installiere ich fünf Radioapparate im Weinberg und lasse nachts den Verkehrsfunk laufen. Das wirkt ganz gut, da Musik ständig mit Sprache und akustischen Signalen wechselt. Die Wildschweine werden so etwas auf Distanz gehalten», erklärt der Winzer. Vereinzelt getrauen sich die Wildsauen trotzdem in den Weinberg und tun sich an den Trauben gütlich.

Drachen gegen Starenplage

Andernorts – etwa im österreichischen Burgenland – sind nicht die Wildschweine, sondern die Stare das grosse Problem. Die Beeren fressenden Vögel fallen jeweils gleich schwarmweise über die reifen Trauben her und hinterlassen grosse Schäden. Einige Weinbauern schützen ihre Reben mit Netzen, was aber aufwändig und kostspielig ist. Andere stellen Schussapparate auf, welche die heranfliegenden Vögel durch Knallgeräusche vertreiben sollen.

Drachen im Weinberg

Fliegende Drachen über den Weinbergen von Werner Michlits im österreichischen Burgenland

In Pamhagen, wo das Weingut Meinklang zu Hause ist, haben sich die Weinbauern zusammengeschlossen und gemeinsam mehrere Feldhüter engagiert. Diese schiessen mit Platzpatronen in die Luft, sobald die drohende Gefahr herannaht. «Diese Methode erweist sich als örtlich sehr flexibel und effizient», erklärt Meinklang-Winzer Werner Michlits. Er selber setzt noch auf eine andere, originelle Idee: «Wir haben bemerkt, dass Greifvögel für Stare eine gewisse Schreckfunktion haben.» Der Winzer lässt deshalb Drachen steigen. «Damit lassen sich Raubvögel gut imitieren und die Stare bleiben auf Distanz», sagt er.

Wie würden Sie Ihre reifen Trauben vor unerwünschten Gästen schützen? Haben Sie weitere pfiffige Ideen, wie sich Wildschwein & Co. vom Weinberg fernhalten lassen? Wir freuen uns über originelle Vorschläge unten im Kommentarfeld. Herzlichen Dank.