Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut

Beinahe wären wir am reizvollen Lac du Salagou hängen geblieben. Doch kurz bevor uns die Ferienstimmung dieser reizvollen Landschaft im Languedoc vollständig übermannte, mahnten die beruflichen Pflichten zur Weiterreise. Ziel ist ein weiteres neues Weingut, das ich im vergangenen Dezember schon einmal besucht habe: die Domaine der Gebrüder Jean und Paul Lignères 30 Kilometer westlich von Narbonne. Die beiden sind Teilzeit-Winzer: Jean ist Dorfarzt in seinem Wohnort Moux, Paul Zahnarzt in Narbonne. Beide haben ihr Ärztepensum auf 50 Prozent reduziert, um sich intensiv jenem Weingut zu widmen, das ihre Eltern 1957 erworben haben.

Weinkeller

Der Autor (links) mit den Ärzte-Winzern Paul (vorne) und Jean Lignères im Barriquekeller.

Die Natur machen lassen

Seit der Umstellung auf Bio im 2002 gelten die beiden naturverbundenen Ärzte als stille Wein-Revolutionäre. Am liebsten würden sie den Medikamentenschrank mit ihrem Wein aus gesunder Natur bestücken und ihre Patienten nur noch damit kurieren. Möglichst viel der Natur überlassen, lautet ihre Devise im Weinbau. Bei der Vinifikation gehen sie bei einzelnen Weinen gar so weit, dass sie kaum mehr eingreifen und beispielsweise vollständig auf Schwefel verzichten. Der so entstehende Vin naturel sorgt vorab in Japan für Furore und reissenden Absatz.

Der Montagne de l’Aric – ein neuer Delinat-Wein trägt seinen Namen.

Keine reinen Naturweine, dafür zwei ihrer terroirgeprägten Bioweine finden demnächst Eingang ins Delinat-Sortiment: der Montagne de l‘Aigle und der Roches d‘Aric. Die beiden Cuvées aus einheimischen Trauben wie  Grenache, CarignanSyrah und Mourvèdre werden bei uns begeisterte Anhänger finden, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Schlapper Teich und spriessende Hecken

Nur einen guten Steinwurf von den beiden Ärzte-Winzern entfernt liegt Château Coulon. Also nutzen wir die Gelegenheit und machen noch einen kurzen Abstecher zu unserem guten Freund und Partner Louis Fabre. Hier interessiert uns vor allem, wie sich die grossen Anstrengungen, alle Rebparzellen mit einem zusammenhängenden Netz von Hecken und Bäumen zu verbinden, entwickeln.

Château Coulon Fruchtbäume

Zwei Reihen mit Fruchtbäumen mitten durch den Weinberg – das Vernetzungsprojekt auf Château Coulon kommt gut voran.

Abgesehen von einem kleinen Teich, der völlig ausgetrocknet und wild überwachsen ist, zahlen sich die Massnahme zugunsten einer grösseren Biodiversität bereits aus. Die im Verlauf der letzten beiden Jahre über mehrere Kilometer angepflanzten Hecken und Bäume gedeihen prächtig und bieten bereits neuen Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut