Önologin der ersten Stunde

Marga Torres (45) gehört zu den Önologinnen der ersten Stunde und damit zu den erfahrensten in ganz Spanien. Als sie 1989 ihr Studium an der Fachhochschule für Önologie und Weinbau in Sant Sadurní d’Anoia unweit von Barcelona begann, kämpften sich in ihrer Klasse 5 Frauen und 15 Männer durch den Lehrgang. Heute sind, wie andernorts auch, die Frauen in der Mehrheit. «Für viele ist es aber nach wie vor nicht einfach, nach dem Studium eine verantwortungsvolle Stelle als Chef-Önologin zu bekommen. Nur wenige Weingutsbesitzer trauen ihnen den Job als Kellermeisterin zu», bestätigt Marga die Feststellung von Berufskolleginnen.

Den ersten Vinya Laia kreierte Marga Torres kurz nach der Geburt ihrer Tochter Laia.

Ihr ging es anfänglich genauso. «Meine erste richtige Stelle als Önologin war ein reiner Laborjob. Und als ich 1992 bei Albet i Noya anfing, wurde ich ebenfalls fürs Labor angestellt, konnte aber nebenbei im Keller mithelfen.» Albet i Noya war damals noch allein auf weiter Flur mit biologischem Weinbau. Marga: «Bio war suspekt und verpönt. Die beiden Albet-Brüder galten als komische Kauze und Querdenker.»

Dass sie bei Albet i Noya eingestiegen ist, hat sie bis heute nie bereut. Nach und nach schaffte sie es zur Kellermeisterin und trug mit ihrem Können zum rasanten Aufstieg dieses katalanischen Pionierguts bei. Etwa mit dem Vinya Laia, einem Rotwein, der nicht nur ihre Handschrift, sondern auch den Namen ihrer älteren Tochter Laia trägt. Beim mittlerweile erfolgreichsten Biowinzer Spaniens die Verantwortung im Keller zu tragen, erachtet sie als grosses Privileg.

Machen Frauen andere Weine als Männer? «Das glaube ich nicht. Weinerzeugung ist keine Frage des Geschlechts. Wichtig sind neben einer soliden Grundausbildung sensorische Fähigkeiten und Erfahrung. Darüber können Männer genauso verfügen wie Frauen.» Marga hat eine spezielle Vorliebe für füllige, cremige, komplexe Weissweine mit leichtem Barriquegeschmack: «Was ich früher nur bei den Roten gesucht habe, gefällt mir immer mehr auch bei den Weissen.»

Margas Werk: Vinya Laia, Delinats bekanntester Wein.

Frauen wird eine feine Nase attestiert. Kein Wunder, setzen sie zum Sturm auf die Weinkeller an. In Spanien haben bereits auf rund der Hälfte aller Delinat-Partnerweingüter im Keller Önologinnen das Sagen. Wir haben vier von ihnen besucht und sie mit der Frage konfrontiert: Machen Frauen andere Weine als Männer?

  1. María Barrena, Azul y Garanza: Die Magie der Weinberge
  2. Yolanda Martínez, Quaderna Vía: Gespür für feine Weine
  3. Beatriz Izquierdo, Osoti Viñedos Ecológicos: Wein- und Kochkunst
  4. Marga Torres, Albet i Noya: Önologin der ersten Stunde

 

Wein- und Kochkunst

Ihr langes, schwarzes Haar und ihr anmutiger Blick erinnern eher an Penélope Cruz als an eine Kellermeisterin in Spaniens Weinhochburg Rioja. Doch als Leinwandidol hat Beatriz Izquierdo Rodríguez (32) keine Ambitionen. Sie gehört zu jenen jungen Frauen, die Spanien zu einem Weinland machen, in dem immer mehr Frauen die Vorherrschaft im Weinkeller übernehmen.

Beatriz Izquierdo Rodríguez, die «Penelope Cruz von Osoti»

Als sie als Ökologin und Agronomin zwischen 2006 und 2011 an der Universidad de la Rioja in Logroño berufsbegleitend auch noch ein Studium in Önologie anhängte, waren deutlich mehr Frauen in ihrer Klasse als Männer. «Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verantwortungsvollen Posten in den Weinkellern heute nach wie vor mehrheitlich in Männerhand liegen», sagt sie. Viele Frauen würden zwar Önologie studieren, sich dann aber entweder in einem Labor mit Weinanalysen herumschlagen oder gar etwas völlig anderes machen, weil es schwierig sei, irgendwo als Kellermeisterin unterzukommen.

Sie selber hat es geschafft: Seit Ende 2011 sorgt sie auf dem Weingut Osoti von Francisco Ruiz für frischen Wind im Keller. Frauen machen aus ihrer Sicht in der Tendenz eher fruchtigere, sanftere und elegantere Weine als Männer – eben genauso, wie sie die junge Generation in Spanien mag. «Ich selber bin eine überzeugte Verfechterin solch modern vinifizierter Riojas mit hohem Garnacha-Anteil.» Die Garnacha (Grenache) ist ihre Lieblingstraube: «Sie fühlt sich in der Rioja Baja besonders wohl und gibt unseren Weinen das gewisse Etwas.»

Beatriz beherrscht nicht nur ihr Metier als Kellermeisterin, sie ist auch eine begnadete Köchin. «An einem Kochkurs habe ich Bekanntschaft mit einer alternativen Küche gemacht, die sich nicht nur durch ökologische und regionale Produkte, sondern auch durch spezielle Kombinationen auszeichnet.» Sie erzählt es am Herd stehend, wo sie mit Akribie ein paar Kostproben zubereitet, die sie uns später zusammen mit ihren feinen Osoti-Weinen serviert. Die Symbiose von Wein und Kochkunst beschert uns einen unvergesslichen Abend im imposanten Barriquekeller von Osoti.

Hier ein Wein mit der typischen Handschrift von Beatriz Izquierdo: Rioja Osoti

Frauen wird eine feine Nase attestiert. Kein Wunder, setzen sie zum Sturm auf die Weinkeller an. In Spanien haben bereits auf rund der Hälfte aller Delinat-Partnerweingüter im Keller Önologinnen das Sagen. Wir haben vier von ihnen besucht und sie mit der Frage konfrontiert: Machen Frauen andere Weine als Männer?

  1. María Barrena, Azul y Garanza: Die Magie der Weinberge
  2. Yolanda Martínez, Quaderna Vía: Gespür für feine Weine
  3. Beatriz Izquierdo, Osoti Viñedos Ecológicos: Wein- und Kochkunst
  4. Marga Torres, Albet i Noya: Önologin der ersten Stunde

Gespür für feine Weine

Wenn es einen lebendigen Beweis dafür braucht, dass Frauen auch harte, körperliche Arbeit nicht scheuen und diese mit derselben Selbstverständlichkeit erledigen wie Männer – hier ist er: Yolanda Martínez Landa (34) schleppt Schläuche, wälzt schwere Fässer, fährt Traktor und Gabelstapler!

Yolanda Martínez vom Weingut Quaderna Via meint, dass Männer und Frauen zwar unterschiedliche Weine mögen, aber deswegen nicht andere Weine machen.

Die Bauerntochter aus der Navarra wohnt mit ihrer Familie in Estella, einem Pilgerort am spanischen Jakobsweg. Seit sieben Jahren ist die junge Önologin die rechte Hand von Raúl Ripa Zudaire vom Weingut Quaderna Vía. «Yolanda hat ein wahnsinnig gutes Gespür, aus den Trauben, die in den Keller kommen, Weine zu erzeugen, wie sie unsere Kunden mögen. Ausserdem schätze ich ihre zupackende Art», lobt Raúl seine Kellermeisterin.

Die studierte Agronomin hat ihr önologisches Rüstzeug an der Universidad de la Rioja in Logroño geholt. Das war zwischen 2002 und 2004. «In meiner Klasse waren damals bereits 60 Prozent Frauen», erinnert sie sich. Dass Frauen andere Weine machen als Männer, glaubt Yolanda nicht: «Frauen haben zwar oft einen besser entwickelten Geruchs- und Geschmackssinn als Männer. Bei der Weinbereitung ergibt sich daraus aber kein Vorteil, weil auch männliche Önologen über diese Fähigkeiten verfügen müssen.»

Deutliche Unterschiede sieht sie beim Weinkonsum: «Frauen mögen runde, sanfte, süffige und fruchtige Weine, während Männer oft lange ausgebaute, im Barrique gereifte Weine vorziehen.» Sie persönlich steht eher auf Weine, die nicht lange im Holz gereift sind. «Einen Reserva oder Gran Reserva bestelle ich selten, wenn ich auswärts Wein trinke. Ich finde diese jüngeren, fruchtigeren Weine einfach besser. Vielleicht hängt das auch mit meiner einfachen, bäuerlichen Herkunft zusammen.»

Hier ein Wein, den Yolanda besonders gut mag: El Paseo

Frauen wird eine feine Nase attestiert. Kein Wunder, setzen sie zum Sturm auf die Weinkeller an. In Spanien haben bereits auf rund der Hälfte aller Delinat-Partnerweingüter im Keller Önologinnen das Sagen. Wir haben vier von ihnen besucht und sie mit der Frage konfrontiert: Machen Frauen andere Weine als Männer?

  1. María Barrena, Azul y Garanza: Die Magie der Weinberge
  2. Yolanda Martínez, Quaderna Vía: Gespür für feine Weine
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  4. Marga Torres, Albet i Noya: Önologin der ersten Stunde

Die Magie der Weinberge

Ein feuchter, garstiger Frühling regiert über Nordspanien. Über die weite Landschaft der Bardenas Reales mit ihren bizarren Steintürmen fegen selbst Ende Mai noch eisige Winde. Als ob sie hier in der steppenartigen Wildnis der Navarra den Aufwind symbolisieren wollten, den Frauen seit ein paar Jahren in den Weinkellern Spaniens spüren.

Im Frühsommer gleichen die Weinberge von Azul y Garanza einem Reich der Sinne. Daraus schöpft María Barrena die Inspiration für ihre Weine.
Im Frühsommer gleichen die Weinberge von Azul y Garanza einem Reich der Sinne. Daraus schöpft María Barrena die Inspiration für ihre Weine.

«Frauen sind heute bei den meisten Önologielehrgängen an den Fachhochschulen und Universitäten Spaniens in der Mehrheit», weiss María Barrena Belzunegui (35) vom Weingut Azul y Garanza. Als sie 1997 mit 19 Jahren im katalanischen Sant Sadurní d’Anoia Weinbau und Önologie studierte, war das noch ganz anders. «Wir waren 20 Studenten in der Klasse, 15 davon Männer. Es war an dieser Fachhochschule erst der zweite Studienlehrgang mit Frauenbeteiligung.»

Weshalb der Frauen-Boom im Weinkeller? Für María ist es in erster Linie eine natürliche, gesellschaftliche Entwicklung. «Frauen drängen in allen Bereichen vermehrt ins Berufsleben.» Das starke Interesse für die Weinbereitung kommt für sie aber nicht von ungefähr: «Viele Frauen verfügen über ausgeprägte sensorische und gustatorische (Geschmackssinn) Fähigkeiten und fühlen sich in der Welt der Sinne zu Hause.» Für María gilt das ganz besonders. Sie steht draussen im rauen Wind mitten in den Weinbergen. Zwischen den Rebzeilen grünt und blüht es. «Hier fühlst und riechst du die ganze Kraft der Natur. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl», schwärmt sie.

Diese «Magie des Weinbergs», wie María es nennt, kommt auch in ihren Weinen zum Ausdruck. «Am liebsten mache ich langlebige Weine, denen man viel Zeit lässt. Komplexe, mineralische Weine geben das Terroir am besten wieder», ist sie überzeugt. Natürlich weiss María, dass der Trend beim Weinkonsum eher in eine andere Richtung läuft: Gefragt sind jung zu trinkende, frische, fruchtige Weine. «Auch solche Weine müssen nicht langweilig sein. Ich versuche meine Philosophie ebenso auf diese Tropfen zu übertragen.» Voraussetzung dafür sind starke, tiefwurzelnde Reben, die in reicher Biodiversität wachsen. «Bei solchen Reben brauchst du kaum zu intervenieren. Sie bleiben gesund und ergeben kleinbeerige, aber hochkonzentrierte Trauben.»

«Önologinnen vertrauen auf ihre Sinne.»

Die ganze Zurückhaltung, die María im Weinberg an den Tag legt, gilt auch für den Keller. «Nur so bringt man das, was man im Rebberg erreicht hat, in die Flasche.» Wie selbstverständlich gehört für sie Spontangärung mit wilden Hefen dazu. Das Gefühl entscheidet mit. Die Önologin vinifiziert ihre Weine in der ehemaligen Genossenschaftskellerei von Carcastillo zusammen mit Önologe Dani Sánchez. Gemeinsam haben die beiden im Jahr 2000 das Weingut Azul y Garanza aufgebaut. Machen Frauen andere Weine als Männer? María lacht: «Das glaube ich nicht. Dani und ich sind uns beim Weinstil jedenfalls einig. Klar, wenn ich den Wein ganz alleine machen würde, wäre er wohl um Nuancen anders.» Weshalb denn? «Männer gewichten technische, analytische Daten stärker; Frauen verlassen sich mehr auf ihr Gefühl», sagt María. Dann steckt sie ihre feine Nase in ein Glas mit Rotwein und sagt nur: «Diese Magie der Weinberge, unglaublich!»

Marías Lieblingswein im Delinat-Sortiment: Tres de Azul y Garanza

Frauen wird eine feine Nase attestiert. Kein Wunder, setzen sie zum Sturm auf die Weinkeller an. In Spanien haben bereits auf rund der Hälfte aller Delinat-Partnerweingüter im Keller Önologinnen das Sagen. Wir haben vier von ihnen besucht und sie mit der Frage konfrontiert: Machen Frauen andere Weine als Männer?

  1. María Barrena, Azul y Garanza: Die Magie der Weinberge
  2. Yolanda Martínez, Quaderna Vía: Gespür für feine Weine
  3. Beatriz Izquierdo, Osoti Viñedos Ecológicos: Wein- und Kochkunst
  4. Marga Torres, Albet i Noya: Önologin der ersten Stunde