Weinlese 2010 ist unter Dach und Fach

Bei den meisten Delinat-Winzern ist die Weinernte 2010 eingefahren. Der Grundtenor nach einer vielerorts verspäteten Weinlese: Es war ein schwieriges Jahr, aber die Qualität stimmt!

Weinernte

Ein typisches Bild: zum Abschluss der Ernte ein grosses Essen für alle fleissigen Helfer, wie hier auf La Tour des Vidaux.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz beklagen unsere Biowinzer geringe Erntemengen. «Wir haben einen mengenmässig kleinen Jahrgang erwartet. Das ist nun eingetreten. Die Qualität dagegen ist gut bis sehr gut», meldet Alex Pflüger aus der Pfalz. Werner Michlits jun. vom Weingut Meinklang im österreichischen Burgenland verspricht sich vom Zweigelt 2010 ein gutes Entwicklungs- und Lagerpotenzial: «Der neue Jahrgang präsentiert sich mineralischer, mit leicht erhöhten Säurewerten und intensivem Fruchtgeschmack.» Der Wermutstropfen: Die Mengen sind sehr gering. «So etwas habe ich noch nie gesehen» sagt Louis Liesch, immerhin schon 77 Jahre alter Biowinzer aus Malans. Gemeint sind die vielen von Mehltau befallenen Weinberge in der Bündner Herrschaft. Die Lage war teilweise dramatisch. Trotzdem gibt es für Louis Liesch auch Grund zur Freude: «Was geerntet werden konnte, ist von sehr guter Qualität.»

Zufriedene Winzer in Südostfrankreich

Mengenmässig besser siehts bei unseren Winzern im Rhonetal und in der Provence aus. Volker Paul Weindel spricht von einem «schwierigen aber interessanten Weinjahr», hat aber gleich doppelten Grund zur Freude: «Wir haben seit 2002 nie mehr eine so grosse Ernte gehabt und die Qualität gehört zum Besten, was wir bisher auf La Tour des Vidaux geerntet haben. Die Trauben waren von einzigartiger Gesundheit.»

Antoine Kaufmann kann sich nicht erinnern, auf Château Duvivier jemals zuvor am 19. Oktober noch Trauben gelesen zu haben. Heuer war dies der letzte Erntetag. Mit Quantität und Qualität ist er sehr zufrieden. «Wichtig war, dass wir mengenmässig gegenüber dem mickrigen letzten Jahr rund 30 Prozent zulegen konnten.»

Spanien und Italien mit Wetterkapriolen

Auch bei Osoti in der Rioja dauerte die Ernte 2010 wegen Verzögerungen bei der Reifezeit länger als einen Monat (gegenüber 20 Tagen in anderen Jahren). Die Erntemenge fiel im Vergleich um rund 10 Prozent geringer aus als in einem Durchschnittsjahr. Winzer Francisco Ruiz führt den Rückgang vorab auf Versuche mit teilweise ganzjährig begrünten Weinbergen zurück. «Dafür ist die Qualität ist ausgezeichnet, zu vergleichen mit dem Bilderbuchjahrgang 2005», freut er sich. Auch Albet i Noya spricht von Mengeneinbusse. Er hatte im Penedès mit einer teilweise verregneten Ernte zu kämpfen. Entsprechend vorsichtig musste er bei der Handernte vorgehen. Um die Qualität zu garantieren wurden die angelieferten Trauben auf dem Sortiertisch nochmals selektioniert.

Aus dem tiefen Süden Italiens meldet Massimo Maggio aus Sizilien eine «sehr gute Qualität bei den frühreifen Sorten». Dann machten Regenfälle und der damit verbundene erhöhte Krankheitsdruck zu schaffen. «Dem Nero d’Avola hat das nicht geschadet. Bei andern Sorten musste aber selektioniert werden», so Massimo Maggio.

Erntebeginn bei Delinat-Winzern

Gute Qualität, aber geringe Erträge“ – das ist der Tenor vieler Delinat-Winzer zum Erntebeginn 2010. Nach teilweise extremen Wetterbedingungen im Frühjahr und Sommer (siehe auch den Artikel „Klimawandel und Weinbau“)  haben wir uns schon einmal umgehört, wie die Chancen auf einen guten Jahrgang 2010 stehen:

Wie hier im Rioja mussten die Reben in vielen Weinregionen mit Hitze und Trockenheit zurecht kommen. Links Francisco Ruiz (Osoti), rechts David Rodriguez (Delinat).

Frankreich – Languedoc

Im Winter und Frühling hatten wir genügend Niederschläge, die die Trockenperiode 2009 mehr als kompensierten. Die Blüte entwickelte sich bei nahezu perfekten Bedingungen.“ berichtet Louis Fabre (Château Coulon). Seit Ende Mai aber waren bis heute im Languedoc keine nennenswerten Niederschläge zu verzeichnen. Die Reben beginnen etwas unter Trockenstress zu leiden, allerdings nicht im gleichen Masse wie im Vorjahr, in dem 30 bis 50 % Ernteausfall die Regel waren. Chardonnay und Sauvignon blanc wurden bereits geerntet: „Die Trauben sind gesund, aromatisch und weisen einen guten Säuregehalt auf.“ freut sich Louis.

Spanien – Rioja und Extremadura

Auch im Rioja zog sich der Winter in die Länge; ein sehr kühler und trockener April führte zu einer verzögerten Blüte. Im Sommer, der sich durch grosse Temperaturschwankungen und Trockenheit auszeichnete, konnte diese Verzögerung nicht aufgeholt werden, so dass die Ernte etwa 10 Tage im Rückstand ist. Francisco Ruiz (Osoti Viñedos Ecológicos ) rechnet mit 20% weniger Ernte als im Vorjahr: „Das liegt allerdings weniger am Wetter als an unseren Begrünungsversuchen.“ sagt er. „Dafür wird die Qualität ausgezeichnet sein, wenn nichts dazwischen kommt!

Ähnlich sieht Önologe Juan Sojo (Cerro la Barca) die Situation in der Extremadura. Er freut sich über einen perfekten August: „Warme Tage, kühle Nächte und etwas Regen. Aufgrund der ausgezeichneten Wetterbedingungen erwarten wir eine sehr gute Ernte, sowohl in Menge als auch in Qualität.

Italien – Montepulciano

Der regenreiche Frühling war hier in Montepulciano nicht weiter problematisch“ sagt Alberto Brini (Podere Il Conventino). Der kühle Juni hemmte das Wachstum der Pflanzen; es gab einige Attacken des Falschen Mehltau, die die Reben aber nicht stark schädigten. „Wir sehen den Schaden als eine Art natürliche Selektion der Trauben. Erst Ende September werden wir verspätet mit der Ernte starten – und hoffen natürlich auf weiterhin schönes Septemberwetter!

Schweiz – Satigny

Am Genfer See verzögerte der lange Winter ebenfalls Austrieb und Blüte der Reben. Nach dem regenreichen August hofft man hier auf einen trockenen und sonnigen September. „Dann können wir einen guten Jahrgang erwarten, der aber wahrscheinlich nicht an den 09er herankommen wird.“ berichtet Willy Cretegny (Domaine de la Devinière) aus Satigny.

Deutschland – Pfalz

Die Reben sind gesund“ sagt Alexander Pflüger (Weingut Pflüger), der Ertrag allerdings wird auf Grund von Verrieselung geringer ausfallen. Aber die Verrieselung wird bei den Pflügers angestrebt: „Die Weintrauben sind lockerbeerig und von bester Qualität. Charakteristisch für diese Trauben sind die kleinen neben den normal grossen Beeren; die kleinen Jungfernbeeren enthalten viel Fruchtzucker, Aromen, Extrakt, aber praktisch keinen Saft.“ erzählt Alexander.  Gerade der Riesling sei für die Verrieselung empfänglich: „Daher auch der Name Riesling!“ Wenn der Herbst gut verläuft, erwartet er einen „exzellenten Jahrgang„.