Die Stilfrage beim Weisswein

«Leicht und fruchtbetont» – «ausdrucksstark und komplex». So lassen sich Weissweine grob unterteilen. Innerhalb der beiden Kategorien gibt es verschiedene spannende Weinstile. Einige davon stellen wir hier vor.

Welche Faktoren prägen einen Wein? Das ist eine häufig gestellte Frage bei Degustationen und Weinkursen. Das Thema ist komplex, und die Faktoren, die einen Wein prägen, sind vielfältig. Basis eines jeden Weinstils ist gesundes und vollreifes Traubengut. Aus der Traubensorte sowie den unterschiedlichen Einflüssen wie Klima, Boden, Erntezeitpunkt, Selektion, Hefen, Vinifikation und Ausbau ergibt sich der Weinstil. Hier fünf Weissweine mit unterschiedlicher Stilistik.

Fruchtig mit milder Säure

Die Rebsorte Grillo hat Ihren Ursprung in Apulien. Nachdem die Reblauskatastrophe im 19. Jahrhundert einen Grossteil der heimischen Reben auf Sizilien ausgerottet hatte, bestockten die sizilianischen Weinbauern grosse Flächen neu mit den widerstandsfähigen Grillo-Weinstöcken, die aufgrund ihrer Robustheit das heisse Klima hervorragend vertrugen. Die Weine aus der Grillo-Traube sind fruchtig und vollmundig und ihre Aroma erinnert an Zitronen und Orangen mit einem Hauch Muskat.

Beispiel:

Rasula Grillo

Der fruchtige Sizilianer eignet sich hervorragend zu einer bunten Antipasti-Platte.

Intensiv aromatisch mit prägender Säure

Sauvignon Blanc ist eine weltweit verbreitete, aromatische Traubensorte mit präsenter Säurestruktur, die schon alleine zahlreiche Weinstile hervorbringt. Die Klassiker kommen aus dem französischen Loiretal, während Beispiele aus der Neuen Welt, etwa aus Neuseeland, oft durch intensive Frucht und grasige Aromen auffallen. Zwischen diesen Polen erfreuen sich Gewächse mit intensiven Aromen und schön prägnanter Säure – wie aus dem Languedoc – grosser Beliebtheit.

Beispiel:

Maison Coulon Sauvignon Blanc

Dieser Sauvignon Blanc aus der Region Pays d‘Oc glänzt mit Aromenvielfalt und schönem Säuregerüst.

Aromatisch und leicht mineralisch

Die alte Rebsorte Marina Rión wurde von Josep Maria Albet i Noya wiederentdeckt. Die autochthone Rebsorte erinnert leicht an Riesling. Sie ist säurebetont mit dezenten mineralischen Anklängen. Die Mineralität ist auf die Lehm- und Kalkböden des Penedès zurückzuführen. Der Name Marina Rión ist eine Hommage an die Urgrossmutter von Josep Maria Albet i Noya.

Beispiel:

Albet i Noya Rión

Die robuste Rebsorte Marina Rión spiegelt die Böden des Penedès wieder und passt sehr gut zu Weichkäse und leichten Fischgerichten.

Intensiv aromatischer Wein

Die natürlichen Traubenaromen, die sogenannten Primäraromen, sind in der Traube enthalten. In der Mehrzahl handelt es sich um fruchtige, blumige und würzige Noten in unterschiedlicher Ausprägung. Diese können bereits am Rebstock, kurz vor der Ernte, gerochen und geschmeckt werden. Der Gewürztraminer ist ein sehr aromatischer Vertreter mit seinen Düften von Muskat, Rosenblättern und exotischen Früchten. Der Viña Llopis ist ein mediterraner Vertreter, der zusätzlich mit seiner Frische Punkten kann.

Beispiel:

Viña Llopis

Diese aromatische Spanier passt hervorragend zu gereiften Schafskäse oder einer Tapasauswahl.

Komplex und ausdruckstark

Zur Gärung braucht jeder Wein Hefen – ohne Hefen bleibt es Traubenmost. Allerdings gibt es zahlreiche Hefestämme, und jeder hat seine Eigenarten – nicht immer nur positive. Der Weinstil hängt also auch von der richtigen Hefe ab. Man unterscheidet zwischen Reinzuchthefen und natürlichen Hefen. Beide prägen die sogenannten Sekundäraromen. Delinat-Winzer verwenden mehrheitlich nur natürliche Hefen. Diese ergeben charaktervolle und komplexe Weine, weil die Hefekulturen im Weinberg nicht nur aus einem Hefestamm, sondern aus mehreren wilden Stämmen bestehen. Jeder einzelne prägt den Weinstil. In Weinbergen, die mit Pestiziden und Fungiziden behandelt wurden, ist keine Hefevielfalt mehr vorhanden. Auch die Gärung in unterschiedlichen Gebinden wie Stahl, Beton oder Holz prägt den Weinstil.

Beispiel:

Domaine Mon Rêve Le Blanc

Die verschiedenen Traubensorten für diese Cuvée werden separat mit Naturhefen vergoren. Durch gekonnten Ausbau entsteht ein komplexer, harmonischer Wein.

Probieren geht über Studieren

Wir haben hier nur die wichtigsten Faktoren gezeigt, die den Weinstil bei einem Weisswein prägen. Es handelt sich stets um einen fortlaufenden und individuellen Prozess. Letztlich beginnt es mit der gesunden Traube, geht über das Klima und die Böden, die Vinifikation und den Ausbau bis hin zum Winzer, der entweder traditionell oder innovativ denkt. Denn nicht zuletzt werden Weinstile auch durch Trends geprägt und miteinander vermischt.

Mein Tipp: Mit unserem Weinabo «Weisswein» erhalten Sie regelmässig Tropfen mit unterschiedlicher Stilistik. Oder besuchen Sie einen unserer Weinkurse, zum Beispiel. den Delinat-Rebsortenkurs «Typisch Merlot, Chardonnay & Co.».

Dirk Wasilewski
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2 comments

  1. Sehr interessant, nützlich und aufschlussreich! Ich freue mich darauf, die Weine mit meinem neuen Wissen zu degustieren. Herzlichen Dank Herr Wasilewski!

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