Der Dolce Vita auf der Spur – eine kulinarische Reise durch Süditalien

Harald Giacomelli war als Delinat-Reiseleiter der Dolce Vita auf der Spur. Quer durch Süditalien tourte die Delinat-Gruppe. Durch Strassen, die nach Knoblauch und Fisch dufteten, bis hin zu Menüs, die die Gruppe im Schatten alter Eichen genass. Dazu gab es feinste Delinat-Weine – hach, wie schön Reisen doch sein kann!

Begonnen haben wir unsere Tour in Neapel. Und ich muss wirklich sagen: Neapel ist eine Herzensstadt. Sie hat alle Eroberungen mitgemacht, die man sich nur vorstellen kann – von den Arabern bis hin zu den Phöniziern. Daher ist die Kultur heute auch so reich. Von allem findet man etwas in Neapel. Und die Lebensfreude ist überhaupt omnipräsent.

Im «Spazio Primitivo» des Weinguts Felline in Apulien dreht sich alles um Genuss und feine Weine.
Im «Spazio Primitivo» des Weinguts Felline in Apulien dreht sich alles um Genuss und feine Weine.

Meine persönliche Taktik ist es, wenn ich nach Neapel komme, erst einmal einen Tag lang nur da zu sein und mich treiben zu lassen. Keine Museen, keine Termine. So beginnt man in dieser Stadt am besten, finde ich. Denn das Leben findet draussen statt, und es gibt so viel zu sehen und zu erleben. Und natürlich zu essen. Nicht einmal ein Restaurant besuche ich. Ich nasche mich von Stand zu Stand durch. Den Reigen beende ich dann mit einem Gelato zum Dahinschmelzen und einem Espresso. Ich meine, was will man mehr.

Ein Kaffee als Vorwand

Neapel gibt einem viel. Die Stadt pulsiert. Das frische Gemüse, der Fischmarkt und vor allem die Bewohner. Mir kommt es vor, als seien sie alle halbe Stadtführer. Alle Meter fragt einen jemand, ob man etwas braucht, und empfiehlt von sich aus die nächste herrliche Gelateria. Entweder schreien die Leute in Neapel oder sie singen. Nur leise sind sie nie. Ich liebe diese laute Lebensfreude.

Wenn man schon einmal in Kalabrien, dem Land des Büffelmozzarellas, ist, darf man sich auch einen Besuch auf einer Bio-Büffelfarm nicht entgehen lassen.
Wenn man schon einmal in Kalabrien, dem Land des Büffelmozzarellas, ist, darf man sich auch einen Besuch auf einer Bio-Büffelfarm nicht entgehen lassen.

Nicht umsonst sagt man hier «Einen Kaffee zu trinken, ist nur ein Vorwand für einen kleinen Schwatz». Schön finde ich das. Daher verlasse ich ein Kaffeehaus hier auch niemals, ohne einen Caffè sospeso spendiert zu haben. Das ist ein Kaffee, den der Barista für den Nächsten aufhebt. Für jemanden, der ihn sich entweder schwer leisten kann oder der einfach einen fürchterlichen Tag hatte und daher dringend einen Kaffee braucht. Wir haben in Neapel in einer feinen Pizzeria zu Abend ssen. Hier aber aufgepasst: Nur Touristen schneiden ihre Pizza, die isst man nämlich mit der Hand. Dazu hatten wir feinen Roséwein vom Delinat-Weingut La Rivolta. Der Auftakt unserer Delinat- Reise ist also schon einmal geglückt.

Im Land der Büffel

Weiter ging es für uns nach Kalabrien, über Salerno, wo die berühmte Amalfiküste beginnt, zur südlich gelegenen Region Cilento. Von hier kommt auch der original Büffelmozzarella. Da haben wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, auch eine Bio-Büffelfarm zu besuchen. Begleitet wurde der Besuch mit einem ganzen Mozzarella-Menü.

Diese Konsistenz, dieser frische Geschmack am Gaumen. Das ist wirklich nicht vergleichbar mit dem Genuss von Mozzarella Hunderte Kilometer entfernt. Auf der Fahrt mussten wir in Paestum einen Stopp einlegen. Ich meine, die Griechen hätten gerne solche Tempel. In Paestum kann man eine uralte, äusserst gut erhaltene griechische Anlage besuchen. Beeindruckend war das.

Einen Abstecher dorthin sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen. Danach ging es für uns weiter ins Bergige. Denn Kalabrien ist sehr hügelig. Im Landesinneren, in Morano Calabro, haben wir dann in einer beeindruckenden Villa aus dem 19. Jahrhundert übernachtet. Ein altertümliches Dörfchen, das den Berg hinaufklettert, als wäre es darauf aus, ein so feines Fotomotiv abzugeben, wie es das eben tut. Hier in der Nähe, im Nationalpark Pollino, wächst auch der älteste Baum Europas. Man nennt ihn «pino loricato », übersetzt Schlangenhautkiefer. Er ist 1260 Jahre alt.

Am nächsten Morgen führte uns die Weiterreise zuerst ins Dörfchen Civita, eine im 15. Jahrhundert von albanischen Flüchtlingen, den Arbëresh, gegründete Berggemeinde, wo wir zur Teufelsbrücke, dem Ponte del Diavolo, über die Raganello-Schlucht hinabstiegen. Danach ging es weiter zu den Weingärten von Ermanno und Gabriela Falvo. Dort führte uns das Winzer-Ehepaar durch die Reben.

Wir sprachen über ihre Weine und die Familiengeschichte und darüber, wie viel ihnen das Weinmachen bedeutet. Und da spazieren wir so im Gespräch über eine Hügelkuppe, Reben rechts, Reben links, und plötzlich tut sich ein wunderbarer Platz unter einer alten Eiche auf. Darunter ein reich gedeckter Tisch mit Wurst, Käse, der ’Nduja – einer pikanten Peperoncino- Streichwurst –, feinstem Brot, sonnengereiften Tomaten und vielem mehr. Dazu neben den Schälchen mit Oliven und Nüssen die Weine der Familie Falvo. Alles war für unsere Gruppe vorbereitet und wurde so zu unserem ganz besonderen Picknick inmitten der Weinberge.

Frischen und vor allem rohen Fisch und Meeresfrüchte der Extraklasse kredenzt man im «Angolo 37»
nahe der Salina dei Monaci.
Frischen und vor allem rohen Fisch und Meeresfrüchte der Extraklasse kredenzt man im «Angolo 37»
nahe der Salina dei Monaci.

Unsere Winzer empfangen uns stets mit einer Herzlichkeit, die wirklich speziell ist, muss ich sagen. Nicht minder herzlich ging es auf dem Weingut Felline in Apulien zu. Hier entsteht schon seit Langem Wein. Gregory Perrucci war dabei der Erste der Familie, der sich darauf besann, dass die Weine auch ein Abbild ihrer Region sein sollten. Sein Primitivo gilt als einer der elegantesten des gesamten Landstrichs.

Eine Wand voll Weinstein

Bei Felline durften wir dann sogar mit E-Bikes durch die Weingärten radeln. Das war ein Spass! Und so waren wir dann auch alle dementsprechend durstig, als es an die Weindegustation ging. Der Degustationsraum an sich ist schon einen Besuch wert. Gregory erzählte uns, dass sein Vater vor Jahrzehnten, als die Region Millionen Liter Wein hervorbrachte, nicht genügend Platz in den Fässern hatte. So füllten sie kurzerhand den gesamten Keller mit Wein.

Aus der Zeit rührt die aus Weinstein erzeugt, rot glänzende Wandfarbe. So etwas bei mir zu Hause, das könnte mir gefallen. Aber ich muss sagen, allein in so einem feinen Ambiente zu degustieren, das hat schon etwas. Und die Familie hat sich wirklich überschlagen vor Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Die gesamte Gruppe war begeistert. Am nächsten Tag ging die Busfahrt ans Ionische Meer zur Salina dei Monaci mit einem Spaziergang durch das Naturschutzgebiet.

Die warme Jahreszeit war zwar schon lange vorüber, und trotzdem konnten ein Pfarrer, ein Giacomelli (also ich) und eine Dame dem Glitzern nicht widerstehen und mussten kurz ins Wasser hüpfen. Herrlich war das! Gegessen haben wir anschliessend im wunderbaren Restaurant «Angolo 37», das spezialisiert ist auf rohen Fisch. Als Abschluss gab es ein Gourmet-Nachtessen mit einer reichen Felline-Weinbegleitung, aufgetischt im Innenhof eines alten Palazzo in der Altstadt von Manduria.

Danach stand schon die Abreise nach Bari an, wo wir die Reise mit einem feinen Mittagessen mit regionalen Spezialitäten fulminant beendeten. Ab hier haben viele Teilnehmer noch individuell ein paar Tage im Süden Italiens angehängt. Und haben sicherlich noch ein wenig in der positiven Erinnerung an die Delinat-Tage in Italien geschwelgt…

*Die Reise fand im September 2024 statt und erschien als Reisebericht in der Ausgabe 77 der WeinLese.

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