Weisser Traumjahrgang 2015

Erinnern Sie sich an den Sommer 2015? Wetter wie aus dem Ferienprospekt – viel Sonne, viele heisse Tage, ein paar willkommene Regengüsse im August. Pünktlich zum Herbstbeginn endete die hochsommerliche Hitze. Die Monate September und Oktober waren eher kühl aber weiterhin meist trocken. Alles in allem ideale Voraussetzungen für eine vorzügliche Weinlese. Die Traubenqualität sorgte bei unseren Winzern in ganz Europa für frohe und heitere Gesichter. In Spanien und der Schweiz liess lediglich die Menge etwas zu wünschen übrig.

Gesunde Trauben aus reicher Biodiversität mit einer schönen und festen Schale versprechen fein duftende Weine mit leuchtender Farbe und komplexer, filigraner Struktur. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an den Weinjahrgang 2015. Insbesondere bei den Weissweinen haben wir jetzt die Bestätigung: Die schönen Erinnerungen an den Sommer 2015 spiegeln sich eins zu eins im Weinglas wider. Der relativ kühle Herbst liess die Weissweintrauben langsam und harmonisch ausreifen und bescherte ihnen gute Säurewerte. So entstanden Weine von schön ausbalancierter Kraft, Dichte und Frische.

Aktuell zeigen sich unsere Weissweine mit Jahrgang 2015 von ihrer schönsten Seite. Die Fruchtaromen der Trauben haben sich mit den Tertiäraromen, die sich während der Flaschenlagerung heranbilden – zum Beispiel Noten von Trockenfrüchten, Mandeln oder Orangenschalen – harmonisch verbunden. Und die gut stützende Frische garantiert diesen Weissweinen vollen Trinkgenuss bis mindestens Ende 2017.

–> Zu den Weissweinen des Jahrgangs 2015.

Überflieger aus dem Languedoc

Das Paket aus der Corbières war unscheinbar. Eine Flasche Wein zur Bemusterung. Die Winzer unbekannt, das Muster nicht angefordert. Skeptisch öffneten wir in unserer internen Verkostungsrunde die Flasche – und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Ein Languedoc-Wein dieser Preisklasse von so grossartiger Eleganz, Balance und Finesse war uns bisher nicht untergekommen. Das war 2010.

Reben am Montagne d‘Alaric
Am Fuss des Montagne d‘Alaric wachsen alte, knorrige Buschreben auf Böden, die zu Abertausenden mit grossen Kalksteinen übersät sind. Kaum zu glauben, dass auf solchen Steinwüsten Spitzenweine wachsen können!

Arbeiten im Einklang mit der Natur

Als für Frankreich zuständiger Einkäufer vereinbarte ich kurz darauf einen Besuch auf der Domaine Lignères. Hier traf ich auf die beiden Brüder Jean und Paul Lignères und kam ein zweites Mal ins Staunen: Die beiden entpuppten sich nicht nur als leidenschaftliche Biowinzer, sondern, in einem zweiten Berufsleben, auch als Mediziner: Jean ist Dorfarzt in Moux, Paul Zahnarzt in Narbonne!

Engagiert für die Biodiversität: Mit einem Ornithologen installierten die beiden Winzer-Brüder rund 350 Nisthilfen für Meisen, Fliegenschnäpper, Steinkauze, Zwergohreulen und Fledermäuse.

Rasch wurde deutlich, welches Erfolgsrezept hinter den Weinen der Ärzte- und Winzerfamilie Lignères steckt: knorrige Buschreben in wilder Garrigue-Landschaft an geschützter Lage am Montagne d’Alaric, einheimische Traubensorten wie Carignan, Mourvèdre, Grenache und Syrah, kompromisslose Arbeit im Einklang mit der Natur, keine Tricks und unnötigen Eingriffe im Keller.

Gold für einen puristischen und authentischen Languedoc-Wein

Das etikettenlose Weinmuster, das wir in St. Gallen verkostet hatten, trug hier einen Namen: Roches d’Aric. Im Oktober 2011 schaffte es der Jahrgang 2009 in den DegustierService, das Weinabo von Delinat. Wir hatten damals nur wenige Weine mit einer solch puristischen Stilistik im Sortiment. Spontangärung, Reife im gebrauchten Holzfass, keine Schönung, keine Filtration und nur minimaler Schwefeleinsatz zur Stabilisierung zeichnen diesen Wein aus. Die Folgejahrgänge wurden rasch zu Publikumslieblingen. Der 2011er wurde am internationalen Weinwettbewerb Mundusvini BioFach 2015 gar mit «Grossem Gold» ausgezeichnet. Damit gehörte er zu den zehn besten Bioweinen Europas.

 

Familie Lignères (2. von links ist der Autor) hat allen Grund zum Feiern: Auch der neue Jahrgang Roches d’Aric wurde noch vor dem Verkaufsstart an der BioFach mit Gold ausgezeichnet.

Im Spätherbst ist der Roches d’Aric meist ausverkauft, so auch im letzten Jahr. Jetzt hat das Warten ein Ende: Der neue Jahrgang 2014 ist endlich eingetroffen. Die grossartige Qualität hat nicht nur mich, sondern erneut auch die Juroren des Weinwettbewerbes Mundusvini BioFach überzeugt: Im Dezember 2016 haben sie den 2014er mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

 

Prickelnde Begegnungen

In südlichen Regionen ist es durchaus üblich, mit einem Glas Champagner, Crémant, Cava oder Prosecco in den Feierabend zu steigen. Hierzulande sind derart prickelnde Begegnungen (noch) seltener, auch wenn Schaum- und Perlweine immer beliebter werden. Mitverantwortlich dafür ist die immer grössere Auswahl aus immer mehr Regionen. Sie reicht vom unkomplizierten Perlwein bis zum anspruchsvollen Schaumwein.

Eine gute Möglichkeit, die Unterschiede der Produktionsverfahren und der geografischen Herkunft direkt im Gaumen zu entdecken, bietet unser Probierpaket Schaumweine mit sechs verschiedenen Flaschen.

Der unkomplizierteste im Bund ist der DELSECCO vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen. Die sanften Perlen erhält dieses fein duftende Vergnügen durch direkte Zugabe von Kohlensäure. Ein charmanter Perlwein zum unbeschwerten Zuprosten. Gerne trinke ich ihn auch mit einem Schuss Cassis oder Holundersirup.

Prosecco steht für Italianità. Der Prosecco Savian ist ein Frizzante, also ebenfalls ein Perlwein mit etwas weniger Kohlensäure als ein Schaumwein. Die prickelnden Perlen entstehen bei der zweiten Gärung im Drucktank. Mir schmeckt dieser aus hochwertigen Glera-Trauben erzeugte Prosecco aus dem Veneto am besten zu Gemüse- und Fisch-Antipasti oder einem feinen Risotto.

mehr ...

Passion für Wein und Natur

Die Winzer Jean und Paul Lignères hegen und pflegen die natürliche Vielfalt ihrer Weinberge im Languedoc seit Jahren und bereichern sie mit Hecken und Nisthilfen für Vögel. Für ihr leidenschaftliches Engagement zugunsten der Natur sind sie von Delinat zu den Biodiversitätswinzern 2016 gekürt worden.

ligneres-rebberg

Die Weinberge der Domaine Lignères liegen traumhaft eingebettet in der kargen und wilden Natur Südfrankreichs. Seit über 50 Jahren pflegt die Winzer- und Ärztefamilie die natürliche Vielfalt am Fusse des Montagne d‘Alaric. Doch damit nicht genug. Jean und Paul Lignères investieren neben ihrer Tätigkeit als Winzer und Mediziner auch noch viel Zeit in zusätzliche Massnahmen zugunsten einer reichen Biodiversität in und um ihre Weinberge. Unermüdlich pflanzen sie Sträucher, Bäume und Hecken. Zwei Wasserrückhaltebecken wurden als Feuchtbiotope angelegt. In den Wintermonaten verweilen wandernde Schafherden in den begrünten Rebflächen. Die Bodenbearbeitung erfolgt zweimal jährlich äusserst sanft, und im Keller wird auf eine schwefelarme oder gar schwefelfreie Vinifikation Wert gelegt.

Nisthilfen für Vögel

Familie Lignères mit Ornithologe Dominique Clément (mit Bart) beim Beobachten der Vogelpopulation
Familie Lignères mit Ornithologe Dominique Clément (mit Bart) beim Beobachten der Vogelpopulation.

Ausserordentlich ist das Vogelprojekt auf der Domaine Lignères. Mithilfe des Ornithologen Dominique Clément wurde in der näheren Region rund um das Weingut die Vogelpopulation erhoben. Gestützt darauf installierten die beiden Winzer-Brüder rund 350 Nisthilfen für Meisen, Fliegenschnäpper, Steinkauze, Zwergohreulen und Fledermäuse. Zusätzlich sind Insekten- und Wildbienenhotels geplant. Wie viel Wert die Familie Lignères auf die Biodiversität legt, zeigt eine neu bepflanzte, rund acht Hektar grosse Parzelle. Gleichzeitig mit den Reben wurden hier Büsche und Bäume gepflanzt, sodass auch diese Parzelle bald auf Topniveau sein wird. Das Beste aber ist, dass aus dieser Passion für die Natur grossartige Weine resultieren. Immer wieder heimsen sie an Prämierungen Goldmedaillen ein. Der La Colle des Lignères 2012 wurde an der internationalen Weinprämierung Expovina 2015 in Zürich von einer 150-köpfigen internationalen Fachjury sogar zum besten Wein unter 2200 bewerteten Tropfen aus aller Welt gekürt.

Jean Lignères und Schreiner François Veyssière bauen Nistkästen.
Jean Lignères und Schreiner François Veyssière bauen Nistkästen.

Merci an die Denkfabrik Delinat

Das Notizbuch des Ornithologen: Jedes Detail wird festgehalten.
Das Notizbuch des Ornithologen: Jedes Detail wird festgehalten.

Jean und Paul Lignères freuen sich nicht nur über diese renommierte Auszeichnung, sondern auch über die Wahl zu den Delinat-Biodiversitätswinzern 2016. Jean Lignères: «Sie erfüllt uns mit Stolz und macht Mut, auf dem eingeschlagenen Weg fortzufahren.» Weinbau sei oft eine interne Angelegenheit. «Aussenansichten sind für uns wertvoll, auch wenn sie die Sache zuweilen etwas komplizieren. Manchmal helfen sie aber mit, wieder einen Schritt vorwärtszukommen. In diesem Sinne ein Merci an die Denkfabrik Delinat.»

–> Alle Weine der Gebrüder Lignères finden Sie in im Webshop.

Riesling Terra Rossa

Weingut Hirschhof

Riesling? Nicht mein Fall! Wer derart bedingungslose Vorbehalte gegen die Königin unter den Weissweintrauben hat, sollte unbedingt den Riesling Terra Rossa vom Weingut Hirschhof probieren. Das ist genau der richtige Wein, um diese aussergewöhnliche Rebsorte kennenzulernen. Der Terra Rossa brilliert mit einer eleganten, frisch-fruchtigen Stilistik. Ein faszinierender Einstieg in die oft verkannte Riesling-Welt.

Riesling Terra Rossa

Riesling Terra Rossa,
Deutscher Qualitätswein,
Rheinhessen 2012
www.delinat.com/5968.12

Feine Spürnasen täuschen sich nicht

Das Paket aus der Corbières war unscheinbar. Eine Flasche Wein zur Bemusterung. Der Winzer mir unbekannt, das Muster nicht angefordert. Ungewollte Weinmuster sind anstrengend. Wöchentlich alle Flaschen entkorken, in Reih und Glied aufstellen, eingiessen, beschnuppern, schlürfen, spucken. Argumente für die Absagen notieren. Routine.

Zum Glück gibt es Ausnahmen. Die Degustation des besagten Corbières werde ich nicht vergessen. Zuerst glaubte ich, Flaschen vertauscht zu haben. Als ich sicher war, dass alles seine Richtigkeit hat, habe ich unsere sechs Weinexperten zusammengetrommelt und ihre Meinung eingefordert. Und selten waren wir uns so einig, eine Perle gefunden zu haben.

Am Fuss des Montagne d‘ Alaric (im Hintergrund) reifen edle Gewächse in steinigen Böden.
Am Fuss des Montagne d‘ Alaric (im Hintergrund) reifen edle Gewächse in steinigen Böden.

Als ich wenige Wochen später mit dem Dorfarzt Jean Lignères und seinem Bruder, dem Zahnarzt Paul, durch ihre Weinberge spazierte, wurde mir vieles klar. Die Herzen der Brüder, die vor etlichen Jahren das Weingut von ihren Eltern übernommen und auf biologischen Anbau umgestellt haben, schlagen in erster Linie für ihren Wein. Solche Weinberge hatte ich nie zuvor gesehen. Am Fuss des Montagne d‘ Alaric wurzeln in wilder Garrigue-Landschaft alte, knorrige Buschreben auf Böden, die zu Abertausenden mit grossen Kalksteinen übersät sind. Erstaunlich, dass in solchen Steinwüsten Spitzenweine wachsen können!

Die Kraft der Natur, die mich im Weinberg überwältigt hatte, fand ich später im Weinglas wieder. Noch nie hatte ich im Languedoc Weine dieser Preisklasse von so grossartiger Eleganz, Balance und Finesse verkostet. Es wurde ein langer, geselliger Abend auf der Gartenterrasse von Jean und Anne Lignères. Bei feinster hauseigener Küche und einer Degustation durch das ganze Sortiment philosophierten wir über biologischen Weinbau und stellten fest, dass sich unsere Vorstellungen weitgehend decken. Damit war der Weg für eine rasche Zusammenarbeit geebnet.

Emil Hauser von Delinat (links) zu Gast bei der Winzerfamilie Lignères.
Emil Hauser von Delinat (links) zu Gast bei der Winzerfamilie Lignères.

Schon lange ist mir bewusst, hier ein goldenes Händchen gehabt und einen echten Glücksgriff gemacht zu haben. Deshalb freut mich die Auszeichnung der Domaine Lignères durch den wichtigsten Weinführer Frankreichs jetzt ganz besonders. Die beiden Sterne, welche «La revue du vin de France» in ihrem Guide der besten Weine Frankreichs vergeben hat, zeichnen die konstant sehr hohe Qualität der Lignères-Weine aus.

«Le guide des meilleurs vins de France» erscheint jedes Jahr. Zwei Sterne werden an hervorragende Weingüter vergeben, die nicht selten über ein traumhaftes Terroir verfügen, das sie regelmässig für die Erzeugung herausragender Weine nutzen. Die höchste Auszeichnung mit drei Sternen wird nur an ganz wenige Weingüter Frankreichs verliehen.

Die Walze im Weinberg

Kaum ein Nachbar kann sich an einer so üppigen Leguminosen-Begrünung erfreuen wie Walter und Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof im rheinhessischen Westhofen. Die fast meterhoch blühenden Pflanzen waren eine wahre Augenfreude. Statt nun zu mähen und dann wie sonst üblich zu mulchen, haben die Zimmers die Pflanzen niedergewalzt: Diese Methode wurde im Delinat-Institut entwickelt und wird seither nicht nur auf Delinat-Weingütern gern angewandt.

Vorher und nachher: Walter Zimmer mit blühenden Leguminosen und mit Walze.

Was also ist der Vorteil beim Walzen? Das ist einfach erklärt: Durch das Walzen werden die Halme geknickt. Der Saftfluss im Stiel der Pflanzen wird unterbrochen und damit der Wasserverbrauch reduziert. Die Stiele selbst werden aber nicht zerstört, sondern bilden eine lebendige Mulchschicht. Die niedergewalzten Pflanzen bleiben am Boden liegen, den sie so vor Austrocknen und Evaporation schützen. Durch die lebende Pflanzendecke wird zusätzlich die Erosion eingedämmt und der Boden wird beim Befahren der Rebzeilen mit dem Traktor nicht verdichtet.

Die Wurzeln bleiben aktiv und versorgen den Boden mit Luft. Dies begünstigt den Erhalt einer reichen Mikrofauna (kleinste Bodenkriecher und -wühler wie Amöben, Fadenwürmer und Milben) und Mikroflora (Pilze wie Mykorrhiza, Algen, Bakterien und Flechten). Beiden kommt durch ihre Humifizierung und Mineralisierung des organischen Materials eine wichtige Aufgabe innerhalb des Ökosystems zu.  Vor allem Mykorrhizen sind mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt und verbessern so nicht nur die Aromatik der Trauben, sondern machen die Reben widerstandsfähig gegen Krankheitserreger. Lesen Sie hier mehr dazu.

Die gewalzten Pflanzen blühen am Boden weiter und bilden so Lebensraum für nützliche Insekten. Das Walzen kommt also nicht nur dem Boden und damit letztendlich dem Wein zugute – es schützt und bewahrt auch die Artenvielfalt im Weinberg.

Wachau – toter Boden wird lebendig

Erste Station unserer Österreichreise ist das noch weitgehend unbekannte Weingut der Familie Harm, das ich vor zwei Jahren in der Wachau entdeckt habe. Die beiden Brüder Andreas und Michael Harm konnten damals am Dürsteiner Kellerberg – einer Wachauer Riesling-Toplage – eine Parzelle übernehmen, die zuvor konventionell bewirtschaftet wurde. Die Umstellung auf biologischen Anbau dauert insgesamt drei Jahre.

Winzer Andreas Harm (links) mit dem Autor bei der Spatenprobe am Dürnsteiner Kellerberg.

Dramatischer Direktvergleich

Wir nutzen unsern Besuch, um zu sehen, wie sich der Boden nach zwei Jahren biologischer Bewirtschaftung verändert hat. Die Spatenprobe aus dem begrünten Rebberg zeigt eine schön poröse Erde, die dank feiner Durchwurzelung schon recht lebendig wirkt. Jedenfalls ist der Unterschied zur Probe aus der direkt daneben liegenden, konventionell bewirtschafteten Parzelle eklatant. Wie ein lebloser Zementblock ohne jede Wurzelstruktur zeigt sich das ausgehobene Stück Erde. Der Direktvergleich ist eindrücklich: Da ein Boden, in den langsam aber schon gut sichtbar neues Leben zurückkehrt, dort ein toter, stark verdichteter Erdblock, in den sich kaum je ein Regenwurm verirren dürfte.

Eklatanter Direktvergleich: Links lebendiger Boden nach Umstellung auf Bio; rechts konventioneller Boden direkt nebenan.

Reben wie nackte Zahnhälse

Die Harms sind eigentliche Umstellungsspezialisten. Insgesamt haben sie zu ihren eigenen Weingärten in den beiden letzten Jahren an verschiedenen Standorten 2,5 Hektar konventionell bewirtschaftete Rebflächen übernommen, die sie jetzt mit grossem Aufwand ebenfalls auf Bio umstellen. Andreas ist Agronom und Bodenspezialist. Er führt uns zu einer anderen Umstellungsparzelle, wo sich schon an der Oberfläche ein dramatisches Bild bietet.

Dramatische Erosion wegen fehlender Begrünung: der ganze humushaltige Oberboden ist weg.

Der ganze Oberboden eines Weingartens mit leichter Hanglage wurde im Verlauf der Jahre abgetragen, die einzelnen Rebstöcke ragen wie nackte Zahnhälse aus dem Boden. Es wird Jahre dauern, bis mit Hilfe von Kompost und einer Begrünung, welche die Erosionsgefahr bannt, die Humusschicht wieder aufgebaut ist.

Übrigens: Der Riesling Dürsteiner Kellerberg vom Weingut Harm ist ab Oktober erstmals im Delinat-Sortiment erhältlich. Freunde von trockenem Riesling mit knackiger Säure werden begeistert sein.

Alle Artikel der Österreichreise:
Tag 1: Wachau: Toter Boden wird lebendig
Tag 2: Wagram – Grüner Veltliner aus der Gruft
Tag 3: Der Charme von Wien und Biowein
Tag 4: Meinklang: Pflanzen-Inseln im Weinberg

Trockenheit als grosse Herausforderung

Seit 10 Jahren sind Marlena und Volker Paul Weindel auf dem Weingut La Tour des Vidaux in der Provence. Immer wenn ich bei ihnen auf Besuch bin, ist die grosse Trockenheit ein Thema. Sie erschwert Massnahmen zur Förderung der Biodiversität, denn wo wenig Wasser vorhanden ist, geraten Begrünung, Rebstöcke und Sekundärkulturen rasch in eine Konkurrenzsituation.

Restanques

Restanques ist die südfranzösische Bezeichnung für diese Terrassen. Um den Trockenstress zu lindern, startet Volker Weindel hier Versuche mit Biokohle.

Biodynamie hilft

Dass Volker punkto Artenvielfalt in den vergangenen Jahren trotzdem beachtliche Fortschritte erzielen konnte und er Jahr für Jahr neue Pflanzengattungen in seinem Weinberg entdeckt, führt er auf gezielte Mäharbeiten in den begrünten Weinbergen und die biodynamische Arbeitsweise zurück. Diese sorgt für gesunde, starke Reben, die tief in die trockenen Schieferböden vordringen und so ihren Durst zu stillen vermögen.

Wie mir Volker jetzt schreibt, haben segensreiche Regenfälle im letzten Halbjahr dazu geführt, dass das Problem mit den trockenen Böden für einmal etwas in den Hintergrund gerückt ist. Der Winzer hat das gleich zum Anlass genommen, punkto Biodiversität einen Schritt weiterzugehen. Auf einer Versuchsparzelle hat er zwischen den Rebstöcken einen eigentlichen Gemüse- und Kräutergarten mit Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch angepflanzt. Zudem fügen sich 50 neue Obstbäume harmonisch zwischen die 250 bestehenden Olivenbäume ein.

Kartoffeln im Weinberg

Die Kartoffeln hat Volker Weindel direkt zwischen die Rebzeilen gepflanzt.

Konzert der Tiere

Solche Massnahmen wirken sich auch sofort positiv auf die Vielfalt bei der Tierwelt aus. Es tummeln sich immer mehr Wildbienen und Schmetterlinge in den Rebbergen. In und um den Teich beim Weingut haben sich neben Kröten, Laubfröschen und Libellen neu auch Unken und ein Wasserhuhn niedergelassen. Ein durch Nachtigallen und junge Eulen verstärktes Tier-Orchester beschert Marlena und Volker derzeit fast jeden Abend ein vielstimmiges Gratiskonzert.

Ich selber bin auf ein weiteres Projekt des Biowinzers gespannt: Mit Sträuchern und Blumen bewachsene Terrassenzwischenräume im Weinberg leiden in der Regel ganz besonders stark unter der Trockenheit. Hier setzt Volker nun Biokohle ein, um das Wasserrückhaltevermögen im Boden zu steigern, damit es auch während den heissesten Perioden grün bleibt. Wer weiss, vielleicht ist ja schon bei meinem nächsten Besuch auf La Tour des Vidaux die Trockenheit nicht mehr das dominierende Thema.

Viel Spektakuläres aus dem Douro

Im Norden von Portugal wird es hügelig – und die Reizschwelle landschaftlicher Schönheit schier unübertreffbar. Der Fluss Douro hat sich vom Verlaufe von Jahrmillionen tief in die Landschaft eingefressen und prägt dieses spektakuläre Tal zusammen mit den steilen Rebhügeln, denen hier anfänglich fast ausschliesslich der berühmte Portwein abgerungen wurde. Das Douro-Tal gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im Restaurant Doc von Rui Paula direkt am Ufer des Douro in Armamar erfahren wir aufs Eindrücklichste, dass auch regionale Tafelweine und Küche locker mit den landschaftlichen Schönheiten mithalten können.

Terrasseen am Douro

In mühsamer Arbeit wurden in die steilen Schieferhänge Terrassen angelegt, um den Weinbau zu ermöglichen.

Ein neuer Roter

Das gilt auch für den Bela-Luz, den neuen Rotwein vom kleinen Familienbetrieb von Eduardo Helena. In einem kleinen Seitental des Douro scheint die Zeit still gestanden zu sein. Der über 70-jährige Eduardo sen. arbeitet noch immer mit dem Maultier im Weinberg. Dieser ist gesäumt von Trockensteinmauern, Feigen-, Mandarinen und Olivenbäumen. Ob so viel Liebe zu handwerklicher Tradition mag auch António Lopes Ribeiro nicht zurückstehen. Er lässt die Trauben im zugemieteten Keller im Lagar (Steintrog) nach alter Väter Sitte mit den nackten Füssen stampfen. «So können Farb- und Gerbstoffe am schonendsten aus den Beerenschalen gewonnen werden», ist Antonio überzeugt.

Terrassen-Weinbau am Douro

António Lopes Ribeiro (2.v.l.) im Gespräch mit Eduardo Helena (Vater und Sohn) und  Emil Hauser (rechts).

Bela-Luz wird geboren

Im Keller verkosten wir die Tankproben vom neuen Rotwein und António und Sara bitten um unsere Einschätzung. Die verschiedenen Proben zeigen sich von einer sehr guten Seite, manchmal ein wenig würziger, manchmal ein wenig mehr Schokoladennoten, manchmal ein wenig dichter. Schnell ist eine optimale Assemblage zusammen gestellt – der Bela-Luz ist geboren.

Restaurant DOC:
Cais da Folgosa
EN 222, Folgosa
5110-204 Armamar
www.ruipaula.com
Moderne Architektur und geräumige Ambiente mit direkter Aussicht auf den Fluss.

Während der erste Bela-Luz seiner Vollendung entgegenreift, machen wir uns auf den Weg westwärts Richtung Atlantik. Im Minho – kurz vor Porto – reicht die Zeit noch für ein Glas Vinho Verde. Ein erfrischend-fruchtiger Abschluss einer Reise durch das aufstrebende Weinland Portugal.

Alle Artikel der Portugalreise:
1. Tag: Auf den Spuren der Entdecker
2. Tag: Auf ins Alentejo
3. Tag: Zu Hause auf Casa de Mouraz
4. Tag: Viel Spektakuläres aus dem Douro

Hier finden Sie die aktuellen Weine aus Portugal ->