In den Vidmarhallen in Bern-Liebefeld, wo sich auch das Delinat-Weindepot befindet, inszeniert die bekannte Choreografin Estefania Miranda das Tanzstück «Das Schloss» nach Franz Kafka. Wir trafen die Direktorin Tanz am Konzert Theater Bern zwischen zwei Proben zu einem Gespräch bei einem Glas Wein.
Sie inszenieren in Bern «Das Schloss» nach Franz Kafka. Worum geht es in diesem Tanztheater?
Estefania Miranda: Es geht um einen Mann, der in ein seltsames Dorf kommt, wo er ein neues Leben beginnen möchte. Er versucht sich in die Dorfgemeinschaft einzufügen, scheitert aber letztlich daran, dass er die Regeln des Zusammenlebens nicht durchschaut.
Haben Sie persönlich Ähnliches erlebt?
Dadurch, dass ich aus Chile komme und schon in vielen verschiedenen Ländern gelebt habe, kenne ich das Gefühl der Fremdheit. Aber glücklicherweise kenne ich auch das Gefühl der Integration.
Ihnen ist es also immer leicht gefallen, sich zu integrieren?
Ja, und zwar weil ich immer in einem Kontext des Tanzes in verschiedene Länder gezogen bin. Der Tanz ist so international, dass man jeweils eine Fremde unter Fremden ist.
Estefania Miranda wurde 1975 in Chile geboren und studierte Tanz in Edinburg (GB) und Tilburg (NL). Von 1996 bis 2002 war sie Ensemblemitglied am Deutschen Nationaltheater Weimar, zuerst als Tänzerin in der Ismael Ivo Company, später dann als Schauspielerin. Es folgten Projekte unter anderem am Schauspiel Hannover, bei ImPuls Tanz in Wien und mit Marina Abramović in Paris. 2009 gründete sie in Berlin die Company Estefania Miranda, im Jahr darauf wurde sie Kuratorin für Tanz am Deutschen Nationaltheater Weimar sowie Leiterin des Internationalen Tanzfestivals Weimar, das sie zuvor gegründet hatte. Seit Beginn der Spielzeit 2013/2014 ist Estefania Miranda Direktorin Tanz am Konzert Theater Bern. Hier hat sie bisher die Tanzstücke «Othello» und «Frankenstein» choreografiert und zur Förderung des choreografischen Nachwuchses die Tanzplattform Bern ins Leben gerufen. Bis Ende Jahr wird in den Vidmarhallen das von ihr choreografierte Tanzstück «Das Schloss» aufgeführt.
Was fasziniert Sie am Tanz?
Tanz bietet eine Sicht auf die Welt, die von unserem logischen Denken, von unserer von Logik durchtränkten Sprache losgelöst ist. Die Sprache des Tanzes fordert sowohl jene auf der Bühne wie auch die Zuschauer viel stärker in ihrer Emotionalität und in ihrem Assoziationsvermögen. Das fasziniert mich.
Was gefällt Ihnen sonst noch im Leben?
Ich bin in Südamerika auf dem Land Weinaufgewachsen und habe dort reiten und schiessen gelernt. Das sind Dinge, die ich hier vermisse.
Als Chilenin mögen Sie sicher auch guten Wein.
Ja. Das Interesse am Wein wurde mir quasi in die Wiege gelegt, weil Chile hervorragenden Wein produziert und ein Teil meiner Familie auch Weinberge besitzt.
Wo liegen Ihre Vorlieben?
Aus einer gewissen Sentimentalität und Verbindung zu meiner Herkunft trinke ich noch immer sehr gerne chilenische Weine. Ich mag aber auch europäische Weine.
Wie wichtig sind Ihnen biologisch erzeugte Weine?
Extrem wichtig. Ich ernähre mich rein biologisch. Da will ich beim Wein keine Ausnahme machen. Aber es gibt ja heutzutage Gott sei Dank ein sehr grosses Angebot. Und es ist natürlich sehr praktisch, dass das Delinat-Weindepot mit seiner grossen Auswahl gleich neben unseren Theaterräumen liegt.
Haben Sie über das Weindepot Bern Bekanntschaft mit Delinat gemacht?
Ja. Wir pflegen mit Delinat-Depotleiter Pirmin Muoth eine gute Nachbarschaft. Gemeinsam haben wir die Tanzreihe LSD ins Leben gerufen, die den Genuss von Wein und Tanz verbindet. Die Abkürzung LSD steht für Laboratoire Suisse de la Dance. Die Zuschauer bekommen im Depot eine Weindegustation und dürfen auch während der Vorstellung Wein geniessen.
Wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten von Tanz und Wein?
Ich weiss, dass der Weinanbau aufwändig ist und sehr viel Sorgfalt verlangt. Die Winzer haben eine enge Bindung zu dem, was sie tun. Es ist für sie gleichzeitig eine sehr emotionale Angelegenheit. Da sehe ich Parallelen zum Tanz. Die Mischung aus Wissen, Instinkt und Leidenschaft – das sind die Zutaten, die auch wir brauchen, um ein gutes Tanzstück zu kreieren.
Können Sie damit etwas anfangen, wenn Weinprofis von «auf der Zunge tanzenden Aromen» reden?
Ich halte mich nicht für eine Weinkennerin. Aber ich kann nachvollziehen, dass man manchmal das Gefühl hat, die Aromen würden eine Choreografie auf der Zunge vollziehen.
Bei vielen Leuten stehen biologische Weine auch heute noch im Ruf, weniger gut zu sein als konventionell erzeugte Weine. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Generell kann ich das nicht beurteilen. Ich stelle einfach fest, dass Delinat ganz hervorragende Weine hat. Dank unserer Nachbarschaft und unserem gemeinsamen Projekt komme ich immer wieder in den Genuss verschiedener biologischer Weine und muss sagen: Die Qualität ist ausgezeichnet.
Beim Rotwein mag ich schwere, gehaltvolle Tropfen wie etwa einen Carménère aus Chile. Mir gefallen aber auch die europäischen Weine. Generell mag ich Vinho Verde aus Portugal sehr gerne. Einer meiner Lieblingsweine bei Delinat ist der Vinho Verde von António Lopes Ribeiro. Dieser Weisswein ist so wunderbar leicht und fruchtig, dass ich meist nicht widerstehen kann.
alr Vinho Verde
Vinho Verde doc 2014
Adega alr Vinho Verde
www.delinat.com/5216.14